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Tom Thorne 07 - Das Blut der Opfer

Titel: Tom Thorne 07 - Das Blut der Opfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Billingham
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begann er mehr zu sehen, sich in einen Menschen einzufühlen, der durch einen Verlust betäubt war, der unzugänglich war für die alltäglichen Leiden und Freuden. Ein Mensch, den es stets aufs Neue überraschte, dass er gehen konnte, sich anziehen und ganz normal handeln konnte. Und dafür nur einen Grund sah: diejenigen zu jagen und zu vernichten, die sein Leben pulverisiert hatten.
    Als der junge DC endlich verstanden hatte, um was es in den Briefen ging, die Thorne in Hammersmith gefunden hatte, hatte er die Augen verdreht und gemeint, Brooks drehe wohl endgültig durch. Eine verständliche Reaktion, und Thorne hatte gelächelt und genickt. Und das Verlangen unterdrückt, dem eingebildeten jungen Schnösel eine zu scheuern.
    Wenn ich nicht gerade Briefe an einen Geist schreibe …
    Thorne hatte etwas Ähnliches getan. Er hatte sich noch eine Weile mit seinem Vater unterhalten, als dieser bereits gestorben war. Eigentlich war es sein Vater gewesen, der sich mit ihm unterhalten hatte, aber Thorne wusste sehr wohl, dass das auf das Gleiche hinauslief.
    Um Abschied zu nehmen brauchte man einen Augenblick und ein Leben.
    Er sah hoch, als Kitson hereinschoss, den Mantel über eine Lehne warf und drauflosquasselte, dass die Studenten heutzutage noch jünger aussähen als die Polizisten.
    »Sie sollten den Job hier hinschmeißen«, sagte Thorne, »und zurück ans College gehen. Hätten Sie nicht Lust auf drei Jahre Party, Trinken und Sex mit Achtzehnjährigen? Wenn ich so darüber nachdenke, bin ich dabei …«
    Kitson erzählte ihm von ihrem Treffen mit Harika Kemal. Und wen sie als den Mörder ihres Freundes identifiziert hatte.
    »Woher will sie das so sicher wissen?«, fragte Thorne. »Sie hat doch zuvor gesagt, sie habe den Mord nicht gesehen.«
    »Da bin ich mir inzwischen nicht mehr so ganz sicher.«
    »Ohne Zeugen wird das heikel.«
    »Darüber zerbrech ich mir später den Kopf.«
    »Hat sie gesagt, warum ihr Bruder es getan hat?«
    »Ohne Daumenschrauben war das nicht aus ihr rauszubringen«, sagte Kitson.
    »Wahrscheinlich haben sie es zu toll getrieben.«
    Kitson kramte in ihrer Tasche nach einer kleinen Dose. »Hakan hat eine Reinigung an der Green Lanes.« Sie verzog die Lippen und cremte sie ein. »Oben am Finsbury Park …«
    Thorne war bekannt, dass in dieser Gegend viele Geschäfte Schutzgeld zahlten, einige als Fassaden für Dealer und Heroinhändler dienten. Restaurants, Minicab-Unternehmen, Supermärkte. Er fragte sich, ob Hakan Kemal mehr als Hemden und Blusen wusch.
    Kitsons Gedanken liefen offensichtlich in dieselbe Richtung. »Vielleicht lagen die Kollegen vom organisierten Verbrechen gar nicht so falsch, und die Sache hatte was mit den Gangs dort zu tun.«
    »Nicht gerade der eleganteste Auftragsmörder, den ich kenne«, meinte Thorne. »Aber was versteh ich davon?«
    Kitson gab ihm in beiden Punkten nur zu gern recht.
    Thorne fragte sie, ohne eine Miene zu verziehen: »Kennen Sie eigentlich den Film Jung, schüchtern und rasiert …?«
    Er versuchte, genau zu beschreiben, wie es in Davey Tindalls Büro roch, als das Telefon klingelte. Er sah auf das Display und wollte schon nicht abheben, aber das Schuldgefühl überwog. Seufzend drückte er die grüne Taste.
    »Tom?«
    »Hallo, Tante Eileen. Ich wollte dich heute Abend anrufen.«
    »Tut mir leid, wenn ich dich störe, mein Lieber. Ich ruf dich nicht gerne an, wenn du arbeitest.«
    »Ist schon okay …«
    »Ich bin gerade dabei, Weihnachten zu planen, weißt du?«
    »Ja.« Thorne hatte gewusst, dass dieses Gespräch unausweichlich auf ihn zukam. Er krümmte sich innerlich bei der Vorstellung, wie der Techniker in seinem Kämmerchen sich vor Lachen in die Hose machte.
    »Natürlich würden wir uns freuen, wenn du kämst. Wir haben Victor zum Weihnachtsessen eingeladen.«
    »Das ist nett von euch.« Eileen, die Schwester seines Vaters, hatte den alten Herrn praktisch adoptiert, der am Schluss der einzige Freund ihres Bruders gewesen war. »Ich bin mir sicher, dass er sich darüber freut.«
    Ein langer Seufzer am anderen Ende der Leitung. »Der arme alte Kerl …«
    Thorne war sich nicht sicher, ob sie Victor meinte oder seinen Vater.
    »Also, lass dir das durch den Kopf gehen«, sagte Eileen. »Es wär mir einfach überhaupt nicht recht, wenn du so wie letztes Jahr ganz allein zu Hause sitzt.«
    Dabei hatte Thorne das letzte Weihnachten - das erste seit dem Tod seines Vaters - mit Hendricks und dessen damaligem Freund Brendan verbracht. Jetzt, da

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