Top Secret - Der Auftrag
waren noch größer. Schließlich fand er eine Hose, die ihm passend erschien. Schnell zog er die Schuhe aus und schlüpfte hinein. Es blieb ihm keine Zeit, alles aus seinen eigenen Hosentaschen in die anderen zu stecken, also knüllte er das zerrissene Paar zusammen und stopfte es oben in seinen Rucksack.
Dann verließ er den Umkleideraum und wollte den Weg einschlagen, den sie gekommen waren.
»Warte mal«, verlangte Shak.
James wandte sich um. »Was ist los?«
»Nichts. Ich hab nur mal durch das Fenster in dieser Tür gesehen und festgestellt, was auf der anderen Seite liegt. Wir müssen gar nicht vorne hinausgehen und um
das ganze Gebäude herum. Wir können einfach durch diese Tür marschieren.«
James blickte durch die Milchglasscheibe in der Tür. Der Gang führte ganz offensichtlich zur Rückseite des Gebäudes.
Er zuckte die Achseln. »Warum nicht?«
Er drückte die Klinke nach unten und schob die Tür mit der Schulter auf. Plötzlich ertönte ein lautes Summen aus einer Plastikbox über ihren Köpfen. Erschrocken sahen sich die Jungen an, als ein stämmiger Sportlehrer aus der Turnhalle auf sie zukam.
»Was zum Teufel macht ihr da?«
»Rennen?«, fragte James.
Shak antwortete nicht. James hörte lediglich das Leder der Schuhsohlen quietschen, als sein Freund wie der Blitz zum Ausgang spurtete.
3
Seit ihrem sechsten Lebensjahr hatte James’ Schwester Lauren sich die Haare schwarz färben wollen, aber ihre Mutter hatte es nicht erlaubt, egal, wie sehr Lauren auch bettelte. Nun war die Mutter schon zwei Jahre tot, und das Einzige, was Lauren bislang vom Färben abgehalten hatte, war der Gedanke, dass es respektlos gegenüber ihrer Mom gewesen wäre.
Letztendlich brauchte es handfeste Überzeugungsarbeit
von Laurens bester Freundin Bethany Parker, die behauptete, aus Versehen schwarze Haarfarbe gekauft zu haben. Lauren war es zwar schleierhaft, wie man aus Versehen Haarfarbe kaufen konnte, und sie glaubte Bethany nicht den Bruchteil einer Sekunde, aber da die Farbe nun schon herumstand, direkt vor ihr auf dem Badezimmerregal, konnte sie nicht widerstehen.
Mit dem Ergebnis war Lauren ziemlich zufrieden, vor allem, als sie in ihr schwarzes Linkin-Park-T-Shirt und die zerrissenen Jeans geschlüpft war und sich die Haare verwuschelt hatte, um punkiger auszusehen. Restlos überzeugt aber war Lauren nicht, und wann immer sie an einer reflektierenden Oberfläche vorbeikam, betrachtete sie sich, so als würde der tausendste Blick eine wundersame Wahrheit enthüllen, die vorangegangene neunhundertneunundneunzig Blicke vor ihr verborgen hatten.
Als sie auf das Klassenzimmer für die Trainingsvorbereitung zusteuerte, war sie übelster Laune. In der letzten Schulstunde an diesem Nachmittag hatten sich vier Jungs zusammengetan, um sich die ganze Zeit über ihre Haare lustig zu machen. Es verletzte Lauren nicht sonderlich, da die vier zu der Sorte Idioten gehörten, die sich über alles lustig machten, was sie tat. Aber die Blödmänner hatten ihr fast eine Stunde vor der Nase gesessen und waren ihr schließlich echt auf die Nerven gegangen. Das Nervendste war, still zu sitzen und zu grinsen, egal was sie ihr an den Kopf warfen. Denn Lauren war klar, hätte sie sich nur ein klein wenig aufgeregt,
wäre das die pure Ermunterung für die Jungs gewesen, es noch schlimmer zu treiben.
Sie trat durch die offene Tür in den Vorbereitungsraum und ging zu einem langen Tisch mit einem Plastikschild, auf dem »Team D« stand. Die Teams A bis C, jedes mit fünf Schülern, standen schwatzend um die anderen Tische. Team C wurde von James’ Freundin Kerry und deren bester Freundin Gabrielle gemeinsam angeführt, während Team A von James’ bestem Freund Kyle geleitet wurde.
Lauren setzte sich neben Bethany Parker. Ihnen gegenüber saß Jake, Bethanys kleiner Bruder, und Dana »Cheesy« Smith saß am Ende des Tisches, so weit wie möglich von allen anderen entfernt.
Jake war neun Jahre alt. Erst mit zehn würde er die Grundausbildung machen, aber bereits jetzt war alles, was er lernte, auf eine Karriere als CHERUB-Agent ausgerichtet. Zusätzlich zu den normalen Schulstunden hatte Jake täglich Unterricht in Karate und Judo und sprach fast fließend Spanisch und Französisch. Jetzt sollte er als jüngstes Mitglied von Team D einen Vorgeschmack auf das Outdoor-Training bei CHERUB bekommen.
Dana war vierzehn, eine richtige Kratzbürste und von CHERUB in einem australischen Kinderheim rekrutiert worden. Sie hatte die Beine
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