Tom Thorne 09 - Das Geständnis des Toten
durch.
»Zehn Minuten müssten reichen«, sagte er. »Nur um sicherzugehen, dass die Lage ruhig und entspannt ist.«
»Bei ihm flattern die Nerven, oder?«, sagte Mikey. Er beugte sich vor und boxte Theo in die Schulter. »Wenn’s bis ins Schlafzimmer ging, wär er wahrscheinlich so schlapp wie ein toter Regenwurm.«
Theo stieg aus dem Auto aus und lief, ohne sich umzublicken, zur Wohnungstür. Die Straße war beleuchtet, und er fragte sich, wie viele Leute sein Gesicht sehen könnten, wenn sie jetzt aus dem Fenster blickten.
Die Frau, die ihm die Tür öffnete, war nicht ganz so dick, wie Mikey vorhergesagt hatte, aber durchaus beeindruckend.
Sie war in den Vierzigern und dunkler als Theo. Vermutlich Nigerianerin, kräftig geschminkt, und ihre Frisur sah arg nach Perücke aus. Doch das Lächeln war freundlich und wirkte nicht aufgesetzt.
Er konnte sich schon vorstellen, dass ein Mann, der es nicht auf ihr Geld abgesehen hatte, sie sexy finden würde.
»Ich bin Carlton«, sagte er. »Ich habe vorher angerufen und einen Termin ausgemacht.« Es war Easy gewesen, der angerufen und sich auch den Namen ausgedacht hatte. Was er Theo mit großem Vergnügen erzählte.
Die im Erdgeschoss gelegene Wohnung war klein: ein Wohnzimmer mit einer Kochnische und einem Gang, der vermutlich zu einem Schlafzimmer und einem Bad führte. Sie war sauber und modern eingerichtet. Über dem dunkelbraunen Ledersofa hing eine Reihe afrikanischer Masken. Es gab Holzschalen mit glatten Steinen und einen Perlenvorhang, der das Wohnzimmer von den anderen Räumen abtrennte.
»Willst du was zu trinken, Schätzchen? Es gibt Wein und Bier oder Coke.«
»Kann ich ein Bier haben?«
»Was immer du willst.«
Sie reichte Theo eine warme Flasche und hob den Perlenvorhang zur Seite. »Willst du durchgehen?«
Theo setzte sich und deutete auf die Flasche. »Ich trink zuerst die hier aus.«
»Deine Zeit«, sagte sie. »Wenn wir gerade davon reden …«
Easy hatte am Telefon hundert Pfund vereinbart, für eine Stunde ohne Sonderwünsche. Theo gab ihr das Geld und sah zu, wie sie es in eine kleine Holztruhe an der Wand steckte.
Sie gab ihm eine laminierte Karte. »Falls du Sonderwünsche hast.«
Theo studierte die Karte, als hätte er eine Speisekarte vor sich, während sie, ganz die hilfreiche Kellnerin, ihn fragte, ob
sie ihm etwas erklären solle. Da war allerdings der eine oder andere Ausdruck, den er nicht ganz verstand, aber so genau wollte er es gar nicht wissen.
»Wie alt bist du denn?«, fragte sie.
Theo sah keinen Grund, zu lügen.
»Ich hab einen Jungen in deinem Alter«, sagte sie. »Und ein Mädchen, die ist zwei Jahre jünger. Sie geht noch in die Schule, er geht nächstes Jahr an die Uni.«
»Okay.«
»Wir kommen über die Runden«, sagte sie. »Uns geht’s gut.« Sie grinste und nahm ihre Brüste in die Hände, spielte mit ihnen. Ihr schwarzer BH schimmerte durch den hauchdünnen Morgenmantel. »Dank denen hier.«
Theo war noch keine fünf Minuten in der Wohnung. »Ich muss raus, ich brauch Zigaretten«, sagte er.
»Ich hab welche hier.« Sie zog ein Päckchen aus ihrer Handtasche.
»Nein. Ich brauch Silk Cut. Ich lauf nur schnell über die Straße.«
Sie zuckte die Schultern. »Deine Sache. Aber die Uhr läuft …«
Theo trat hinaus in den schmalen Gang und öffnete die Wohnungstür. Als er fünfzehn Sekunden später wieder in das Wohnzimmer zurückkam, folgten ihm Mikey und Easy.
Beide trugen eine schwarze Sturmmütze und eine Waffe.
»Bleiben Sie ruhig«, sagte Theo.
»Keinen Scheiß ton.« Easy schob ihn zur Seite, stürzte sich auf die Frau und hielt ihr die Waffe an die Schläfe.
Mit weit aufgerissenen Augen stolperte sie rückwärts an die Wand und sank zu Boden.
»Wo ist die Kohle?«
Theo zeigte es ihm und trat zurück, als Easy das Geld aus der Kiste nahm. »Das hier sind etwa tausend Pfund«, sagte
Easy. »Ich wette, die hat noch mehr unter ihrem Bett oder sonst wo versteckt.«
»Ich hab nicht mehr«, sagte die Frau.
»Bring sie zum Schweigen.« Easy nickte Mikey zu und trat durch den Perlenvorhang. Mikey holte eine dicke Rolle schwarzes Klebeband aus der Plastiktüte, die er dabeihatte, und zog die Frau hoch.
Theo sah den Ausdruck auf Mikeys Gesicht. »Fessel sie, mehr nicht«, sagte er.
Er folgte Easy ins Schlafzimmer und sah ihm dabei zu, wie er die Schubladen ausräumte und die Matratze umdrehte. Auf dem Fensterbrett standen brennende Kerzen und neben dem Bett eine kleine Schale mit
Weitere Kostenlose Bücher