Tony Mendez 02 - Eine verräterische Spur
einen Mercedes wert sein.
Auf den saftig grünen Weiden um den blau glitzernden Teich grasten die zotteligen Rinder der Bordains. Unter den Pfefferbäumen liefen exotisch aussehende Hühner mit phantastischen Federbüscheln auf dem Kopf herum und pickten gackernd nach Körnern, als Mendez durch das Tor bog und die Zufahrt hinauffuhr.
Milo Bordain, im Garten-Outfit und mit einem riesigen Strohhut auf dem Kopf, beschnitt gerade ihre Rosen, sie wirkte ruhig und entspannt. In Anbetracht der Umstände hätte Mendez etwas anderes erwartet. Sie blickte kaum auf.
»Natürlich wusste ich Bescheid«, sagte sie und zwickte eine verblühte lachsfarbene Rosenblüte ab. »Ich bin schließlich nicht von gestern, Cal. Ich weiß, dass solche Dinge passieren. Ich kenne die Männer.«
»Und es hat Ihnen nichts ausgemacht, Schweigegeld an Marissa Fordham zu zahlen?«
»Ich habe es nie als Schweigegeld betrachtet. Ich habe es als Investition betrachtet. Es war schließlich nicht so, dass Marissa dieser Welt nichts zu geben hatte. Sie war eine begnadete Künstlerin.«
»Die zufällig das uneheliche Kind Ihres Sohnes zur Welt gebracht hatte«, sagte Mendez.
Sie streifte ihn mit einem Blick, als wäre er eine besonders lästige Schmeißfliege, die ihr um den Kopf brummte. »Ich habe Ihnen bereits gesagt, dass Haley wie eine Enkelin für mich ist.«
»Was sie ja auch ist.«
»Nachdem jetzt ihre Geburtsurkunde aufgetaucht ist, habe ich bereits mit unserem Rechtsanwalt gesprochen und ihn gebeten, die nötigen Schritte für eine Adoption einzuleiten. Wir hängen das natürlich nicht an die große Glocke. Es muss ja nicht jeder wissen, unter welchen Umständen Haley geboren wurde.«
»Diese Neuigkeit könnte Darrens politischer Karriere schaden«, sagte Dixon.
Milo Bordain lachte. »Sie würden nicht glauben, wie viele einflussreiche Politiker in diesem Staat ein oder zwei uneheliche Kinder haben, Cal.«
»Und wie viele haben einen schwulen Liebhaber?«, fragte Mendez.
Jetzt wandte sie sich ihm zum ersten Mal direkt zu, nicht ohne vorher die Krallen auszufahren. »Mein Sohn ist nicht schwul«, fauchte sie, »und falls Sie Ihre Ermittlungen in diese Richtung fortsetzen, dann werden mein Mann und ich sowohl Sie persönlich als auch das Büro des Sheriffs wegen Verleumdung und übler Nachrede verklagen.«
»Sie würden lieber glauben, dass Darren Marissa umgebracht hat, als dass er die Gesellschaft von Männern bevorzugt?«
»Darren hat Marissa nicht umgebracht. Dazu hatte er keinen Grund. Genauso wenig wie Marissa einen Grund hatte, jemanden zu erpressen. Es wurde bestens für sie gesorgt.«
»Ich habe gehört, dass sie die Nase voll davon hatte, unter Ihrer Fuchtel zu stehen«, sagte Mendez. »Dass sie vielleicht nicht länger die Tochter sein wollte, die Sie nie hatten.«
»Unsinn. Marissa war Künstlerin. Künstler haben ihre Eigenheiten. Vielleicht hat sie meine leitende Hand nicht immer zu schätzen gewusst, aber das Ergebnis dafür umso mehr«, sagte Milo Bordain. »Ich habe sie mit den richtigen Leuten bekannt gemacht, ihre Arbeiten einem Publikum vorgestellt, zu dem sie allein nie Zugang gefunden hätte.«
»Und das haben Sie ihr sicher bei jeder sich bietenden Gelegenheit unter die Nase gerieben«, sagte Mendez.
Milo Bordain sah verärgert Dixon an. »Warum lassen Sie zu, dass er mir dauernd solche Dinge unterstellt, Cal?«
»Das ist sein Job.«
Die Antwort gefiel ihr nicht. An ihr war eine Königin verloren gegangen, dachte Mendez. Zu einer Zeit, als Königinnen ihre Untertanen noch enthaupten lassen konnten – so wie Marissa Fordham. »Vielleicht war es ja auch so, dass Sie die Nase voll von ihr hatten«, sagte er. »Sie war aufsässig. Sie zeigte nicht die angemessene Dankbarkeit für all das, was Sie für sie getan haben. Sie kannte all die Geheimnisse der Bordains.«
»Das ist lächerlich!«, sagte sie, und ihre Augen füllten sich mit Tränen. Sie wandte sich an Dixon. »Ich habe Marissa geliebt!«
»Nicht so sehr, dass Ihr Sohn sie hätte heiraten dürfen«, legte Mendez nach.
»Marissa wollte nicht heiraten! Sie hatte ihre Kunst, sie hatte Haley. Sie war mit ihrem Leben zufrieden! Ich bin zutiefst erschüttert von dem, was ihr widerfahren ist. Ich weiß nicht, wer sie umgebracht hat, aber ganz bestimmt weder ich noch mein Mann noch mein Sohn! Haben Sie schon vergessen, dass ich ebenfalls bedroht wurde?«, fragte sie. »Jemand hat mir mit der Post dieses – dieses Paket geschickt! Jemand hat versucht, mich
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