Top Secret 9 - Der Anschlag (German Edition)
zurück. »Sie sammeln alle Trümmerteile ein. Dann breiten sie sie in einem Hangar aus und setzen das Flugzeug praktisch wieder zusammen.«
»Aber man wird nichts davon zu uns zurückverfolgen können«, schrie Hassam. »Ich bin beschäftigt, lass mich in Ruhe arbeiten!«
»Die Sache widert mich an. Es sind über dreihundert Menschen gestorben!«
»Verlass mein Büro und lass mich arbeiten, Frau!«
»Du bist nicht der Mann, den ich geheiratet habe«, erklärte Yasmin enttäuscht. »Du widerst mich an.«
Fahim zog sich erschrocken in den Gang zurück, als sein Vater verärgert aufbrüllte. Er konnte nicht fassen, was er eben gehört hatte. Nach all dem Gerede, das er über sich hatte ergehen lassen, nur weil er Araber war, kam ihm die Vorstellung, dass seine Eltern etwas mit einem Flugzeugabsturz zu tun hatten, wie ein schlechter Witz vor.
»Lass meine Hand los!«, rief Yasmin und schluchzte dann vor Schmerz auf. Fahim konnte es nicht sehen, aber er wusste, dass sein Vater ihre Finger zurückbog. Das tat er oft.
»Schlampe!«, schrie Hassam und schlug seine Frau hart ins Gesicht. Sie flog rücklings gegen ein Ledersofa und weinte laut.
Fahim zog sich mit einem flauen Gefühl im Magen in Richtung Küche zurück. Er wünschte sich, dass er groß genug wäre, um seine Mutter verteidigen zu können. Aber alles, was er tun konnte, war, in sein Zimmer zu rennen.
»Was zum Teufel ist denn in dich gefahren?«, wunderte sich die Putzfrau, als Fahim auf Socken über den polierten Boden schlitterte.
»Geht Sie gar nichts an!«, rief er wütend.
In seinem Zimmer angekommen, vergrub er das Gesicht in den Kissen und versuchte, nicht zu weinen.
Yasmin Hassam war in den Vereinigten Arabischen Emiraten aufgewachsen. Sie hatte immer erwartet, dass sie eines Tages heiraten, Kinder bekommen und eine treue Ehefrau sein würde. Oft hasste sie Hassam Bin Hassam, aber es war ihr noch nie in den Sinn gekommen, sich scheiden zu lassen.
»Hast du schon gefrühstückt?«, fragte sie, als sie ins Zimmer ihres Sohnes kam und ihn in seiner Schuluniform unter der Bettdecke liegen sah.
Fahim rollte sich auf den Rücken und bemerkte, dass sich seine Mutter einen Schleier über das geschwollene Auge gezogen hatte. Aber ihre aufgeplatzte Lippe konnte auch das dickste Make-up nicht verbergen.
»Jetzt sieh dich doch nur mal an, Fahim«, verlangte sie munter, zog ein Seidentaschentuch hervor und spuckte darauf, um ihm die Schokoladensoße von den Lippen zu wischen.
Fahim hasste diese Sache mit der Spucke, aber nach den Schlägen, die sie hatte einstecken müssen, wollte er ihr das Leben nicht noch schwerer machen.
»Ich habe mir selbst Frühstück gemacht«, erklärte er und versuchte, nicht zu aufgewühlt zu klingen. »Ich dachte, du müsstest Dad im Büro helfen, deshalb wollte ich dich nicht stören.«
Yasmin nickte. »Dein Vater ist im Moment sehr beschäftigt. Es ist besser, wenn du ihm und Onkel Asif ein paar Tage aus dem Weg gehst.«
Fahim hätte sie gerne nach dem Gespräch über das Flugzeug gefragt, aber er wusste, dass sie ihm nichts sagen würde. Eigentlich wollte er es am liebsten vergessen und so tun, als hätte er es nie gehört.
»Zieh dir deine Schuhe an«, befahl Yasmin mit einem Blick auf die Uhr. »Du weißt, wie der Verkehr ist. Wenn du willst, können wir unterwegs noch bei McDonald’s anhalten.«
Das entlockte Fahim immerhin ein schwaches Lächeln. Aber als er aufstand und seine Schuhe unter dem Bett hervorholte, bemerkte seine Mutter, dass seine Hände zitterten.
»Schätzchen, es ist nur ein Gespräch in der Schule«, beruhigte sie ihn und nahm ihn in den Arm. »Du musst dir keine Sorgen machen.«
7
»Setzen Sie sich«, forderte der Direktor der Warren-der Prep sie auf, als Fahim und Yasmin Hassam sein enges Büro betraten. Das Schulgebäude stammte noch aus dem 18. Jahrhundert und im Licht der Herbstsonne tanzte der Staub über dem Schreibtisch des Direktors.
»Es tut mir leid, dass Sie warten mussten, Mrs Hassam. Wird Ihr Mann auch kommen?«
Yasmin schüttelte den Kopf. »Es tut mir leid, Mr Ashley, aber sein Beruf beschäftigt ihn zu sehr.«
»Das glaube ich gerne«, lächelte Mr Ashley. Er strich sich über den Schnurrbart, raffte dann seinen schwarzen Lehrertalar zusammen und setzte sich an seinen Schreibtisch.
»Fahim möchte Ihnen etwas sagen«, erklärte Yasmin und gab ihrem Sohn einen Stoß.
Der Junge blickte auf seine nackten Knie und begann, sehr förmlich zu sprechen – was verriet,
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