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Tom Thorne 09 - Das Geständnis des Toten

Titel: Tom Thorne 09 - Das Geständnis des Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Billingham
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Tür aufmachte.
    Sie war froh, dass sie sich dafür entschieden hatte, zu Hause zu schlafen und sich morgen früh von ihrem Dad abholen zu lassen. Er klang enttäuscht, als sie ihn anrief, aber sie wusste, allein würde sie sich besser entspannen. Falls sie überhaupt in der Lage wäre, sich zu entspannen.
    »Wenn du dich so wohler fühlst«, hatte ihr Dad gesagt und gemeint: nicht ganz so elend.
    Sie hatte das Radio aus dem Schlafzimmer mitgenommen und lehnte sich zurück, um es sich in der Wanne gemütlich zu machen. Ihr Bauch ragte aus dem Wasser. Sie schwappte mit der Hand Wasser darüber und sah den kleinen Rinnsalen zu, die von ihrem Bauchnabel herunterrannen. Ein paar Minuten lang sprach sie leise mit dem Baby und strich mit ihrer schaumigen Hand über die Stelle, wo sie den Kopf vermutete. Und als cremige Flüssigkeit aus ihren Brüsten zu sickern begann, wischte sie sie mit dem Waschlappen weg.

    Es würde besser werden, wenn sie den morgigen Tag hinter sich gebracht hatte …
    Die Beerdigung ihrer Mutter hatten sie und ihre Schwester nur überlebt, weil sie sich gegenseitig gestützt hatten. Die hier würde ganz anders sein. Ja, Jenny würde da sein, und auch ein paar enge Freunde, und für Pauls Familie würde es genauso schlimm sein wie für sie, aber sie hatten einander, um sich zu stützen und ihre Trauer zu teilen. Doch sie war bei allem, worauf es ankam, allein. Nur sie und das ungeborene Kind, dem sie das eines Tages erklären musste.
    Gott, hoffentlich würde es nicht so wie bei der Beerdigung ihrer Mutter. Pauls Mutter wollte vermutlich mit dem Leichenschmaus der Tradition entsprechen, und belegte Brote und Verwandte, an deren Namen sich niemand erinnerte, waren wohl unvermeidbar. Nicht einmal auf Alkohol konnte sie im Notfall zurückgreifen, ihre und Jennys Rettung damals bei Mums Beerdigung.
    Sie streichelte wieder ihren Bauch. »Deine Schuld.«
    Im Radio spielten sie den alten Oasis-Song, den sie als Studentin geliebt hatte, eine Partyhymne, die man betrunken wunderbar mitgrölen konnte. Sie beugte sich vor, um das Radio lauter zu stellen, und erstarrte, als sie ein Geräusch hörte. Als wäre etwas im Flur vor der Wohnung zu Boden oder eine Tür ins Schloss gefallen.
    Sie schaltete das Radio aus und lauschte.
    Vielleicht kam das Geräusch von oben. Gott, hatte sie die Tür nicht richtig geschlossen, als sie hereinkam? Vielleicht war auch nur jemand nebenan rausgegangen.
    Das nächste Geräusch ließ keinen Zweifel mehr zu: Eine Schublade wurde aufgezogen, das war die im Wohnzimmerschrank. Sie kannte das schabende Geräusch, wenn die Schublade an der Laufleiste kurz hängen blieb, als hole jemand erschrocken Luft.

    So wie sie jetzt …
    Ihr Herz klopfte so sehr, dass sie sich anstrengen musste, etwas zu hören. Dazu das Plätschern des Wassers, das plötzlich ohrenbetäubend laut schien. Die Schlafzimmertür wurde geöffnet. Die Schritte waren leise, aber die Dielen knarrten, als sich der Eindringling dem Bett näherte.
    Sie konnte nirgendwohin flüchten. Sie musste sich schützen.
    So vorsichtig und leise wie möglich hievte sich Helen aus der Badewanne, bis sie Platz genug hatte, um sich zu bewegen. Sie beugte sich über die Kante, die eine Hand auf der anderen Seite, um sich abzustützen, und stemmte sich hoch.
    Vorsichtig, ganz langsam …
    Wer immer in ihrer Wohnung herumschlich, hatte keine Ahnung, dass sie hier war. Und das sollte so bleiben. Zumindest so lange, bis sie die Badezimmertür erreicht und zugesperrt hatte. Sie war halb aus der Wanne, als ihre Hand abrutschte und sie in die Badewanne zurückplumpste. Sie schrie laut auf, als sie dabei mit dem Kopf gegen den Wannenrand knallte und eine Unmenge Wasser gegen die Wand und auf den Boden spritzte.
    Den Schmerz hatte sie sofort vergessen, als sie sich aufzusetzen und gegen die aufsteigende Panik anzukämpfen versuchte. Wer immer sich in ihrem Schlafzimmer zu schaffen machte, musste sie gehört haben und wissen, dass jemand in der Wohnung war.
    Sie lauschte.
    Ein paar lange Sekunden lang nur Stille, doch dann waren wieder Schritte zu hören. Sie kamen aus dem Schlafzimmer, waren nur noch drei Meter entfernt. Sie starrte wie gebannt auf den Türgriff. Plötzlich war ihr kalt, und sie fröstelte. Sie hatte keine Chance, vor dem oder den Eindringlingen an die Tür zu kommen.
    Die Entscheidung ergab sich von selbst: Sie griff nach der
Glasschale am Ende der Badewanne und brüllte. »Verpisst euch! Verschwindet hier, und zwar sofort !«

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