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Tom Thorne 10 - Tödlicher Verdacht

Tom Thorne 10 - Tödlicher Verdacht

Titel: Tom Thorne 10 - Tödlicher Verdacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Billingham
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Polizisten mit deutlicher Schlagseite untersucht werden würde.
    »Haben Sie Lust auf ein Bier?« Der Liverpooler stand inzwischen an Thorne gepresst da und schrie ihm ins Ohr. Dann, als sei sein Vorschlag nicht klar genug gewesen, machte er die allbekannte Trink-Geste.
    Thorne hatte große Lust auf ein Bier, war jedoch nicht gerade scharf darauf, noch weiter ein Ohr abgekaut oder vielmehr angespuckt zu bekommen. Er sagte: »Nein, danke«, und bahnte sich den Weg durch die Menge zu der Ecke des Platzes am Fuß des Hügels.
    Zwanzig Minuten später, nachdem die Statue und die etwa hundert Einheimischen, die ihr folgten, Thorne passiert hatten, trat er auf die Straße und schloss sich der Prozession an.
    Candela drückte ihre Zigarette aus und leerte ihr Weinglas. Anschließend trug sie ihr Gepäck zur Tür und öffnete sie.
    »Nur zwei Koffer«, sagte sie.
    Dann blickte sie auf, wich hastig einen Schritt von der Tür zurück und stolperte dabei über einen der Koffer.
    »Willst du verreisen, Schätzchen?«
    Unmittelbar hinter der Plattform, auf der die Statue stand, trug eine Gruppe von Männern mittleren Alters Stangen, an deren Enden prunkvolle Kreuze befestigt waren. Ihnen folgten die Büßer, von denen einige barfuß gingen oder eine Augenbinde trugen. Sie hielten Kerzen, die in provisorischen Haltern aus Alufolie steckten, damit ihnen kein heißes Wachs auf die Hände tropfte. Thorne bewegte sich langsam mit allen anderen voran und kam sich noch mehr wie ein Eindringling vor, als er sanft, aber bestimmt von jemandem zur Seite geschubst wurde, der das Recht auf einen Platz vor ihm in der Prozession beanspruchte. Trotzdem hatte er das Bedürfnis zu folgen, wenn auch nur, um zu sehen, was als Nächstes geschehen würde.
    Er fühlte sich noch immer unwohl in seiner Haut, doch das Spektakel war hypnotisierend, die Hingabe seltsam bewegend. Der Liverpooler nickte ihm von den Stufen der Bar zu, und Thorne nickte zurück.
    Die riesige Plattform schwankte hin und her, da sich die Träger in einer choreografierten Schaukelbewegung fortbewegten, von der Thorne vermutete, dass sie ihnen das Vorankommen erleichterte. Alle paar Minuten drehte sich einer der Männer um und läutete die vorn an der Plattform angebrachte Glocke, woraufhin die Plattform abgestellt wurde. Es war nicht klar, ob das zum Ritual gehörte oder ob es dabei einfach darum ging, den Trägern eine Verschnaufpause zu ermöglichen, doch es gab Thorne die Gelegenheit, sich den Weg durch die Menge zu bahnen und näher an die Statue heranzukommen.
    Er holte sein Handy hervor und versuchte, sich in eine gute Position zu bringen, um ein paar Fotos zu machen. Er dachte, Louise würde sie vielleicht gerne sehen.
    Die Plattform war voller Blumen: Girlanden aus pinkfarbenen Rosen, mit denen der verzierte Kandelaber geschmückt war, der sich hinauf zu der Statue schlängelte. Letztere stand unter einem silberfarbenen, mit Blumen bedeckten Baldachin, um dessen Stützen weitere Girlanden rankten.
    Die Jungfrau lächelte.
    Sie war ungefähr einen Meter fünfzig groß und hatte das Gesicht einer Puppe. Ihre Lippen waren leuchtend rot, als seien sie frisch geschminkt worden, doch die blasse Haut ihrer Wangen schälte sich stellenweise ein wenig, und es waren Risse an ihren Händen zu erkennen, die ein Zepter hielten und ein noch puppenhafteres Kleinkind wiegten. Ihr langes braunes Haar, das ihr in Locken über die Schultern fiel, wirkte jedoch zu modern, und Thorne fand, dass die Perücke unter der riesigen goldfarbenen Krone irgendwie fehl am Platz war.
    Ihr schlichter Gesichtsausdruck hatte dennoch etwas Überwältigendes.
    Thorne steckte sein Handy wieder ein und beobachtete, wie die Glocke erneut geläutet wurde und die Männer die Plattform wieder auf ihre Schultern hievten.
    Das Gesicht einer jungen Frau, vertrauensselig und zufrieden. Allerdings mit einem Blick, der verständnisvoll gesenkt war, vielleicht aber auch in Erwartung des Leids, das das Schicksal so vieler Menschen in diesem Leben war, und der Grausamkeit, die anderen widerfuhr.
    Als die Plattform ihre Reise durch die Ortschaft fortsetzte und schwankend den Platz verließ, geriet die Statue ins Wackeln, doch Thorne hielt den Blick weiterhin auf ihr Gesicht gerichtet.
    Auf das Gesicht von Andrea Keane und Anna Carpenter.
    Irgendwo begann eine Musikgruppe zu spielen, die Thorne nicht sehen konnte, und diejenigen, die sich noch nicht in Bewegung gesetzt hatten, sangen mit. Thorne fröstelte mit einem Mal. Es

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