Top Secret 1 - Der Agent (German Edition)
kaum erwarten, sein Gesicht zu sehen.«
»Jetzt macht er uns das Leben erst recht zur Hölle«, stöhnte Kerry.
21.
Die sechs Schüler und drei Übungsleiter waren auf dem Weg nach Malaysia zum letzten Teil der Grundausbildung. James war zuvor erst ein Mal geflogen, acht Stunden nach Orlando in den Urlaub, mit hunderten von unruhigen Kindern und brüllenden Eltern. Diesmal saßen sie in der Businessclass.
Nicht einmal mit den Zehen konnte James den Sitz vor sich erreichen. Die weichen Sessel hatten hochklappbare Bildschirme für Nintendo-Spiele und Filme und auf Knopfdruck konnte man sie zu einer Liege nach hinten kippen. Vor dem Start verteilte die Stewardess Sandwiches und Fruchtsaft. Es wäre unter allen Umständen toll gewesen. Nach den dreizehn harten Wochen, die hinter ihm lagen, kam es James jedoch ganz einfach himmlisch vor.
Der Jumbo erreichte hinter Heathrow seine Flughöhe und die Anschnallzeichen erloschen. James hing im Sessel, die Kopfhörer auf den Ohren, und zappte durch die verschiedenen Musikkanäle, bis er auf Elton Johns Song »Rocket Man« stieß. Seine Mutter hatte Elton John gern gehört. James fühlte sich schuldig, weil er kaum an sie gedacht hatte, seit er bei CHERUB war.
Plötzlich flog Kerrys Socke über die Trennwand zwischen den Sitzen und landete in seinem Schoß. Als sie die Wand herunterließ und ihm den Kopfhörer wegnahm, sah er auf.
»Was soll das?«, fragte er.
»Du wolltest doch wissen, wie lange der Flug dauert. Schau im Fernseher auf Kanal fünfzig nach.«
James betätigte die Fernbedienung, und auf dem Bildschirm erschien eine blaue Karte, auf der links London und rechts Kuala Lumpur markiert war. Alle paar Sekunden schaltete die Ansicht zu einer Reihe von Zahlen um, die unter anderem Informationen über die Reisedistanz, die Geschwindigkeit in der Luft, die Außentemperatur und die Ankunftszeit enthielt.
»Dreizehn Stunden und acht Minuten«, las James. »Cool. Ich glaube, ich könnte gerade so lange schlafen.«
Kerry sah ihn enttäuscht an.
»Können wir nicht >Mario Kart< spielen?«, fragte sie.
»Ein paar Runden vielleicht. Ich schlaf dann eben nach dem Essen.«
»Wir wünschen Ihnen einen angenehmen Aufenthalt in Malaysia«, begrüßte sie das Schild an der Automatiktür des Flughafens. Als die Tür auf glitt, schwang sich James seinen Rucksack über die Schulter und nahm den ersten Atemzug im Freien. Der Bildschirm im Flugzeug hatte bei der Landung vierzig Grad Celsius angezeigt. James wusste, dass das heiß war, aber diese Backofenhitze überstieg seine kühnsten Vorstellungen.
»Stell dir mal vor, in dieser Hitze zu laufen«, sagte Kerry.
Connor und Gabrielle gingen hinter ihnen.
»Es wird wohl nicht lange dauern, bis aus dieser Vorstellung Wirklichkeit wird«, meinte Gabrielle.
Large, in Shorts und einem Hawaiihemd, führte die Gruppe über verstopfte Fahrbahnen zu einem Shuttlebus. Speaks zählte einige Banknoten aus einem Bündel ab und reichte sie dem Fahrer, während die anderen mit ihrem Gepäck nach hinten kletterten.
Sie ordneten sich in den fließenden Verkehr ein und fuhren etwa eine halbe Stunde über breite, leere Straßen auf den Feierabendverkehr zu. Es war wie in jeder anderen modernen Großstadt. Nur die breiten Wasserablaufkanäle und ein paar Palmen im Betonpflaster verrieten, dass sie sich in den Tropen befanden.
Seit drei Monaten hatte James lediglich Kontakt zu den anderen fünf Schülern gehabt. Viel unterhalten hatten sie sich nicht. Wenn man eine halbe Stunde übrig hatte, vergeudete man sie nicht damit, sich zu unterhalten: Man schlief. Die wenigen Gespräche, die sie geführt hatten, bestanden meist aus bissigen Bemerkungen über die Ausbildung während der Mahlzeiten.
Die Ausbilder bestraften immer gleich alle für die Fehler eines Einzelnen, daher hatten sie einen sechsten Sinn dafür entwickelt, die Schwächen der anderen zu verheimlichen. Vor einer längeren Schwimmstrecke konnte James sicher sein, dass Kerry und Shakeel in seiner Nähe blieben, um ihm zu helfen, wenn er die Nerven verlor. Wenn Kerrys Knie schmerzte, trugen sie abwechselnd ihre Sachen. Mo war schmächtig und brauchte Hilfe beim Klettern und Heben. Sie alle waren aufeinander angewiesen.
Um das viertägige Überlebenstraining machte James sich keine großen Sorgen. Er wusste, dass es hart werden würde, aber so war es vom ersten Tag an immer gewesen. Das Training hatte seinen Zweck erfüllt: Erschöpfung und Gefahren konnten James nicht mehr
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