Tom Thorne 06 - Die Geliebte des Mörders
Beine ihn aus dem Zimmer und nach rechts trugen. Die Skizze in seinem Kopf leuchtete hell, und er war der blinkende Punkt, der sich entlang einer dunklen Linie bewegte, als er sich den Gang entlangtastete, gegen die Wand drückte, bemüht, kein Geräusch zu machen. Und vielleicht war er nicht ganz so wach und auf Zack, wie er gedacht hatte, denn plötzlich begann alles zu verschwimmen, als er an der offen stehenden Tür einen Blick in das Schlafzimmer warf. Als er Conrad und Amanda sah.
Als er das Messer bemerkte und sich danach bückte.
Ab da war alles wirr und chaotisch: von der unglaublichen Helligkeit – wann immer das genau war – bis zu der abgrundtiefen Dunkelheit jetzt.
Die Erinnerung kam stoßweise, in schockierenden Rückblenden.
Explosionen plötzlicher Klarheit, wie dieser Moment in dem Horrorfilm, wenn der Strom ausfällt und dieses blöde Mädchen ein Zündholz anzündet und das Gesicht des Schlitzers vor sich sieht: die Tür, auf die er zurennt, sein Herz, das wie ein Hammer in seiner Brust pocht; sein pfeifender Atem; das Gesicht einer Frau an einem Fenster, das an ihm vorbeirast.
Und die warme, nasse Erinnerung an so viel Blut.
Achtes Kapitel
Thorne stand im Morgenmantel, eine Tasse Tee in der Hand, an der Tür und schaute in seinen Garten hinaus. Sein Blick war an einer Bierdose hängen geblieben, die er gestern Abend vergessen hatte. Dann bemerkte er die Bewegung am Gartenrand und verharrte ruhig.
Der Fuchs war mit etwas beschäftigt, machte sich hinter einem von Thornes neu angeschafften Töpfen zu schaffen. Ob es ein Eichhörnchen oder ein junger Vogel war? Wahrscheinlich eher ein alter Burgerkarton oder ein Überbleibsel von Kentucky Fried Chicken. Ohne sich umzudrehen rief er leise nach Elvis und war sofort ruhiger, als er das entzündete Auge der Katze feucht an seinem Knöchel spürte.
Die Hände um die Tasse blieb er bewegungslos am Fenster stehen und versuchte, nicht daran zu denken, was Russell Brigstocke sagen würde, was er sich bestimmt nicht verkneifen konnte, wenn sie sich in etwa einer Stunde trafen. Er versuchte, an den Jungen zu denken und nicht an die Toten, schaffte es jedoch nicht, das eine vom anderen zu trennen. Inzwischen waren sicher die Ergebnisse zum Messer und Blut da, und vielleicht hatte sich die abstruse Idee, die gestern Abend am Tatort noch hinter vorgehaltener Hand geflüstert wurde, zu einer handfesten Theorie gemausert. Thorne glaubte an eine andere Theorie, aber diese war genauso bizarr. Und genauso schwer zu erklären.
Vor dem Haus ging eine Autoalarmanlage los, und Thorne beobachtete, wie der Fuchs aufsah und erstarrte.
Die Flanke des Tieres war nass, das Fell dunkel und feucht an die Knochen gepresst, Tropfen fielen auf den Boden. Nach ein paar Sekunden wandte sich der Fuchs wieder ungerührt seiner Mahlzeit zu.
Typisch Londoner, dachte Thorne.
Er nippte an seinem Tee, der fast kalt war. Also wusch er die Tasse aus und ging zurück ins Schlafzimmer, um sich anzuziehen.
An der Tür zum Central 3000 traf er Brigstocke, der vor ihm in einer kurzen Schlange am Getränkeautomaten anstand. Es folgte das übliche dämliche Geplauder: dass der schmuddlige, alte Wasserkocher im Becke House im Vergleich dazu wie Schrott wirkte; dass die Spurs jemand brauchten, der das Runde im Eckigen versenken konnte. Als Brigstocke fertig war am Automaten, wandte er sich um, lehnte sich gegen das Gerät und sagte, während Thorne die Tasten bearbeitete:
»Jetzt haben Sie die Toten, die Sie wollten.«
Da war es …
Thorne konnte nichts entgegnen, nichts tun, außer sich mit einem Blick geschlagen geben, der, wie er hoffte, nicht allzu bescheuert wirkte.
Sie gingen langsam ans andere Ende des Raums, wo zwei angesäuerte Beamte Stühle aufstellten. Wesentlich mehr Stühle, als bei der Vorführung des Videos mit Luke Mullen aufgestellt worden waren.
»Wie geht das jetzt weiter?«, fragte Thorne.
»Ich glaube, deshalb sind wir alle hier, um das herauszufinden.«
»Warum hier? Warum nicht im Becke House?«
»Wir haben eine Münze geworfen.« Brigstocke blies über seinen Kaffee. »Ich hab verloren.«
Thorne lachte und stellte fest, dass er der Einzige war. »Das war ein Witz, oder?«
»Die Kidnap Unit hat Heimvorteil, dafür darf ich die Rede halten.«
»Beruhigend, dass alles so professionell läuft.«
»Genau das ist der Punkt«, sagte Brigstocke. »Keiner von uns hat Erfahrung mit so was.«
»Die Leute von der FSS haben sich den Arsch aufgerissen und
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