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Tom Thorne 07 - Das Blut der Opfer

Titel: Tom Thorne 07 - Das Blut der Opfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Billingham
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zugeben, was er getan hatte. Und erklären, warum er es getan hatte.
    Der mindestens zwei Menschen getötet hatte.
    Wenn Brooks Skinner nicht umgebracht hatte, wer dann? Derselbe Mann, der Simon Tipper auf dem Gewissen hatte? Derselbe Polizeibeamte ?
    Seit er Brooks diese Nachricht geschickt hatte, waren da zunehmend diese unterschwelligen Gedanken, die sich immer breiter machten und die angenehmeren Dinge verdrängten und ihm jede auch noch so kleine Vorfreude, zum Beispiel auf ein Treffen mit Louise, zunichte machten.
    Louise hatte gestern Morgen endlich angerufen. Sehr früh, als er noch ganz blöd war, als er ein paar wunderbare Sekunden lang das, was in Skinners Haus passiert war, für einen Traum hielt, der nicht verblassen wollte.
    »Du bist doch kein Irrer.«
    »Danke.«
    »Aber du hörst dich übel an. Warst du gestern Abend auf Sauftour?«
    Er fühlte sich so. Nur dass er sich genau erinnern konnte,
    was er getan hatte. »Ich wünschte, ich wäre auf Sauftour
    gewesen«, sagte er.
    »Sehen wir uns später?«
    »Kann ich dich zurückrufen?«
    »Ja, okay.«
    »Ich bin gerade im Aufbruch.«
    Er stand in der Küche, mit nichts anderem bekleidet als seiner Unterhose, und wartete darauf, dass das Wasser kochte. Von wegen im Aufbruch. Er wollte nur eines - das Gespräch möglichst kurz halten. Er konnte ja schlecht sagen: »Dieser Anruf wird abgehört, also sag um Himmels willen bitte nichts Peinliches. Reite mich bloß nicht in die Scheiße …«
    Er beschloss, es ihr später zu sagen, persönlich.
    Was nicht hieß, dass er ihr alles sagen wollte.
    Es war Louise gewesen, die gestern Abend abgesagt hatte, als kurz bevor sie das Büro verlassen wollte die Frau eines albanischen Ganoven vor dem Waitrose in ein Auto gezerrt wurde.
    Jetzt dachte Thorne in seinem Büro über Louise nach, über ihren Gesichtsausdruck, wenn sie ihn ansah und ihren BH aufhakte. Darüber, dass es durchaus noch Anlässe für Vorfreude gab. Und dass er Louise, solange Marcus Brooks nicht einen Zahn zulegte und den Bürgermeister von London sowie den Commissioner samt Familie umbrachte, heute Abend sehen wollte. Und später diesen Ausdruck auf ihrem Gesicht.
    Der Ausdruck auf Marcus Brooks’ Gesicht war nicht ganz so einfach zu lesen. Zum x-ten Mal schlug Thorne die Akte auf seinem Schreibtisch auf und betrachtete das Gesicht des Mannes, der vor fünf Monaten die schockierende Nachricht erhalten hatte, mit der alles anfing - die Nachricht vom Tod seiner Frau und seines Sohns. Der aus dem Gefängnis entlassen worden war, seinen Plan ausarbeitete und selbst anfing, Todesnachrichten zu verschicken.
    Er hatte dunkle, kurz geschnittene Haare. Die Augen waren noch dunkler, »braun« laut der Beschreibung unter dem Foto. Das war alles, was Thorne mit Sicherheit sagen konnte. Das lag nicht nur daran, dass der leere Gesichtsausdruck sowohl für Langeweile als auch für eine Mordswut stehen konnte oder dass das Bild sechs Jahre alt war und das Gefängnis, wie Thorne am Beispiel Nicklins gesehen hatte, das Aussehen eines Menschen so radikal verändern konnte wie eine Operation.
    Thorne kam einfach nicht dahinter, was für ein Mensch Marcus Brooks war, und dieses Foto erzählte nicht die ganze Geschichte. Der gesunde Menschenverstand sagte ihm, dass er es mit einem Mann zu tun hatte, der auf sich aufpassen konnte, der einem Menschen beim Sterben zusehen konnte, ohne mit der Wimper zu zucken. Doch der Mann, den Nicklin beschrieben hatte, den Thorne am Telefon schweigen hörte, war auch von Trauer zerfressen, ausgehöhlt.
    Die meisten Gesichter waren wie ein offenes Buch. So gut wie jeder, da war er sicher, dem man ein Foto von ihm zeigte, würde nach einem kurzen Blick sagen: Bulle. Lebt allein. Kommt nicht gut mit anderen zurecht.
    Aber Marcus Brooks’ Foto war bei weitem nicht so aufschlussreich. Thorne blieb nur die Hoffnung darauf, dass der Moment kommen möge, in dem er dem Mann in die Augen schauen und verstehen würde, was sie ihm sagten. Schon manches Leben, sein eigenes eingeschlossen, war von weit weniger abhängig gewesen.
    Bis dahin blieb es ihm trotz aller Mühe versagt, den Menschen hinter dem Foto zu erkennen.
    Das war so, als betrachtete er eine der Cartoonfiguren an seinem Online-Pokertisch.
    DS Adrian Nunn hatte im Verlauf des Tages angerufen, um zu plaudern. Er hatte über die viele Arbeit gejammert und darüber, dass Überstunden beschnitten werden müssten, und hatte gefragt, wann Thornes Schicht zu Ende sei.
    Als Thorne kurz nach

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