Tom Thorne 10 - Tödlicher Verdacht
handelte sich nicht um ein langsames Lied, doch die Stimmen klangen traurig, als hätten sich die Erwartungen der Jungfrau erfüllt.
In den wenigen schrecklichen Sekunden, bevor er Candela packte und ihr die Hände um den Hals legte, begriff sie, was vor sich ging. Ihr wurde bewusst, wie dumm es von ihr gewesen war, den Polizisten zu geben, wonach sie verlangt hatten. Wie naiv sie gewesen war zu glauben, sie könne sich einfach aus dem Staub machen.
Sein Gesicht war ausdruckslos, und er sagte kein Wort, als er sie mit dem Rücken gegen die Fensterscheibe drückte und in aller Ruhe eine Hand von ihrem Hals nahm, um sie zu dem Griff der Schiebetür auszustrecken. Ihr war klar, dass es keinen Sinn hatte, sich zu wehren.
Aber ihre Instinkte ließen sie trotzdem kämpfen.
Sie trat ihm gegen die Beine und bohrte ihm ihre Fingernägel in die Arme. Sie versuchte verzweifelt, den Kopf zu bewegen, um ihn zu beißen, doch dann hörte sie das Geräusch, mit dem sich die Schiebetür hinter ihr öffnete, und spürte, wie der Wind ins Zimmer wehte.
Ihre Blase versagte in dem Augenblick, als sie rückwärts auf den Balkon taumelte.
Ein Wirrwarr von Gedanken und Bildern in jenen letzten Momenten. Es war kalt, sie war erst zweiundzwanzig, und sie hatte Blut im Mund, weil sie sich die Zunge durchgebissen hatte. Sie dachte an ihre Mutter und sagte: » Perdóname, Mama «, in Gedanken oder vielleicht auch laut, als sie das Metallgeländer am Rücken spürte.
Dann kippte sie hinüber und stürzte in die Tiefe. Die Lichter des Jachthafens rasten auf sie zu, und der Wind fühlte sich an wie eiskaltes Wasser.
Sie schrie auf dem ganzen Weg nach unten.
Vierzigstes Kapitel
»Wir verfolgen diese Typen bis runter nach Texas …«
Es war schon spät, und Langford befand sich in seinem Kino-Zimmer, wo er in einem der Fernsehsessel lümmelte und die Lautstärke voll aufgedreht hatte. Er hatte hochwertige Lautsprecher installieren lassen und mochte es richtig laut, um jeden Faustschlag und Pistolenschuss im ganzen Körper zu spüren. Seiner Ansicht nach war Erbarmungslos der letzte große Western. Er konnte nicht mehr zählen, wie oft er ihn schon gesehen hatte, und jetzt ging es gerade auf die große Schießerei am Ende zu, seine absolute Lieblingsszene. In der es wie aus Kübeln schüttet und Clint Eastwood die Bar betritt, um wegen des Mordes an Morgan Freeman abzurechnen.
Er griff nach unten in die Kühlbox und nahm eine Flasche Mahou-Bier heraus. Er hatte einen ereignisreichen Tag hinter sich und schwitzte noch immer, fühlte sich noch immer abgehetzt.
Nach seiner Unterhaltung mit Thorne oben in Ronda hatte er sich noch ein paar Biere genehmigt, hatte den Nachmittag genossen und war ein bisschen angetrunken nach Hause gefahren. Darüber machte er sich keine allzu großen Sorgen. Er war in der Vergangenheit bereits zweimal angehalten worden, war jedoch beide Male weitergewunken worden, nachdem er den Namen eines hochrangigen örtlichen Polizisten erwähnt hatte.
Ein schönes, ruhiges Leben hatte er zu Thorne gesagt, und dieser hatte recht gehabt mit dem, was er darauf erwidert hatte. Manchmal musste man eben das Nötige tun, damit es auch so blieb.
Manches ging über das Geschäftliche hinaus, verletzte einen an den unterschiedlichsten Stellen.
In der Bar lädt Eastwood sein Gewehr durch, und alle drehen sich um und sehen ihn an. Er sagt ihnen, dass er gekommen sei, um Little Bill zu töten, und dass er in der Vergangenheit bereits fast alles getötet hat, was geht und kriecht. Damit ist ihm ihre Aufmerksamkeit sicher.
Welche Antwort hatte Thorne von ihm erwartet, als er all die Namen herunterspulte? Monahan, der korrupte Gefängnisaufseher, und das Mädchen, in das Thorne ganz offensichtlich verknallt gewesen war. In Ordnung, Kumpel, trinken wir aus, und dann können Sie mich in einen Flieger nach Hause setzen, damit ich die Suppe auslöffle?
Wahrscheinlich hatte er es nur darauf abgesehen gehabt, seine Reaktion zu beobachten, eine Schwachstelle zu entdecken oder so etwas.
Tja, da konnte er lange warten, genau wie alle anderen auch.
Eastwood erschießt den Besitzer der Bar, doch Gene Hackman weiß, dass Eastwood nur noch eine Patrone übrig hat, und ist deshalb nicht besonders beunruhigt. Dann die klassische Ladehemmung, alles geht drunter und drüber, und nachdem Eastwood Hackman erschossen hat, holt er sich in aller Seelenruhe etwas zu trinken. Sagt, er habe immer Glück gehabt, wenn es darum gehe, andere zu töten.
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