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Tom Thorne 09 - Das Geständnis des Toten

Titel: Tom Thorne 09 - Das Geständnis des Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Billingham
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als der Cavalier wegfuhr.

    Helen hielt an der Old Kent Road, um eine Flasche Rotwein zu kaufen, von der sie wusste, dass Katie sie mochte. In den Minuten, während sie wartete, um zu zahlen, tat es ihr um das Geld dafür leid. Plötzlich hatte sie eine Stinkwut, dass Katie sie aus Mitleid einlud. Sie hatte gute Lust, sie anzurufen und ihr zu sagen, wie sehr sie ihr leidtat, weil sie diesen Halbirren als Freund hatte und noch genauso wie damals in der Schule danach gierte, beliebt zu sein.
    Als sie ins Auto stieg, hatte sie sich wieder beruhigt und bekam Schuldgefühle. Dazu kam, dass sie, sosehr sie sich die Entbindung herbeiwünschte, es vermissen würde, ihre Stimmungsschwankungen und Gefühlsausbrüche auf die Schwangerschaft schieben zu können.
    Es begann zu regnen, als sie durch Borough fuhr, und zu schütten, als sie die London Bridge erreichte.
    Hoffentlich verzog sich Graham auf den Dachboden oder wo immer er seine kleinen Viecher quälte, sobald sie das Essen hinter sich gebracht hatten, damit sie und Katie in Ruhe quatschen konnten. Noch netter wär’s, wenn sie was trinken dürfte. Vor zwei Tagen hatte sie erfahren, dass der Kopf des Babys im Geburtskanal steckte, und es wär schon schön, mit
einem Gläschen darauf anzustoßen. Dieses alkoholfreie Leben würde sie garantiert nicht vermissen, wenn der Braten aus dem Ofen war. Ganz im Gegenteil, wenn es nach ihr ginge, könnten sie ihr ein Glas in die Hand drücken, sobald sie die Nabelschnur durchtrennt hatten.
    Sie fuhr nach Norden, Richtung Dalston und Hackney, und fragte sich, ob man Wein bei der Geburtsplanung erwähnen durfte oder ob einem die Hebamme sofort einen Sozialarbeiter aufbrummen würde.
    Und ob sie diese erste Flasche wohl mit Paul trank.

    Paul ließ den Blick über den Raum schweifen. Er hasste jeden Einzelnen hier. Ein paar Gläser früher hatte er sie alle geliebt, und die Wahrscheinlichkeit, dass dies nach ein paar weiteren Gläsern wieder der Fall sein würde, war durchaus vorhanden. Bier hatte bei ihm fatale Wirkungen: Es verwandelte ihn im Nu vom Weichei zum Ekelpaket, das Mühe hatte, in zusammenhängenden Sätzen zu reden, und ständig auf die Toilette musste.
    Der zu verabschiedende Polizeibeamte hatte seine Rede gehalten, und bis auf die Tatsache, dass er statt einer Armbanduhr oder eines Flachmanns ein Barometer als Abschiedsgeschenk bekam, war alles ziemlich so gelaufen, wie Gary Kelly es vorhergesagt hatte. Paul hatte genauso begeistert gejohlt und geklatscht wie die anderen. Angesichts der Ansammlung schicker Anzüge in dem tristen Raum, dieser Leute, die zu laut lachten und die hundert Pfund wegsoffen, die sie hinter der Bar deponiert hatten, wurde ihm eines klar.
    So betrunken er war, er wusste, das war ihm zu wenig.
    Niemals würde er sich damit zufriedengeben, wenn es für ihn so weit war. Er wollte raus, bevor jemand einen Raum über einem Pub mietete und für irgend so einen Scheiß von H. Samuel sammelte.

    Er fing Gary Kellys Blick drüben an der Bar auf und verdrehte die Augen. Kelly war ein anständiger Bulle, aber es war nicht schwierig, ihn sich in zwanzig Jahren an Bob Barkers Stelle vorzustellen. Gut zu sein reichte nicht, nicht mal, wenn man ehrgeizig war. Man musste Mumm haben und noch was: dieses gewisse Leck-mich-am-Arsch-Gefühl.
    Und man musste lügen, ständig.

    Theo saß mit einem Karton Chickenwings und einer Zeitung vor sich im Chicken Cottage an der High Street am Fenster, so wie man ihm gesagt hatte. Er sah auf die Uhr. Es war Mitternacht vorbei, die Zeit, um die er sich laut Easy bereithalten sollte. Ob die Sache abgeblasen worden war? Vielleicht hatte Wave seine Meinung geändert, oder ein Geschäft war dazwischengekommen.
    Vielleicht war alles auch nur leeres Geschwätz.
    Vielleicht ging es bei dem Test darum, ob er auftauchte. Er fragte sich, ob Easy und die anderen ihn jetzt beobachteten und sich halb kranklachten, weil er wie ein Idiot vor dem Fenster saß. Und sich fast in die Hose machte.
    Er griff nach einem Chickenwing, aber der war schon kalt, also legte er ihn zurück in den Karton. Draußen wurden die Regenschirme eingesteckt. Es hatte aufgehört zu regnen. Den ganzen Abend über hatte es immer wieder mal geregnet, aber es war trotzdem noch warm, und er hatte keine Jacke dabei, auch wenn Javine in der Tür gestanden hatte und ihm die Jacke mitgeben wollte.
    Sie hatte ihn angesehen, als wollte sie sagen: Ich hoffe, du weißt, was du tust. Oder vielleicht hatte der Blick auch nur so

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