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Tom Thorne 06 - Die Geliebte des Mörders

Titel: Tom Thorne 06 - Die Geliebte des Mörders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Billingham
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Spurensicherung, die in ihre Overalls steigen und zur Feuerleiter eilen. Auf der metallenen Treppe herrscht reger Betrieb, und lautes Stimmengewirr und Geklapper erfüllt die Luft. Eine Halskette aus Zigarettenrauch entschwebt in den Himmel, und Holland wendet sich mit erhobenen Armen zu Thorne:
    Was zum Teufel ist da los?
    »Tom …«
    Thorne wirbelt herum und sieht Porter herüberkommen. Atemlos und nicht gerade höflich stellt er Hollands unausgesprochene Frage und noch eine, bevor sie die Gelegenheit hatte, die erste zu beantworten.
    »Was ist mit Luke?«
    Porter schüttelt den Kopf.
    »Lebt er? Ist er tot? Was ist los?«
    »Wir haben da oben zwei Tote«, sagt Porter. »Mit ziemlich großer Sicherheit handelt es sich dabei um Conrad Allen und seine Freundin. Anscheinend wurde ihnen beiden die Kehle durchgeschnitten. So viel steht schon mal fest. Ein Messer wurde gefunden.«
    »Und wo ist der Junge?«, will Thorne wissen.
    Aus Zeitdruck oder weil sie es leid ist, angebrüllt zu werden, dreht Porter sich um und geht zu den parkenden Fahrzeugen. Ohne einen Blick zurück antwortet sie: »Im Augenblick unmöglich zu sagen. Und ich sehe keinen Sinn darin, wild herumzuspekulieren. Was ich weiß ist, dass wir zwei tote Kidnapper haben und eine verschwundene Geisel.«

Zweiter Teil
    Alles über Kontrolle

Freitag

Luke
    Die früheren Male, als er aufwachte, als er langsam auftauchte, ging alles entsetzlich schleppend. Als kämpfe man sich in Wasser nach oben, das so undurchdringlich ist wie Glas. Man sieht, was sich auf der anderen Seite befindet, verfügt aber nicht über die nötige Kraft, Schwung zu nehmen und danach zu greifen. Doch dieses Mal kam es ihm vor, als sei er in Sekundenbruchteilen wach. Kaum schlug er die Augen auf, war er voll da, bekam jedes Gefühl, jedes Geräusch mit.
    Er spürte sein Blut brodeln.
    Er hörte das Gebrüll, das Stöhnen und den Lärm, als nebenan alles zu Bruch ging. Sie stritten. Er hatte sie schon öfters streiten gehört, aber jetzt klang es ziemlich ernst. Das war es wohl auch, was ihn aufgeweckt hatte. Etwas in seinem Kopf, eine Art seltsamer Überlebensinstinkt, der sich nie abschaltete, hatte ihn aus dem Schlaf gerissen und sagte ihm nun, dass das seine Chance sein könnte.
    Wie immer, wenn er die Augen aufschlug, hatte er zunächst keine Ahnung, ob es Tag oder Nacht war. Die Vorhänge waren zu. Aber es war beinahe das erste Mal, dass er alleine und nicht gefesselt war. Also rappelte er sich nach ein, zwei Minuten von der Matratze auf, kroch zum Fenster und zog die Vorhänge eine Handbreit auf. Draußen war es dunkel, doch in den Hochhäusern gegenüber entdeckte er in einigen Fenstern Licht und das bläuliche Flackern der Fernsehgeräte. Vermutlich war es früher Abend. Mit angehaltenem Atem stand er bewegungslos in der Mitte des Zimmers und lauschte auf das Geschrei am Ende des Gangs.
    Er hatte sich die ersten Male, als er die Toilette aufsuchte, im Kopf einen Plan von der Wohnung gemacht. Sie war nicht kompliziert geschnitten, und er war schon immer gut darin gewesen, sich Sachen vorzustellen, auf seinem Computer Diagramme zu zeichnen und Zusammenhänge zu untersuchen. Als er im Dunkeln stand, wusste er, dass er, wenn er das Zimmer verließ, sich nur nach links zu wenden brauchte und durch zwei Türen musste, um auf die Straße zu gelangen. Er wusste es, weil er am ersten Tag versucht hatte, durch eine zu entkommen. Worauf sie ihm öfters eine Spritze verpassten. Sich nach rechts zu wenden wäre im Prinzip einfacher, aber dann hätte er an ihrem Zimmer vorbeigemusst und riskiert, gesehen zu werden. Und dann wäre da immer noch die versperrte Tür zwischen ihm und dem Hinterausgang. Er war sich ziemlich sicher, dass es einen Weg durch die Küche geben musste: eine altmodische Feuerleiter, wie seine Oma sie hatte. Er war halbtot gewesen, aber er erinnerte sich, die Metallstufen gesehen und die Tritte des Mannes darauf gehört zu haben, als sie ihn hochtrugen.
    Wie viele Tage war das her?
    Nachdem man ihn aufgeweckt hatte, hatte er sich ein halbes Dutzend Mal gedacht, die beste Gelegenheit zu fliehen sei, wenn sie abgelenkt waren. Wenn er sich ein Herz nähme und sich an ihnen vorbei schliche, solange sie sich anbrüllten und mit Gegenständen bewarfen. Ein halbes Dutzend Mal hatte er gekniffen und sich vorgeworfen, ein kleiner Feigling zu sein; sich im Dunkeln in die Hose zu machen und sich zu verkriechen, statt zu fliehen.
    Das Gebrüll verstummte, und er spürte, wie seine

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