Tom Thorne 07 - Das Blut der Opfer
durchgekommen. Er war anscheinend sehr geschickt darin, seine Spuren zu verwischen.
Thorne musste zumindest die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass der Mann ihm näherstand, als ihm klar war.
Jetzt tauschte man auf der Straße lange Blicke aus, nickte sich zu und schlug sich auf die Schultern. Die Leute hier teilten den Verlust und waren gleich entschlossen, denjenigen zu finden, der einen der ihren ermordet hatte. Der Tod eines Bullen schien, relativ gesehen, viel schwerer zu wiegen. Zumindest oberflächlich betrachtet mehr als der Tod eines Bikers oder einer jungen Mutter und ihres Kindes. War das Leiden von Paul Skinners Familie wirklich schlimmer als das von Raymond Tuckers oder Ricky Hodsons Familie? Oder das Leiden von Marcus Brooks?
Wenn der Tod eines Bullen so wichtig war, dann war es doch ebenso wichtig, einen Bullen zu finden, der einen Mord begangen hatte.
Thorne sah hinüber zu seinen Kollegen. Er brannte innerlich. Und er wusste, da, wo er jetzt stand, gehörte er nicht zu ihnen.
In diesem Moment traf er seine Entscheidung.
Ihm war klar, ihm blieb nicht viel Zeit. Brooks warf seine SIM-Karte vielleicht genau jetzt weg. Wahrscheinlich hatte er sie bereits entsorgt. Was wohl das Beste wäre. Die ganze Idee war ohnehin total verrückt …
Sein normales Handy konnte er dafür nicht benutzen. Das würden sie überprüfen. Und das neue, das sichere Handy, war zu Hause in seiner Wohnung …
Hendricks stieg gerade in seinen alten silbernen Renault Kombi, als Thorne ihn praktisch heraus auf den Bürgersteig zog. »Ich brauch dein Handy.«
»Was?«
Thorne schnippte mit den Fingern und musste an sich halten, um nicht in Hendricks’ Tasche zu greifen und das Handy herauszuziehen. »Gib es mir einfach, Phil …«
Er lief die Straße hinauf und navigierte dabei durch das Handymenü. Seine Hand zitterte leicht, als er den Text eintippte und anschließend die elf Ziffern seines unüberwachten Prepaid-Handys. Und schließlich, gegen eine Mauer gelehnt, die Nummer, von der aus Brooks angerufen hatte.
Er drückte »SENDEN« und wartete. Sah zu, wie das Piktogramm eines Umschlags über das Display flatterte und die Worte »NACHRICHT GESENDET« erschienen.
Außer Atem tippte Thorne auf die Tastatur und wählte die Nummer erneut.
Die Leitung war tot.
Zweiter Teil
»Anzeigen«
Jennings hatte ihn zu dem Pub geführt, in dem Squire bereits wartete, und war dann losgezogen, um die Drinks zu holen.
Er hatte kurz mit dem Gedanken gespielt, frech zu werden und nach dem Polizeiausweis zu fragen, aber das war nicht nötig. Er erkannte einen Bullen, wenn er einen vor sich hatte. Und die beiden hier hatten den Stallgeruch und die Sprüche drauf.
Es war mittags, und es war nicht viel los in dem Lokal. Sie saßen an einem großen Holztisch neben der Herrentoilette, aus der ihnen jedes Mal, wenn die Tür aufging, der Geruch von Urin und Bleichmittel in die Nase stieg. Jennings kam mit einem Bier für sich und seinen Kumpel zurück und mit einem Glas Wasser für ihn. Er warf ein paar Erdnusstüten auf den Tisch, und sie kamen zur Sache.
»Immer viel los, Marcus?«
»Ihr wisst doch …«
» Klar wissen wir. Nettes Geschäft, das du und deine Alte da am Laufen habt.«
Es war tatsächlich nett und warf auch was ab. Er hatte die ganze Zeit nach einem ordentlichen Job Ausschau gehalten, seit er ausgestiegen war. Hatte mal dies und mal das probiert, aber es hatte einfach nicht geklappt. Für so ein Leben auf der Karriereleiter war er nun mal nicht geschaffen. Dann hatte Angie angefangen zu putzen. Das hatte wunderbar funktioniert. Über Mundpropaganda hatte sie immer mehr Aufträge erhalten, alles super. Größere Häuser, reichere Leute, denen es nichts auszumachen schien, wenn die Reinemachefrau einen Satz Schlüssel hatte, um sich selbst aufzusperren, falls die Besitzerin noch beim Lunch war oder sich die Nägel machen ließ.
Es war Angies Idee gewesen, und es hatte von Anfang an wunderbar geklappt. Sobald sie den Job hatte und man ihr genug vertraute und sie über das Kommen und Gehen im Haus Bescheid wusste, stellte er das Haus auf den Kopf. Er ging mit den Schlüsseln rein und schlug, wenn er fertig war, ein Fenster ein, vielleicht auch mal eine Hintertür oder sonst was, damit es gut aussah. Normalerweise hörte Angie ein paar Wochen später auf und fing in einer neuen Gegend an, obwohl es auch ein paar Häuser gab, in die er eingestiegen war und in denen sie noch immer putzte. Weil sie die Leute mochte oder die
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