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Tony Mendez 01 - Schwärzer als der Tod

Tony Mendez 01 - Schwärzer als der Tod

Titel: Tony Mendez 01 - Schwärzer als der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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verbergen. Tommy spürte ihren Zorn, als würde sie eisiger Lufthauch umwehen.
    »Kommt«, sagte sie und streckte die Hände nach ihnen aus. »Ich bringe euch nach Hause.«
    Mit seinen zehn Jahren betrachtete sich Tommy normalerweise als zu groß, um sich von einem Erwachsenen an
die Hand nehmen zu lassen. Er konnte sich nicht einmal mehr daran erinnern, wann seine Mutter ihn das letzte Mal an die Hand genommen hatte. Im Kindergarten vielleicht. Aber im Augenblick kam er sich nicht besonders groß vor, und er nahm Miss Navarres Hand und hielt sich daran fest, als sie Wendy und ihn von diesem schrecklichen Ort wegführte. Aber das Bild nahm Tommy mit, es hatte sich ihm eingebrannt, und bei dem Gedanken, dass er es vielleicht nie wieder loswerden würde, wurde ihm ganz schlecht.

4
    Anne Navarre spürte, wie sie innerlich zitterte, als sie sich von Frank Farman und dem Grab mit der Leiche abwandte, über das ihre Schüler gestolpert waren - zum einen zitterte sie vor Entsetzen darüber, was sie gerade gesehen hatte, zum anderen vor Zorn auf Frank Farman. Er war zu beschäftigt, um mit ihr zu sprechen. Um seinen Sohn würde er sich kümmern, sobald er die Zeit dazu fand - als glaubte er, es wäre egal, wenn er seinen Sohn bei der Exhumierung einer Leiche zusehen ließ. Arschloch.
    Sie kannte Farman von einem Elternabend her. Er gehörte zu den Männern, die nichts außer der eigenen Meinung gelten ließen, und hätte eher bis zu seinem letzten Atemzug darauf beharrt, die Sonne gehe im Westen auf, als einer Frau recht zu geben.
    Wie ihr Vater.
    Im Augenblick konnte sie der Ursache für ihr Zittern jedoch nicht weiter auf den Grund gehen: Sie hatte ein Mordopfer gesehen - eine Frau, die umgebracht und verscharrt worden war wie irgendwelcher Müll -, und sie wusste, dass ihre Schüler das Gleiche gesehen hatten.

    Sie brachte Wendy und Tommy zurück zur Schule, wo sie sie ins Lehrerzimmer setzte und ihre Eltern anrief.
    Anne erzählte Wendys Mutter nur das Nötigste. Sie sagte lediglich, es habe im Park einen Zwischenfall gegeben und sie würde Wendy nach Hause bringen.
    Bei den Cranes meldete sich ein Anrufbeantworter. Sie hinterließ die gleiche Nachricht, ohne auf Einzelheiten einzugehen.
    Während der Fahrt blieben die Kinder still. Sie wusste nicht, was sie zu ihnen sagen sollte. Das alles wieder gut werden würde? Ihr Leben hatte gerade einen tiefen Einschnitt erfahren. So viel stand fest. Noch auf Jahre hinaus würden sie in ihren Träumen das Gesicht einer toten Frau sehen.
    Anne durchforstete ihr Gedächtnis nach irgendwelchen Ratschlägen. Von ihrem Studium der Kinderpsychologie schien nicht viel hängen geblieben zu sein. Sie hatte ihre Diplomarbeit nie fertig geschrieben, hatte nie in einer Klinik oder Praxis gearbeitet. Für eine Situation wie diese fehlte ihr der Hintergrund. Fünf Jahre Unterricht in der fünften Klasse hatten sie auf so etwas nicht vorbereitet.
    Vielleicht hätte sie versuchen sollen, sie zum Sprechen zu bringen, damit sie ihre Gefühle herausließen. Vielleicht hatte sie zu viel damit zu tun, sich nicht von ihren eigenen Gefühlen überwältigen zu lassen.
    Sara Morgan wartete vor der Haustür, als Anne in die Einfahrt bog. Wendys Mutter war eine große und durchtrainierte erwachsene Version ihrer Tochter mit kornblumenblauen Augen und einer dichten blonden Mähne. Sie trug ein blaues T-Shirt und eine ausgeblichene Jeans-Latzhose mit aufgerollten Beinen, unter denen weiße Socken mit Spitzenrand zu sehen waren. In ihren Augen standen Tränen, und sie wirkte verstört.
    »O Gott«, sagte sie, als Anne und Wendy ausstiegen.
»Mein Nachbar hat mir erzählt, dass im Park jemand ermordet wurde. Er ist fünfundachtzig und sitzt im Rollstuhl und hört den ganzen Tag Polizeifunk«, plapperte sie drauflos. »War Wendy dort? Hat sie gesehen, was passiert ist? Wendy!«
    Sie kniete sich hin, und Wendy lief zu ihr und ließ sich in den Arm nehmen.
    »Geht’s dir gut, Schätzchen?« Sie suchte das Gesicht ihrer Tochter nach irgendwelchen Verletzungen ab.
    »Wir sind gerannt, und dann sind wir einen Abhang runtergefallen und dann - und dann …« Wendy rang nach Luft. »Tommy ist direkt auf sie draufgefallen! Er ist direkt auf eine tote Frau draufgefallen! Es war so gruselig!«
    »O Gott!«
    »Und Dennis hat dauernd versucht, sie anzufassen. Er ist so ekelhaft!«
    Sara blickte zu Anne hoch. »Wer war sie? Wie wurde sie … Wurde sie erschossen - oder was?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte Anne. »Es wird

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