Tom Thorne 09 - Das Geständnis des Toten
Wettervorhersage.
»Ich geh heute Abend zu Katie und Graham«, sagte Helen. »Sie haben gefragt, ob du mitkommst.« Paul sah auf. »Beruhig dich, war nur ein Scherz. Ich hab ihnen gesagt, dass du zu der Abschiedsparty eines Kollegen musst. Bist du erleichtert?«
Den Mund voll Müsli, grinste Paul. Helen war klar, dass ein Abend mit Graham für ihn zwischen einem Seminar über Kriminalitätsprävention und glühend heißen Nadeln in den Augen rangierte. Und sie konnte ihm nicht böse sein. Sie selbst hatte nur zugesagt, weil sie wusste, dass Paul weg war, und weil sie nicht allein zu Hause hocken wollte. Ob Katie sie wohl deshalb eingeladen hatte? Sie hatte erzählt, dass Paul etwas vorhatte, bevor ihre Freundin sie gefragt hatte.
Sie ging in die Küche. »Wahrscheinlich bin ich fix und alle, wenn ich wieder nach Hause komme.« Sie hatte nicht vor, besonders lange wegzubleiben, aber Katie wohnte oben in Seven Sisters, und es würde dauern, bis sie von da oben nach Hause kam.
»Ich schlafe bei Gary«, rief Paul.
»Oh, okay. Also dann bis zum Morgen.«
»Wird wohl eher Nachmittag. Garys Frau ist weg, und ich vermute, er hat noch einen Samstag für Jungs geplant.«
»Erzähl mir nicht mehr, als ich wissen will.«
»Ich ruf dich an.«
»In Ordnung. Amüsier dich.«
»Du auch.«
»Aber amüsier dich nicht zu sehr, Hopwood …«
Helen hörte nicht, wie Paul in die Diele ging, um seine Jacke zu holen. Sie bekam nicht mit, dass er sich verabschiedete. Als sie aus der Küche kam, stellte sie überrascht fest, dass er nicht mehr da war. Und sie zuckte zusammen, als die Tür ins Schloss fiel.
In den letzten Tagen hatte sich Theo beim Schmierestehen mit Ollie abgewechselt, einem weißen Jungen mit Dreads, der ein paar echt geile Sprüche draufhatte. Er stand an einer Ecke der Lewisham High Street, in der Nähe des Glockenturms, und hielt die Augen offen, während Ollie mit zehn Scheinen zur Wohnung zurückrannte, um Koks zu holen. Auf dem Straßenmarkt, der bis rauf zur St. Saviour’s Church reichte, war einiges los, und die Jungs in Blau waren gut beschäftigt, was nicht schadete. Die Polizeiwache hier war eine der größten in ganz London und lag direkt gegenüber. Während er wartete, hatte Theo die ein paar Meter entfernte beleuchtete Plakatwand an der Bushaltestelle vor Augen. Zwei fröhliche Bullen – ein Fettsack und eine gut aussehende Frau -, die in ihr Funkgerät sprachen, und darunter in riesigen Lettern das kühne Versprechen: SICHTBAR SICHERER.
Dreißig Meter entfernt stand im Eingang zu einem Elektroladen ein Teenager und starrte auf die Fernsehgeräte. Der konnte Ollies Rückkehr noch weniger erwarten als Theo.
Es dauerte nur ein paar Minuten. »Schneller als per Express«, pflegte Easy seinen Kunden zu erklären.
Theo behielt den Kunden im Auge, auch wenn dieser kaum verschwinden würde. Er trat wie immer tänzelnd von einem Fuß auf den anderen und rieb sich die Hände, seine Wangen waren ganz eingefallen von dem ständigen Pfeiferauchen. Der rauchte mehr, als er aß. Vor sechs Monaten hätte er Theo leidgetan, aber das war vorbei. Jetzt brauchte er noch ein paar mehr von diesen traurigen Typen, die seine Telefonnummer weitergaben, bei ihm einkauften und ihm Geld brachten.
Er wartete noch immer auf den Abschluss des Deals, als der Audi auf der Straßenseite gegenüber vorfuhr.
Theo sah über seine Schulter, ob Ollie kam. »Yeah, was’n los?«
»Die Sache läuft, kapiert? Wave will es heute Nacht durchziehen.«
»Scheiße, ich hab gedacht, das dauert noch. Verstehst du?«
»Es läuft heute, Alter, also mach dich bereit, ja? T …?«
»Ich bin bereit, Alter«, sagte Theo. »Kein Problem.«
Easy grinste und klatschte mit der Hand auf das Autodach. Sein Freund sollte nicht in seinen Augen lesen, dass etwas nicht stimmte. Theo sah wieder über seine Schulter, als ginge es ihm nur ums Schmierestehen, ums Geschäft.
Plötzlich entdeckte Easy etwas an einem Baum auf der anderen Straßenseite und ging hinüber. Theo folgte ihm, sah seinem Freund dabei zu, wie er den Flyer las und sein Handy herausholte.
Theo überflog den Flyer, ein Hund wurde gesucht: Der Flyer enthielt eine Beschreibung und ein Foto des Hundes, dessen Augen durch das Blitzlicht weiß waren. Als Kind hatte er selbst einen Hund gehabt, einen Mischling, der wie eine Ratte aussah und bei weitem nicht so süß war wie der hier.
»Sie suchen nach Ihrem Hund, ja?« Easy sprach ins Handy und sah dabei zu Theo. »Ich glaub, ich
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