Tom Thorne 07 - Das Blut der Opfer
Ärmel zu packen und in eine Ecke der Terrasse zu ziehen. Im Schein der beiden Kutschenlampen an der Hausmauer wirkte das Gesicht des DCI noch fahler als heute im Büro.
»Skinner sagte Ihnen doch, er wolle keinen Schutz?«, sagte Brigstocke. »Laut Holland beharrte er darauf.«
»Nein, er war nicht scharf darauf«, sagte Thorne. Bei so vielen Experten im Raum war es keine Überraschung, dass das große Absichern begann.
»Eben. Und genau betrachtet haben wir alles in allem unseren Personenschutz ziemlich schnell aufgefahren.«
»Mich müssen Sie nicht überzeugen, Russell.«
»Seine Frau regt sich auf, wir hätten mehr tun sollen, aber ich denke, wir haben alles Menschenmögliche getan.«
Ein Polizeibeamter in Uniform brachte ihnen Tee im Styroporbecher.
Skinners Leiche war von ebenden Männern entdeckt worden, die zu seinem Schutz vor und hinter seinem Haus positioniert waren. Anne Skinner, die sich sorgte, weil sie ihren Mann telefonisch nicht erreichte, hatte einen seiner Kumpel in der Albany Street angerufen. Und der hatte bei Homicide angerufen. Nach ein paar weiteren Anrufen traten die Personenschützer die Haustür ein.
»Brooks muss zwischen Ihrem Besuch und der Ankunft des Personenschutzes am späten Nachmittag reingekommen sein.«
»Vielleicht hat er das Haus beobachtet«, sagte Thorne.
Brigstocke deutete mit einem Kopfnicken zu dem mit einem Band abgetrennten Bereich hinter der Hintertür. »Kein Problem, reinzukommen. Er schlägt ein Fenster ein und greift hinein.« Er sah aus, als wollte er etwas Bitteres ausspucken. »Man könnte meinen, ein Bulle hätte das wissen müssen.«
»Fingerabdrücke?«
»Jede Menge, logischerweise.«
Sie tranken ihren Tee, und Brigstocke erzählte Thorne ein paar weniger angenehme Details. Während sie sich unterhielten und umschauten, bemerkte Thorne mehr als einmal, dass Rawlings in seine Richtung blickte und dass Nunn einen Kollegen auf ihn aufmerksam machte, bevor er sich umwandte und weiterplauderte.
Auf ein kaum wahrnehmbares Nicken von Jesmond hin machte sich Brigstocke langsam auf den Weg zurück ins Haus. Er bewegte sich wie ein Mann, der zum Onkologen muss.
Etwas später sprach Thorne mit Hendricks, der herauskam, um eine Tasse Kaffee zu trinken.
»Dein Mann legt einen richtigen Lauf hin«, sagte Hendricks. »Drei Tote in einer Woche. Er finanziert meinen Urlaub.«
Die Augen auf die Hintertür gerichtet, sagte Thorne: »Sie haben die Mordwaffe nicht gefunden.«
»Wie bitte?«
»Diesmal hat er sie mitgenommen.«
»Er wird also vorsichtig.«
»Bislang hat er an jedem Tatort Fingerabdrücke hinterlassen und die Waffe zurückgelassen. Ein bisschen spät, um vorsichtig zu werden.«
»Wenn man sich ansieht, mit welcher Brutalität er den Kopf des armen Teufels bearbeitet hat, kann man kein rationales Denken erwarten.«
»Er ist cool. Das hast du gesagt.«
Hendricks zuckte die Schultern. »Vielleicht sollte ich mich auf das Innenleben der Toten beschränken.«
Thorne atmete tief und langsam aus, beobachtete, wie sein Atem in die blaugraue Wolke aus Zigarettenqualm hochstieg, die sich über der Terrasse gebildet hatte. Mehrere leere Tassen waren in den schmalen Blumenbeeten am Rand der Terrasse gelandet. Noch etwas, worüber sich die Witwe beschweren konnte. »Wahrscheinlich hast du recht«, sagte er.
»Was denkst du?«
»Das willst du gar nicht wissen.«
»Wie du meinst.«
»Ich bin mir nicht sicher, ob ich das wissen will.« Hinter Hendricks’ Schulter sah Thorne Rawlings mit grimmiger Miene auf sie zukommen. Er warf Hendricks einen Blick zu. »Jetzt wird’s lustig.«
Hendricks verstand und trat beiseite. Plötzlich schien ihn der Rasenmäher am Zaun mächtig zu faszinieren.
»Rawlings.« Thorne hatte sich auf eine feindselige Reaktion eingestellt, als er Rawlings die Hand entgegenstreckte, stattdessen kämpfte Skinners Freund mindestens so sehr mit den Tränen wie mit dem Bedürfnis zuzuschlagen.
»Ich kann mich nicht entscheiden«, sagte Rawlings, »ob ich lieber zehn Minuten mit dem Schwein allein wäre, das das hier getan hat, oder fünfzehn Minuten mit dem Schwein, das diesen beschissenen Schutz organisiert hat.«
»Keine leichte Entscheidung.«
»Ist schon okay, ich weiß, dass Sie es nicht waren.« Er wandte sich um und starrte in die Ecke, wo Trevor Jesmond und der Area Commander ins Gespräch versunken waren. »Die Typen oben erklären uns, was wir tun sollen, ist doch so?«
Thorne enthielt sich einer Antwort.
»Kenn ihn
Weitere Kostenlose Bücher