Top Secret 1 - Der Agent (German Edition)
machen?«, fragte James.
»Früher hatten wir hier eine Schule. Die Eltern unterrichteten abwechselnd. Irgendwann stritten alle nur noch darüber, wer die Kinder letztendlich unterrichten sollte.«
»Hier waren alle sehr nett zu mir«, fand James. »Aber ich verstehe nicht, warum die Leute hier leben wollen.«
Gladys hob den Zeigefinger. »Diese Frage stelle ich mir seit einiger Zeit selbst. Zu Anfang verhieß Fort Harmony Freiheit und Spaß für ein paar junge Leute. Als die Polizei uns vertreiben wollte, setzten wir ein Zeichen: Ein paar Nobodys konnten sich gegen die Regierung stellen und damit durchkommen. Aber was sind wir heute? Ein angesagter Campingplatz für Rucksacktouristen. Die Hälfte der Leute, die hier leben, putzen und kochen in diesem dämlichen Konferenzzentrum für die reichen Geschäftsleute.«
James war erstaunt. »Warum bleiben Sie dann?«
»Kannst du ein Geheimnis für dich behalten, Ross?«, fragte Gladys.
»Ich glaube schon.«
»Im September erscheint mein zweites Buch. Das sollte mir genug einbringen, dass ich mir ein Haus in einer wärmeren Gegend kaufen kann. Ich werde Joshua mitnehmen und die anderen können sich um Fort Harmony streiten.«
»Ich habe Ihr erstes Buch gelesen«, sagte James. »Es ist interessant.«
Gladys sah ihn überrascht an. »Ich hätte dich nicht für einen Bücherwurm gehalten, Ross.«
James hätte sich ohrfeigen können, dass er das verraten hatte. Zwanzig Jahre alte Memoiren über das Kommunenleben gehören nicht unbedingt zur Standardlektüre eines Zwölfjährigen.
»Cathy hat eines«, stammelte er und hoffte, dass das stimmte. »Und hier gibt es kein Fernsehen.«
»Gott sei Dank«, lächelte Gladys.
»Mir gefiel die Stelle, wo ihr euch alle vor der Polizei in den Tunneln versteckt und versucht habt, die Kinder ruhig zu halten. Das muss schrecklich gewesen sein.«
»Ich hätte die Jungen nie mit unter die Erde nehmen dürfen. Joshua war der begabteste von allen, und jetzt ist er glücklich, wenn er ein paar Stunden am Tag Gemüse putzt.«
»Ich schätze, die Tunnel sind alle verschüttet«, meinte James.
»Ein paar Teile davon gibt es noch. Aber ich würde darin nicht spielen, Ross, sie sind nicht sicher.«
»Keine Angst, ich gehe da nicht rein. Ich habe nur nichts davon gesehen.«
»Das liegt daran, dass das Lager verlegt wurde. Anfangs waren wir am Fuß des Hügels an der Straße. Aber die Haupthütte stand manchmal einen Meter unter Wasser, daher sind wir hier heraufgezogen, wo das Wasser besser abläuft.«
James steckte den Kopf zur Tür von Bungles Hütte herein. Er trank gerade Kaffee mit Fire, World und Scargill. Gregory spielte mit Spielzeugautos auf dem Bett seiner Eltern.
»Ich wollte nur Hallo sagen«, sagte James. »Ich geh wieder, wenn ich störe.«
Bungle lachte. »Du bist zu höflich, Ross. Setz dich! Willst du Kaffee oder Tee?«
»Tee«, sagte James.
Er setzte sich auf den Boden. Er vermutete, dass die Dunns und Bungle in eine tiefsinnige politische Diskussion verstrickt waren, doch in Wirklichkeit diskutierten sie gerade aus, ob Julia Roberts mehr Sexappeal hatte als Jennifer Lopez. Gregory nahm sich ein Buch und setzte sich auf James’ Schoß.
»Züge«, erklärte er.
James öffnete das Buch vor Gregory. Der Kleine nannte ihm die Farben aller Züge im Buch, und James gab vor, beeindruckt zu sein. Bungle verteilte Marmeladenkringel, und Gregory fand es witzig, seinen Kringel in James’ Tee zu tauchen, vor allem wenn ein Stück davon abbrach.
»Ich fahre mit den Jungs in die Stadt und hole Eleanor aus dem Dorf ab«, sagte Bungle. »Könntest du eine Stunde auf Gregory aufpassen?«
»Kein Thema«, meinte James.
»Falls es Probleme gibt, auf dem Tisch liegt ein Handy und hier sind viele Erwachsene. Meine Nummer ist in der Kurzwahlliste.«
James war zufrieden. Jetzt konnte er Fotos von Bungles Hütte schießen und herumstöbern. Sein Entschluss, nicht zur Schule zu gehen, kam ihm ziemlich schlau vor.
35.
Nach dem Mittagessen verließ James Fort Harmony. Er rannte ein paar Kilometer, prüfte, ob niemand in der Nähe war, und wartete auf Ewart, der wie ein Geschäftsmann ohne seine Ohrringe, dafür aber in einem Nadelstreifenanzug mit Krawatte und mit einem BMW aufkreuzte.
»Netter Aufzug«, lachte James.
»Ich muss mich dem Publikum von Green Brooke anpassen.«
Ewart fuhr ein paar Kilometer und parkte in der Zufahrt zu einem Bauernhof.
»Also, was hast du?«, fragte er.
James gab ihm den Speicherchip seiner
Weitere Kostenlose Bücher