Top Secret 1 - Der Agent (German Edition)
Ich wollte, ich könnte nach Hause gehen, warm duschen und mich mit meinen Freunden treffen.«
Joanna lächelte.
»Warum bist du dann hier bei deiner Tante?«
»Lange Geschichte. Meine Eltern lassen sich scheiden. Mum ist am Durchdrehen. Und ich bin von der Schule geflogen.«
»Das heißt, du siehst gut aus und bist ein Rebell«, stellte Joanna fest.
James war froh, dass es schon ziemlich dunkel war, denn er spürte, wie er rot wurde.
»Willst du den letzten Zug, Ross?«, fragte Joanna.
»Nein danke.«
Joanna schnippte die Zigarettenkippe in die Dunkelheit.
»Ich hab dir gerade ein Kompliment gemacht«, sagte sie.
»Ja.«
Joanna lachte.
»Krieg ich auch eins?«, fragte sie.
»Oh, sicher«, stotterte James. »Du bist wirklich... nett.«
»Gibt’s nichts Besseres als nett?«
»Schön«, fand James. »Du bist schön.«
»Das kommt schon eher hin«, stellte Joanna fest. »Willst du mich küssen?«
»Äm, O.K.«
Er war nervös. Bisher hatte er noch nie den Mut gehabt, sich mit einem Mädchen zu verabreden, und jetzt sollte er auf einmal eines küssen, das er erst seit drei Minuten kannte? Er küsste Joanna schnell auf die Wange. Sie drückte ihn gegen den Baum und küsste sein Gesicht und seinen Hals. Ihre Hand fuhr in James’ hintere Hosentasche, doch plötzlich fuhr sie zurück.
»Was denn?«, fragte James, der gerade begonnen hatte, Gefallen an der Sache zu finden.
»Ein Polizeiwagen«, sagte Joanna. »Versteck mich irgendwo!«
Ein paar hundert Meter hügelabwärts sah James einige Polizisten aus einem Wagen mit blinkendem Blaulicht steigen.
»Bist du von zu Hause abgehauen oder so?«, fragte er.
»Erst verstecken, dann fragen!«
James führte Joanna den Hügel hinauf. Die Polizisten kamen in dieselbe Richtung. Sie schienen freundlich zu sein und hielten ein paar Mal an, um sich mit den Leuten zu unterhalten. James öffnete das Vorhängeschloss an Cathys Hütte und kletterte hinein. Joanna knallte die Tür hinter sich zu.
»Was ist denn los?«, fragte James.
»Sieh mal raus und sag mir, was die Polizisten tun«, bat Joanna.
James ging zum Fenster.
»Ich kann nur einen von ihnen sehen«, sagte er. »Er redet mit jemandem.«
»Was sagt er?«
»Er ist zwanzig Meter entfernt und es ist dunkel. Soll ich von seinen Lippen ablesen? ... Warte ... Der Typ, mit dem er redet, zeigt auf diese Hütte.«
»Ich krieg tierisch Ärger!« Joannas Stimme klang hysterisch.
»Warum?«
»Eigentlich sollte ich bei einer Freundin übernachten, aber wir sind stattdessen hierher gekommen.«
»Und wo ist deine Freundin?«, fragte James.
»Sie hat ihren Freund getroffen und mich allein gelassen.«
»Aber warum sucht die Polizei nach dir?«
Die Tür der Hütte öffnete sich und ein Polizist leuchtete Joanna mit der Taschenlampe ins Gesicht.
»Hallo, Daddy«, sagte Joanna.
»Du machst besser, dass du hier rauskommst, junge Dame. Ich bringe dich nach Hause. Und was dich angeht ...«
Der Polizist leuchtete James mit der Lampe an.
»Ich weiß nicht, was ihr beide vorhattet, aber du lässt besser die Finger von ihr!«
James sah, wie er Joanna zum Polizeiauto brachte. Es war ihm nicht danach, wieder rauszugehen. Er zündete die Gaslampe an, nahm seine Packung Marsriegel und goss sich ein Glas lauwarmer Milch ein.
»Ich habe gehört, du hast versucht, Sergeant Ribbles Tochter rumzukriegen«, sagte Cathy.
Sie wirkte angetrunken.
»Ich habe sie fünf Minuten, bevor ihr Vater aufkreuzte, kennen gelernt«, erwiderte James. »Wir haben uns nur ein Mal kurz geküsst.«
»Sagst du, Weiberheld«, sagte Cathy.
Sie kniff James in die Wange und lachte. Das hatte niemand mehr getan, seit er fünf Jahre alt gewesen war.
»Es ist schön, euch hier zu haben«, fand Cathy. »Das bringt Leben in die Bude.«
»Ich dachte, du wolltest uns nicht«, sagte James.
»Ich war schockiert. Aber nach dreißig Jahren wird es hier langweilig.«
»Warum ziehst du nicht weiter?«
»Wenn ihr zwei geht, mach ich das vielleicht«, meinte Cathy. »Ich verkaufe diesen Riesenwagen und reise ein bisschen. Was dann kommt, weiß ich noch nicht. Vielleicht versuch ich zur Abwechslung mal, eine Wohnung und einen Job zu bekommen. Ich werde zu alt, um hier in der Gegend Geld zusammenzukratzen.«
»Was für einen Job?«, fragte James.
Cathy lachte. »Weiß der Himmel. Ich glaube nicht, dass die Leute Schlange stehen, um fünfzigjährige Frauen einzustellen, die zuletzt 1971 gearbeitet haben.«
»Was war das?«
»Ich habe im Laden der
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