Tom Thorne 09 - Das Geständnis des Toten
von Streatham zu fahren. Er hatte das Gefühl, als sei eine riesige Last von seinen Schultern genommen, und das Letzte, was er jetzt wollte, war, geradewegs zurück in die Scheiße zu marschieren. Die Freundin des Bullen glaubte natürlich, sich zu stellen sei das Beste, er wäre auf lange Sicht so besser dran und so weiter. Aber sie steckte nicht in seinen Schuhen. Sie hatte keinen blassen Schimmer.
Sie konnte sagen, was sie wollte, er wusste, wie es lief.
Wenn er zu den Bullen ging und erklärte: »Ich bin dieser Gangster, der geschossen hat und nach dem ihr sucht«, würden sie ihn nicht mit offenen Armen empfangen.
Und wie er ihr erklärt hatte, gäbe es in den Dreiecken weiter oben ein paar Leute, die er nicht einmal kannte und die hinterher garantiert ein Wörtchen mit ihm reden wollten.
Besser, er und Javine nutzten ihre Chance.
Helen Weeks war okay. Eine Minute oder zwei hatte er sich gefragt, wie sie wohl reagieren würde, wenn er sich ihr Auto lieh, um Javine und Benjamin wegzubringen. Sie hatten nicht viel Kram, wahrscheinlich brauchten sie nur ein Mal zu fahren. Und ob der alte Mazda seines Dads es auch nur halb nach Cornwall schaffte, war fraglich.
Dann realisierte er, dass sie, wenn sie das Auto nicht fand, annehmen würde, er habe es geklaut. Wahrscheinlich hatte sie ohnehin schon genug Stress, und außerdem kam sie auch noch mit einem Baby heim. Das war es nicht wert. Er konnte wahrscheinlich günstig einen Mietwagen bekommen. Sie brauchten ja nichts Schickes.
Und er wollte nicht, dass Helen schlecht von ihm dachte.
Das Geld war ohnehin kein großes Problem, zumindest nicht in den nächsten Monaten, bis sie alles geregelt hatten. Was er zu Javine gesagt hatte, dass sie auf das Geld seiner Mum nicht angewiesen waren, war ernst gemeint. Auch wenn er ihr nicht gesagt hatte, warum.
Unter diesem lockeren Brett in der Wohnung hatten knappe tausend Pfund gelegen. Zitternd wie Espenlaub hatte er sich die Geldkassette geschnappt und sie mit etwa hundert Rocks aus dem Küchenschrank in eine Plastiktüte gestopft, bevor er aus der Wohnung verschwunden war.
Ein paar Monate mindestens, wenn sie nichts überstürzten.
Easy hätte bestimmt gesagt: »Alles cool, Star Boy …«
Theo fuhr langsam die Norwood Road entlang und fragte
sich, ob sein Freund in dieser Nacht genauso verarscht worden war wie er. Easy hatte den Cavalier geklaut, so viel wusste Theo, aber steckte er mit den Planern unter einer Decke? Hatte er genau gewusst, was er tat, als er Druck machte, damit Theo eine Stufe nach oben rückte?
Als er ihm praktisch die Knarre in die Hand drückte?
Er hielt an der Ampel und dachte an Javine. Er musste ihr sagen, dass sie so schnell wie möglich aus der Wohnung ihrer Freundin rausmussten. Sie würden mit dem Baby in einem kleinen Schlafzimmer wohnen, und wahrscheinlich reichte ihr Geld, um die Kaution für eine kleine Wohnung zu zahlen. Es war ein Touristenort, also müsste es ein paar Jobs geben, in einem Hotel oder so. Javine könnte ihre Freundin bitten, schon mal in einer Lokalzeitung nachzusehen, bevor sie hinfuhren.
Er schaltete das Radio ein und suchte einen Sender. Als ein Reggaesong ausgeblendet wurde, drehte er lauter. Aber er kannte den Song nicht. Aus den Augenwinkeln nahm er wahr, dass ein Auto neben ihm gleichzog, er sah jedoch nicht, wie die Scheibe runterging.
Sein Blick war auf die Ampel gerichtet, die gerade umschaltete.
Die Waffe kam hoch, als Theo zu dem Mann in dem Auto rübersah und der DJ den Namen des Interpreten nannte, bei dem sein Vater wahrscheinlich mitgesungen hätte. Ein flüchtiges Bild seines Vaters, von Javine und Benjamin, zu mehr reichte die Zeit nicht.
Nicht einmal, um zu schreien, in dieser Sekunde vor der Dunkelheit.
Bei der Installation des Soundsystems im Büro hatte Frank Wert darauf gelegt, dass er überall im Haus Musik hören konnte. Selbst im Bad und im Wohnzimmer waren Lautsprecher
angebracht und natürlich im Wintergarten, wo er momentan meistens den Abend verbrachte.
Ihm war nach etwas Leichtem, Sommerlichem zumute. Er lauschte einem Concerto von Vivaldi, trank dazu ein Glas Wein, und vor ihm auf dem Tisch lag ein Magazin mit teuren Immobilien. Er sah hinaus und wartete darauf, dass die Lichter angingen. Er hatte die Füchse schon länger nicht mehr gesehen, und in den letzten Nächten noch mehr Futter für sie draußen gelassen, in der Hoffnung, sie zurückzulocken.
»Dein Garten ist nicht der einzige, in dem sie sich rumtreiben«, sagte
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