Tom Thorne 10 - Tödlicher Verdacht
Glastisch lag.
»Wohnungsgenossenschaft«, sagte sie. »Kate hat sie gefunden.«
Thorne nickte. Ihrer Stimme war noch anzuhören, dass sie in einem Arbeiterklasse-Elternhaus in Essex aufgewachsen war. Genau genommen war es sogar deutlicher zu hören als früher, das Ergebnis eines Jahrzehnts hinter Gittern, wo sie vorgegeben hatte, stärker zu sein, als sie in Wirklichkeit war. Er dachte an das letzte Mal, als er diese Frau zu Hause besucht hatte, in einem Anwesen im Pseudo-Tudor-Stil in einer ländlichen Gegend von Hertfordshire. »Hier drin würden Sie nicht mal Ihre alte Küche unterbringen«, stellte er fest. Er erinnerte sich an das Echo und an die glänzenden, staubfreien Oberflächen. »Ich habe in meinem ganzen Leben noch nie so viel Marmor gesehen.«
Donna stieß eine Rauchfahne aus und warf das Einwegfeuerzeug auf den Tisch. »Ich habe in dieser Küche ungefähr dreimal gekocht«, sagte sie. »Wusste nie, wo was ist.«
»Was ist aus dem Haus geworden?«
»Weg. Wie alles andere auch.«
»Ja, klar.« Thorne setzte sich auf die Couch. Er erinnerte sich, dass Donna die Hauptbegünstigte im Testament ihres Mannes gewesen war, dass das eine Zeit lang als ihr Motiv betrachtet worden war, weshalb sie ihn hatte ermorden lassen wollen. Wie sich jedoch herausstellte, hatte es wesentlich weniger zu erben gegeben, als alle gedacht hatten. Der Großteil von Langfords Vermögen hatte aus Aktien bestanden, und die wenigen materiellen Wertsachen waren noch vor Donnas Verurteilung von der Agentur für Schwere und Organisierte Kriminalität beschlagnahmt worden. »Nicht viel übrig nach Ihrer Entlassung?«
»Mehr als genug«, erwiderte Donna. Sie zuckte mit den Schultern, griff nach einem großen Glasaschenbecher und zog ihn zu sich her. »Meine Prioritäten haben sich geändert.«
Kate rief aus der Küche und erkundigte sich, ob Thorne Zucker wolle. Er rief zurück und verneinte.
»Um ehrlich zu sein«, sagte Donna, »Sie haben ein bisschen zugenommen.«
»Tja.« Thorne lächelte wenig amüsiert. »Wir haben uns alle verändert.«
Auch sie war fülliger, als sie es zehn Jahre zuvor gewesen war, hatte ein aufgedunsenes Gesicht und Hängebacken, während ihr Haar, auf das sie, wie Thorne sich erinnerte, übertrieben stolz gewesen war, inzwischen grau und alles andere als gut frisiert war. Sie hatte noch immer die typische Gefängnisblässe, und abgesehen von ihrer Raucherei hatte sie sich ein Misstrauen angewöhnt, das Thorne schon bei vielen aufgefallen war, die ein paar Jahre Knast auf dem Konto hatten. Sie richtete den Blick alle paar Sekunden auf etwas anderes, die Schatten unter ihren Augen schwarzblau wie ein Bluterguss.
Sie hätte die Mutter der Frau sein können, die Thorne ein Jahrzehnt zuvor zum letzten Mal gesehen hatte.
»Ihre Majestät verpasst einem einen völlig neuen Look«, sagte Donna, die Thornes Gedanken offenbar gelesen hatte. Sie nickte mit dem Kopf in Kates Richtung, als sie mit drei Tassen und einer Schachtel Kekse zur Tür hereinkam. »Aber so krass ist es auch wieder nicht.«
Donna beugte sich grinsend vor, um ihre Zigarette auszudrücken. »Sie haben gedacht, sie wäre ich, oder?«
Thorne sah noch einmal hin und erkannte, dass Donnas Freundin mindestens zehn Jahre jünger war, als er sie zunächst geschätzt hatte, zehn Jahre jünger als Donna selbst. Außerdem fielen ihm die feinen blauen Linien auf, die sich aus dem Halsausschnitt ihres T -Shirts nach oben schlängelten. Er konnte gerade noch ein » D « und ein » O « erkennen und sich denken, wie die übrigen Buchstaben der Tätowierung lauteten. Auf den zweiten Blick erkannte er, dass sich die beiden Frauen überhaupt nicht ähnlich sahen. Was ihm bekannt vorgekommen war, war die Ähnlichkeit ihres Gesichtsausdrucks: Argwohn, Provokation, die Aufforderung, sich ein Urteil zu bilden.
Er hatte einfach nur eine ehemalige Gefangene in ihr erkannt.
Kate lächelte Thorne an, als sie ihm seinen Tee reichte, und die Aufforderung war diesmal noch deutlicher. »Donna und ich haben uns im Holloway-Gefängnis kennengelernt, vor ein paar Jahren.«
»Freut mich sehr für Sie«, sagte Thorne.
»Ich wurde vor neun Monaten entlassen. Habe das alles für uns arrangiert.«
»Wirklich hübsch.«
Kate beugte sich hinunter und nahm eine Zigarette aus der Schachtel auf dem Tisch. »Donna hat mir schon gesagt, Sie wären ein Wichser.«
»Tut mir leid, aber das schert mich einen Dreck«, erwiderte Thorne.
Kate zuckte mit den Schultern, als
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