Top Secret 1 - Der Agent (German Edition)
Krawatte aus und sah erst sie an und dann die von Lloyd. Sie hatte nicht die gleiche Farbe. Keine der anderen Krawatten hatte diese Farbe.
»Was ist das für eine Krawatte?«, fragte James.
»Die gute Nachricht, Waisenjunge, ist, dass du eine Krawatte der West-Road-Schule abgekriegt hast«, klärte ihn Lloyd auf. »Die schlechte Nachricht ist, dass es die der West-Road-Mädchenschule ist.«
James lachte mit den anderen. Diese Jungen schienen in Ordnung zu sein. Dennoch war er sauer auf Kyle, dass der ihn hereingelegt hatte.
Mittags ging James zurück, um die Therapeutin zu treffen. Ihr Büro lag im zweiten Stock des Nebraska-Waisenhauses. Überall wucherten Kletterpflanzen. Jennifer Mitchum, die Beraterin, hatte Klasse, war allerdings kaum größer als James. An ihren Händen traten die Venen hervor und sie klang ziemlich hochgestochen.
»Würdest du lieber im Sessel sitzen oder auf der Couch liegen?«
James hatte viele Psychiater-Szenen im Fernsehen gesehen und glaubte, nur die Couch könnte die volle Wirkung garantieren.
»Cool«, meinte er, als er sich hinlegte. »Hier könnte ich die ganze Nacht schlafen.«
Jennifer ging langsam durch das Zimmer und ließ die Jalousien herunter, sodass es fast dunkel war. Dann setzte sie sich.
»Ich möchte, dass du dich bei mir entspannst, James. Alles, was du sagst, bleibt unter uns. Wenn du etwas sagst, versuche nicht, das Richtige zu sagen, sondern sag einfach, was du wirklich denkst. Und denk daran, dass ich da bin, um dir zu helfen.«
»O.K.«
»Du sagst, du könntest auf der Couch einschlafen. Hast du letzte Nacht gut geschlafen?«
»Nicht wirklich. Ich musste an zu vieles denken.«
»An was denkst du am meisten?«
»Ich frage mich, ob meine kleine Schwester O.K. ist.«
»Die Akte sagt, du bezweifelst, dass Ron in der Lage ist, sich um Lauren zu kümmern.«
»Er ist ein Schwachkopf«, erwiderte James. »Er könnte sich nicht einmal um einen Hamster kümmern. Ich weiß gar nicht, was er mit ihr will.«
»Vielleicht liebt er Lauren und konnte das nur nicht richtig ausdrücken, solange deine Mutter noch gelebt hat.«
James lachte. »Das ist kompletter Unsinn. Sie sollten ihn sehen, dann verstehen Sie das.«
»Wenn du Lauren regelmäßig siehst, hilft das euch beiden, euch besser zu fühlen.«
»Ja, aber das wird nicht passieren.«
»Ich werde mit Ron reden und versuchen, einen Terminplan für die Treffen aufzustellen. Vielleicht kannst du mit Lauren jeden Samstag verbringen.«
»Sie können es versuchen, aber Ron hasst mich abgrundtief. Ich glaube nicht, dass er mich Lauren sehen lässt.«
»Was ist mit deiner Mutter? Was empfindest du, wenn du an sie denkst?«
James zuckte mit den Schultern. »Sie ist weg. Da kann ich nichts machen, oder? Ich wünschte mir, ich wäre besser gewesen, solange sie noch am Leben war.«
»In welcher Beziehung?«
»Ich hatte ständig Schwierigkeiten. Schlägereien und so.«
»Und wie bist du in diese Schwierigkeiten geraten?«
James musste nachdenken.
»Ich weiß nicht. Ich mache immer so blöde Sachen, ohne nachzudenken. Ich glaube, ich bin ein schlechter Mensch.«
»Die erste Frage, die ich dir gestellt habe, war, an was du am häufigsten denkst. Du hast gesagt, du sorgst dich um deine Schwester. Würde ein schlechter Mensch nicht immer zuerst an sich selber denken?«
»Ich liebe Lauren... Kann ich Ihnen etwas sagen?«
»Natürlich, James.«
»Letztes Jahr in der Schule... Ich habe mich mit einem Lehrer gestritten und bin rausgerannt auf die Toilette. Da war dieser Junge aus einer Klasse unter mir. Ich habe ihn verprügelt. Er hat kein Wort gesagt. Ich bin einfach auf ihn losgegangen.«
»Warst du dir zu diesem Zeitpunkt bewusst, dass das, was du getan hast, schlecht war?«
»Klar wusste ich, dass es schlecht ist, jemanden zu verprügeln.«
»Warum hast du es dann getan?«
»Weil ...« James brachte es nicht fertig, die Wahrheit zu sagen.
»Als du diesen Jungen geschlagen hast, wie hast du dich da gefühlt?«
»Es war ein geiles Gefühl«, stieß James hervor. »Er hat sich die Augen ausgeheult und ich fühlte mich fantastisch.«
Er sah Jennifer an, um zu sehen, ob sie geschockt war, doch sie verzog keine Miene.
»Was glaubst du, warum hat es dir Freude gemacht?«
»Hab ich doch schon gesagt. Ich bin krank im Kopf. Irgendjemand kommt mir blöd und ich raste aus.«
»Versuch mal, mir die Person zu beschreiben, die du verletzt hast.«
»Ich habe ihn niedergemacht. Er konnte nichts tun, egal, wie weh
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