Top Secret 9 - Der Anschlag (German Edition)
um zwölf Uhr der Showdown zwischen Fahim, seiner Mutter und dem Direktor nicht gut lief, konnte es sein, dass er diese Uniform heute zum letzten Mal trug.
Er band sich seine Armbanduhr um und trat durch eine zweiflügelige Tür auf einen mit dickem Teppich ausgelegten Gang, der über die prachtvolle Eingangshalle des Hauses führte. Unten sah man glänzenden Marmor und über sich eine kleine Kuppel.
Er genoss den schwingenden Boden unter den Füßen, als er die gewundene Treppe ins Erdgeschoss hinunterging. Unten polierte Sylvia, die Putzfrau, in einem blauen Kittel die Marmorfliesen auf Händen und Knien. Sie hatten zwar auch eine Maschine dafür, aber Fahims Dad konnte den Lärm nicht ausstehen.
»Guten Morgen, Fahim«, begrüßte ihn die Frau mit schwerem schottischem Akzent.
Er hatte ihre junge polnische Vorgängerin lieber gemocht, aber die hatte sein Vater entlassen, nachdem er sie erwischt hatte, wie sie mit ihrem Freund in Warschau telefonierte.
»Ich habe in meinem Klo einen Streifen hinterlassen«, grinste Fahim frech. »Viel Spaß damit!«
Sylvia schüttelte den Kopf, machte Fahim aber keine Vorwürfe wegen seines Verhaltens. Das hatte er von seinem Vater. Hassam Bin Hassam erwartete von der Putzfrau, dass sie unbezahlte Überstunden machte, obwohl er in einem Haus für drei Millionen Pfund wohnte und zwei BMWs und einen Bentley in der Garage stehen hatte.
Fahim wäre gerne auf Socken in die Küche geschlittert, aber er hatte sowieso schon Ärger in der Schule, daher war es besser, zu Hause nicht allzu fröhlich aufzutreten.
»Mum!«, rief er, als er die Küche betrat und sie leer vorfand. »Mum, ich verhungere!«
Die Küche war über zehn Meter lang und hatte schicke schwarze Schränke und Arbeitsflächen aus Granit. Fahim zog die Tür eines riesigen Kühlschrankes auf, der mehr gekostet hatte als eine normale Familienkutsche.
Erfreut entdeckte er darin eine Packung der Pfannkuchen, die er so gerne mochte. Er legte ein paar davon auf einen Teller, machte sie dreißig Sekunden lang in der Mikrowelle warm, spritzte Schokoladensoße darüber und fügte ein paar überreife Erdbeeren dazu.
Dann setzte er sich an die Frühstückstheke und griff nach der Fernbedienung für den Monitor an der Wand. Wie üblich hatte sein Vater den Nachrichtensender Al Jazeera als Letztes eingeschaltet. Fahim wollte eigentlich nach einem Zeichentrickfilm suchen, aber die Bilder des versunkenen Flugzeuges faszinierten ihn. Er drehte den Ton lauter und schrak zurück, als er die Worte las, die unter den Bildern über den Monitor liefen.
Wie der Sprecher der britischen Regierung mitteilte, macht die zeitliche Nähe des Anschlags zum sechsten Jahrestag von 9/11 die Beteiligung von Terroristen sehr wahrscheinlich.
An der Warrender Prep gab es keine anderen Araberjungen, und egal, wie oft Fahim auch erklärte, dass das Bin in seinem Namen lediglich »Sohn von« bedeutete und damit genauso ein Name war wie Johnson oder Stevenson, konnten seine Schulkameraden nicht widerstehen, ihn Bin Laden zu nennen. Sie machten Witze darüber, dass er Sprengstoff in seiner Brotdose hatte, und weigerten sich, auf Schulausflügen neben ihm zu sitzen, weil er sich ja in die Luft sprengen könnte. Und der Flugzeugabsturz machte das bestimmt nicht besser.
Fahim stellte den Pfannkuchenteller in die Geschirrspülmaschine und ging in den Anbau, wo sein Vater arbeitete. Dieser Teil des Hauses sah aus wie ein normales Bürogebäude mit Teppichfliesen, Neonröhren und zwei Büros: eines für seinen Vater und eines für seinen Onkel Asif.
Als er sich der Tür näherte, konnte Fahim hören, wie sich seine Eltern stritten.
»Wie kannst du dir da so sicher sein?«, schrie Hassam.
»Ich mache deine Buchhaltung und die Kalkulationen«, erwiderte Yasmin Hassam kühl. »In deinem System gibt es Rechnungen von Anglo-Irish Airlines.«
»Ich habe ein Containerfracht-Unternehmen«, erwiderte Hassam und schlug mit der Hand auf den Tisch, während sein Sohn vom Gang aus zuhörte. »Wir bekommen täglich Rechnungen von hundert Gesellschaften!«
»Es wird eine Untersuchung geben ...«, begann Yasmin, aber ihr Mann schnitt ihr das Wort ab.
»Das geht dich nichts an«, beharrte er. »Meine Geschäfte sind in Ordnung, während unser Sohn völlig außer Rand und Band ist. Du verwöhnst ihn! Warum kümmerst du dich nicht lieber darum, anstatt dich in meine Geschäfte einzumischen?«
»Du weißt genau, wie sie ihre Nachforschungen anstellen«, gab Yasmin
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