Tom Thorne 08 - Die Schuld des Blutes
Holland mit ihren Blicken, als sie aufstand und sich auf die Armlehne von Paice’ Sessel setzte. Sie legte ihm die Hand auf die Schulter und bat ihn, sich zu beruhigen. Sich aufzuregen
bringe nichts, und Catherine werde davon nicht wieder lebendig.
»Sie sagt die Wahrheit«, kommentierte Holland. »Und das sollten Sie auch tun.«
Thorne war zufrieden, einfach hier zu sitzen und es Holland zu überlassen, Jamie Paice auf den Zahn zu fühlen. Ihnen war absolut klar, dass sein Alibi hieb- und stichfest war, und sie waren die hundertfünfzig Kilometer nicht gefahren, weil sie glaubten, er habe Catherine Burke oder sonst jemanden umgebracht. Aber aus irgendeinem Grund hatte er Paul Brewer belogen, da waren sie sich sicher. Und in einer solchen Situation zahlte es sich aus, den Verdächtigen auf die Pelle zu rücken.
Holland hatte seine Sache gut gemacht, nicht das erste Mal. Thorne hatte ihm bei einer solchen Gelegenheit vor etwa einem Jahr gesagt, wie beeindruckt er sei. Holland hatte gelacht und gemeint, wenn es darum ginge, für eine unangenehme Stimmung zu sorgen und die Leute in Verlegenheit zu bringen, sei er bei einem wahren Meister in die Lehre gegangen. »Ich meine damit nicht, wie Sie bei einem Verhör oder so vorgehen«, hatte er grinsend hinzugefügt, »sondern einfach Ihre Art, mit Leuten umzugehen … die ganze Zeit über.«
»Sie wurden gefragt, wie Catherines Mutter gestorben ist«, sagte Thorne. Er wartete, bis Paice ihn ansah. »Und Sie haben eine Menge Unsinn erzählt.«
»Als Brewer anrief und fragte, meinen Sie?« Paice wirkte aufrichtig verwirrt. Turner drückte seine Schulter, wollte etwas sagen, aber er ließ sie nicht zu Wort kommen. »Ich hab es ihm gesagt. Ich versteh das nicht.«
»Sie sagten, Catherines Mutter sei an Krebs gestorben.«
»Genau, so wie ihr Dad. Er starb vor ein paar Jahren. An
Magenkrebs, glaub ich. Und ihre Mum starb, da war Cath noch ein Kind. Ich weiß nicht, an welchem …«
»Warum lügen Sie?«
»Ich lüge nicht. Sie starb an Krebs.«
»Nein«, widersprach Thorne. »Das tat sie nicht.« Er war sich so sicher, wie man sich sein konnte, dass Catherine Burkes Mutter vor fünfzehn Jahren ermordet wurde, so wie die Mütter von Emily Walker und Alex und Greg Macken ermordet worden waren. Der Name Burke stand zwar nicht auf der Liste, die Thorne hatte, aber auch die Namen Macken und Walker fanden sich nicht darauf. Es gab die verschiedensten Gründe, warum die Kinder andere Nachnamen hatten als ihre Eltern, aber die Verbindung der letzten vier Mordopfer stand inzwischen außer Zweifel.
»Das ist durchgeknallt«, sagte Paice. Er beugte sich vor, um aufzustehen, wurde jedoch sanft in den Sessel zurückgedrückt.
»Das stimmt, Jamie«, sagte Turner. »Caths Mutter wurde von einem Typen namens Raymond Garvey umgebracht.«
Paice sah zu ihr auf. Es dauerte eine Weile, bis er den Namen eingeordnet hatte. Er schüttelte den Kopf. »Machst du Witze? Der hat doch einen ganzen Haufen umgebracht, oder?«
»Sieben«, sagte Turner. Sie sah zu Thorne, der bestätigend nickte. »Caths Mum war das dritte oder vierte Opfer, glaub ich.«
Paice nahm einen tiefen Schluck aus der Flasche und behielt das Bier ein paar Sekunden im Mund, bevor er es schluckte. »Warum hat sie mir das nicht gesagt? Warum diese Story mit dem Krebs?«
»Sie hat es nicht mehr ausgehalten«, erklärte Turner. »Dass die Leute dauernd fragten, wie das ist. Ich mein, was
haben die sich vorgestellt, wie das ist?« Dabei richtete sie sich gleichermaßen an Holland und Thorne wie an Paice. Sie zupfte Papierfetzen von ihrer Bierflasche und zerrieb sie zwischen den Fingern. »Ständig belästigten Leute sie, die einen Dokumentarfilm fürs Fernsehen drehten oder ein Buch darüber schrieben. Es gab einen Typen, mit dem sie ausging, und den … das richtig geil machte, glaubte sie. Lauter Psychos, verstehen Sie? Also beschloss sie vor ein paar Jahren, dass es reicht. Sie änderte ihren Namen, zog in einen anderen Stadtteil und sprach nie mehr darüber. Ich kannte Cath, seit wir zusammen die Schule besuchten, aber ich war die Einzige, mit der sie noch Kontakt hatte und die davon wusste, was sie als Kind durchgemacht hat. Außer mir hatte niemand eine Ahnung. Die Leute in ihrer Arbeit nicht. Und Jamie auch nicht.«
Thorne sah zu Paice. »Wie lange waren Sie schon zusammen?«
Paice war absolut perplex. »Eineinhalb Jahre.« Er hob die Flasche an den Mund, schaute sie an. »Mann …«
»Warum ›Burke‹?«, fragte
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