Tom Thorne 06 - Die Geliebte des Mörders
dafür aus dem Fenster lehnten. Sie selbst bezweifelte kaum, dass Allen und Tickell noch mit jemand anders unter einer Decke steckten. Und dass dieser geheimnisvolle Dritte aus Gründen, die sie sich nicht einmal ansatzweise vorstellen konnte, die beiden umgebracht und nun Luke Mullen in seiner Gewalt hatte.
Es war verrückt, aber es war die einzige Erklärung, die einigermaßen Sinn machte. Porter fragte sich, warum sie sich so bedeckt gehalten hatte, als sie vor ein paar Stunden mit Tom Thorne vor Scotland Yard darüber gesprochen hatte.
Sie hielt noch immer das Foto in der Hand, als sie aufsah und Yvonne Kitson in der Tür stand. Sie murmelte eine Entschuldigung und stellte das Foto zurück auf den Schreibtisch. »Nette Kinder.«
»Manchmal«, meinte Kitson.
Porter lächelte und warf noch einmal einen Blick auf das Foto, während sie einen Stuhl herübertrug. Angemalte Gesichter und Zahnlücken, wo einmal Milchzähne waren. »Ich bin gerade erst hereingekommen und wollte mit Ihnen über den Fall sprechen.«
Kitson deutete auf den Flur, als sie sich setzte. »Tut mir leid, ich war gerade beim DCI. Wie’s aussieht, werde ich heute Nachmittag ein paar Stunden weg sein.«
»Eine heiße Verabredung?«
»Nicht direkt.«
Kitson hatte sich mit Porter beinahe ausschließlich über die Arbeit unterhalten, seit sie sich bei der morgendlichen Besprechung zum ersten Mal getroffen hatten. Aber sie hatte sie gemustert, wie nur eine Polizistin eine andere mustern kann. Oder eine Frau eine andere. Klein und dunkelhaarig war Porter das exakte Gegenteil von Kitson, und sie hatte, wenn sie auch nicht im konventionellen Sinn hübsch war, eine Figur, bei der es schwerfiel, nicht so etwas wie Missgunst zu empfinden. Kitson hatte im Prinzip keine Probleme mit ihrem Körper, sie war nur etwas gespalten. Wenn sie sich selbst mochte, fand sie sich »sexy«, wenn sie sich nicht mochte, »muttchenhaft«.
Sie sah, wie sich Porter im Büro umblickte. »Nett, hm?«, sagte Kitson. »Sie müssen grün vor Neid sein.«
»Es ist okay.«
»Die Behindertentoilette ist größer.«
Porter deutete mit dem Kopf auf den zweiten Schreibtisch im Zimmer, der Rücken an Rücken zu Kitsons Schreibtisch stand und über und über mit Aktenstapeln bedeckt war, als diene er als Ablage. »Sie teilen sich das Büro normalerweise mit Thorne?«
»Normalerweise, aber momentan ist alles ein bisschen in der Schwebe. Wahrscheinlich wird er ihn jetzt wieder zurückhaben wollen.«
»Irgendwie kann ich mir nicht vorstellen, dass seine Seite des Zimmers so gemütlich ist«, meinte Porter. »Mit Kinderfotos und so.«
Kitson hackte auf ihre Tastatur ein. »Nicht mal, wenn er welche hätte. Vielleicht ein Foto von Johnny Cash oder Glenn Hoddle.«
»Sie machen Witze. Johnny Cash?«
»Manchmal hab ich das Gefühl, er geht einfach gern mit dem Kopf durch die Wand.«
Porter öffnete ihr Notizbuch und blätterte darin, auf der Suche nach den Punkten, die sie besprechen wollte. »Thorne ist nicht einfach zu durchschauen, oder?«
Kitson lächelte. »Das ist ein zeitraubendes Thema …«
»Sie haben Glück, dass ich nie was wegwerfe«, sagte Roper. »Und dass meine Frau weiß, wo sich der ganze Kram befindet.« Er öffnete die grüne Mappe und holte ein Blatt Papier heraus. »Ich habe sie sofort nach unserem Telefonat angerufen, und sie hat mir das hier aus einem alten Terminkalender herauskopiert. Das war die schnellste Methode, an die Namen zu kommen, die mir eingefallen ist. Eigentlich auch die einzige.«
Thorne griff nach dem Blatt und las die Namen:
DI C. Roper.
Mr P. Lardner.
Mrs K. Bristow.
Ms M. Stringer.
Mr N. Warren.
Roper schob seinen Stuhl näher zu Thorne und sah ihm über die Schulter. Er deutete auf die einzelnen Namen.
»Damals war ich nur ein DI in der CID am Crystal Palace. Ich dachte, das wäre ein kluger Karrierezug.« Er schüttelte den Kopf über seine jugendliche Dummheit. »Ich wäre nie auf die Idee gekommen, wie sehr das nerven würde, mich einmal im Monat mit dem halben Bromley Borough Council an einen Tisch zu setzen. Peter Lardner ist übrigens der Einzige, den ich seither noch mal gesehen habe. Er kam vom Bewährungsamt und arbeitet, soviel ich weiß, noch immer dort. An den müssten Sie also einfach rankommen. Mrs Bristow. Eine Schottin. Kathleen, Katharine, was in der Richtung. Sie war Sozialarbeiterin, was sie keine Sekunde verbergen konnte. Hat sich überall eingemischt und es als ›sich kümmern‹ bezeichnet.
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