Tom Thorne 08 - Die Schuld des Blutes
mir leid, Buzzy-Boy. Aber jetzt noch nicht, ja?«
Der Hund wird immer dicker, sie sieht es, und es ist ihre Schuld. Seit es passiert ist, war sie nicht mehr draußen. Und Betty kann ihn nicht Gassi führen, nicht mit ihren Beinen. Sallys Tochter nahm ihn ein paarmal mit, aber der tägliche Besuch im Park fehlt Buzz. Er fehlt ihnen beiden.
Ein paarmal hat sie es bis zum Eingangstor geschafft, aber jedes Mal fingen ihre Beine zu zittern an, und dann musste sie wieder nach Hause.
»Braucht einen nicht zu wundern«, meint Betty. »Das ist ein Riesenschock, wenn man in so etwas hineingerät.«
Die Frau hatte es eilig gehabt, das war klar. Sie wollte nicht stehen bleiben und plaudern, aber Sally dachte, irgendwie hätte sie die beiden zurückhalten müssen. Hätte sie nur ein bisschen länger mit dem Jungen gesprochen. Ein paar Minuten hätten gereicht. Wenn sie ihn vielleicht dazu gebracht hätte, einen Stock für Buzz zu werfen. In dem Moment hatte sie gedacht, er sei ruhig, das war es. Erst als sie die Zeitung las, hatte sie gemerkt, dass etwas nicht stimmte.
Herr im Himmel, allein der Gedanke an diesen armen Jungen hielt sie den Großteil der Nacht wach.
Am dümmsten war, dass ein paar Minuten, nachdem
die beiden weg waren, dieser Polizist ihr seine Marke vors Gesicht hielt und sie drauflosbrabbelte wie eine dämliche alte Kuh, was sie ja auch war. Ihm sagte, dass er sie knapp verpasst hatte, und welchen Weg sie genommen hatten.
Sie hätte wissen müssen, dass etwas nicht stimmte, als er anfing zu laufen.
Sally steht auf und geht in die Küche. Sie macht sich Tee und holt sich ein Päckchen Kekse aus dem Schrank. Sie trägt beides auf einem kleinen Tablett, das Betty ihr aus Southend mitgebracht hat, zum Sessel und sieht in der Fernsehzeitung nach, ob eine ihrer Quizshows läuft.
Sie nimmt sich vor, Buzz morgen mit rauszunehmen, oder den Tag darauf, wenn es morgen nicht klappt. Die Wettervorhersage ist ohnehin nicht so gut.
Sie setzt sich in den Sessel, sieht sich eine alte Episode von Catchphrase an und trinkt ihren Tee. Sie spürt es noch immer in den Beinen und in der Brust. Und das Zittern ihrer Hand bringt Tasse und Untertasse zum Klirren.
Zwölftes Kapitel
Als sie zum Krankenhaus abbogen, sagte Holland: »Ich glaube, wir liegen noch immer vorn.« Damit knüpfte er daran an, worüber sie gesprochen hatten, als sie auf das Taxi warteten. Was wiederum eine Fortsetzung einer Diskussion war, die begonnen hatte, als der Zug in den Bahnhof von Cambridge einfuhr.
»Wo liegen wir vorn?«
»Dabei, ihn zu erwischen.«
»Verstehe«, sagte Thorne. »Dass wir nicht wissen, wer er ist, wo er ist und was er, verdammt noch mal, treibt, ist ein Vorteil, richtig?«
»Dafür wissen wir, wer die nächsten Opfer sein sollen. Das ist doch nicht schlecht?«
Das Taxi kämpfte sich langsam über die Fahrbahnschwellen zum Krankenhaushaupteingang, und Holland kramte nach der Brieftasche, um zu bezahlen. »Zumindest können wir dafür sorgen, dass es keine Morde mehr gibt.«
»Wenn wir sie finden«, sagte Thorne. »Bislang schaut’s eher schlecht aus, oder?«
Sie hatten schnell herausgefunden, dass es noch vier infrage kommende Kandidaten gab: die Kinder der Opfer Raymond Garveys. An diesem Vormittag hatte das Team erst mit einem der vier potentiellen Opfer gesprochen, und diese Frau konnten sie nur so schnell aufspüren, weil sie vorbestraft war.
»Eine von vier?« Thorne war so verärgert wie konsterniert. »Das ist erbärmlich, Russell. Wir müssen die anderen drei finden, und zwar schnell.«
»Denken Sie?« Brigstockes Ton war nicht weniger schneidend als Thornes. »Vielleicht sollten Sie auf meinem Platz sitzen.«
»Ich sag ja nur, wir müssen uns voll darauf konzentrieren, sie zu finden und sie unter Schutz stellen.«
»Niemand widerspricht Ihnen.«
»Das sollte Toppriorität haben.«
»Dessen bin ich mir bewusst, Tom. Und deshalb arbeitet hier bis auf die Putzfrau jeder daran.«
Thorne stand in der Tür zu Brigstockes Büro und nickte. Vielleicht war er ja etwas selbstgerecht aufgetreten. »Das war nicht als Kritik gemeint …«
»Warum hören Sie dann nicht auf mit dieser Nummer, als ginge das außer Ihnen allen am Arsch vorbei? Und machen sich auf den Weg, Ihren Job zu erledigen?«
Das Taxi hielt, und Holland reichte das Geld nach vorn. Er gab ein anständiges Trinkgeld und bat um die Quittung. Der Fahrer nahm den Blick nicht vom Rückspiegel, während er die Quittung ausfüllte. Er hatte offensichtlich
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