Tom Thorne 09 - Das Geständnis des Toten
lächelte. »Dass das nicht … offiziell war.«
Helen sah ihn an, überlegte, wer er war.
Kevin Shepherd steckte die Hände in die Hosentaschen und trat einen Schritt zurück, als wolle er sie genau betrachten.
»Wollen Sie was von mir?«, fragte sie.
»Sie müssen verstehen, Ray ist nicht gerade der Hellste«, sagte er. »Der sieht einen Dienstausweis und denkt gleich alles Mögliche. Na ja, geht es uns nicht allen so? Aber ich weiß Bescheid, was Paul passiert ist, und es liegt auf der Hand, dass derjenige, wer immer hier ermittelt, nicht nach Typen wie mir sucht.«
Helen wartete. Er war offensichtlich noch nicht fertig mit dem, was er zu sagen hatte.
»Sondern wohl eher nach jemandem, der etwas jünger ist. Etwas dunkler . Und selbst wenn Ihr Freund nicht einfach nur Pech gehabt hätte und zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen wäre … selbst wenn er an einem Kopfschuss gestorben wäre, glaube ich nicht, dass die jemanden wie Sie auf Mördersuche schicken würden. Seien Sie mir bitte nicht böse.«
Helen zuckte die Schultern, als nehme sie ihm die Bemerkung nicht krumm.
»Und schon gar nicht allein.«
»Also?«
»Also wollen Sie wahrscheinlich nur herausfinden, warum Paul sich mit mir herumgetrieben hat. Weil Sie denken, wir beide hätten nicht viel gemeinsam.«
»Erzählen Sie es mir?«
»Ich erzähle Ihnen, dass Sie besser Ihre Finger davon lassen.« Er sagte es mit Nachdruck, als meine er es ernst. Drohungen wurden oft mit Nachdruck ausgesprochen.
»Besser für wen?«
Er reckte das Kinn vor. »Mein Gott, schauen Sie sich an. Sie sollten an die Zukunft denken, wie Sie damit zurechtkommen, und sich ein hübsches schwarzes Umstandskleid zulegen.« Er legte noch etwas mehr Nachdruck in seine Stimme. »Warum wühlen Sie in der Scheiße und stellen Fragen, auf die Sie die Antwort womöglich gar nicht hören wollen?«
Dasselbe hatte Helen sich auch schon gefragt. Jetzt stand der Mann vor ihr, der die Antwort kannte und darauf zu brennen schien, sie ihr mitzuteilen.
»Dann danke für die Warnung.«
»Das ist keine Warnung.«
»Was auch immer.« Sie fixierte ihn. Sie wollte in ihre Wohnung, aber nicht, bevor er sich umdrehte und verschwand. Plötzlich ging das Licht aus. Sie hatten sich zwei Minuten praktisch nicht bewegt, und das Zeitlimit war abgelaufen. »Zeit, zu gehen«, sagte sie.
Eine Armlänge entfernt seufzte Shepherd im Dunklen, als fühle er sich in die Ecke gedrängt und habe keine Wahl, als preiszugeben, was er viel lieber für sich behalten hätte.
»Wenn es Ihnen hilft, dann sagen Sie sich einfach, dass er etwas mehr Geld brauchte, da ein Kind unterwegs war. Dass er es für Sie getan hat.«
»Ich glaub Ihnen nicht.«
»Ach hören Sie, er wär nicht der erste Bulle, mit dem ich Geschäfte mache. Sie wollen mir erzählen, Sie würden niemanden kennen, der drei Kilo Koks fand und nur zwei ablieferte? Niemanden, der sich selbst ein klein wenig was Gutes tat?«
Helen spürte, wie ihr der Schweiß ausbrach. Der Schlüssel fühlte sich warm und feucht an in ihrer Hand. »Haben Sie Paul je Geld gegeben?«
»Dazu kam es leider nie, aber wir haben uns darüber unterhalten. Er hätte einen ordentlichen Schnitt gemacht, das können Sie mir glauben. Sie hätten bei den Babyklamotten nicht sparen müssen.«
»Verpiss dich!«, sagte sie.
»Was für Ausdrücke …«
Sie sagte es noch einmal, und nach ein paar Sekunden tat Shepherd, wozu sie ihn aufgefordert hatte. Durch seinen
Abgang schaltete sich die Sicherheitsbeleuchtung wieder ein, und Helen sah zu, wie er über die Straße zu seinem Auto lief. Das Wechselgeld klimperte, als er in seiner Tasche nach dem Schlüssel kramte. Sie hörte, wie er die Musik aufdrehte, kaum dass der Zündschlüssel steckte, und sah gerade noch, wie er sich nach ihr umsah, kurz bevor das Licht im Wagen ausging und er wegfuhr.
Schneller als nötig.
Danach brauchte sie etwas länger als sonst, um ins Haus zu gelangen. Wie betrunken stand sie an der Tür und fummelte zitternd mit dem Schlüssel am Schlüsselloch herum, während sie versuchte, sich zu beruhigen.
Mikey hatte schon während der Action mit Easy und Theo überlegt, ob er nicht Linzi besuchen sollte. Und jetzt, da er von ihrer Wohnung weg- und nach Hause ging, fragte er sich, warum ihn diese Jobs so geil machten.
Linzi war nicht wirklich eine Nutte. Sie nahm nur von ein paar Jungs, die sie am liebsten mochte, Geld. Und man konnte sie schon gar nicht mit diesen schmuddeligen Schlampen
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