Top Secret - Der Ausbruch
Und vor allem sind die Schließer die Sache so leid, dass sie bei jedem Alarm davon ausgehen, dass er falsch ist.«
Curtis nickte. »Der Schließer eben hat nicht mal über das Geländer geschaut, um zu sehen, ob hier vielleicht jemand an der Tür wartet.«
»Eine Minute, nachdem wir die Wache überwältigt haben, können wir oben auf dem Steg sein und Betäubungsgewehre und Pfefferspray holen.«
»Und dann?«
»Du weißt, wie wenig Personal hier nachts Dienst hat«, erklärte James. »Wenn wir den Schließern die Sicherheitsausweise abnehmen und ihre Uniformen anziehen, können wir uns wahrscheinlich aus dem Haupttor hinausschmuggeln, bevor Alarm ausgelöst wird.«
»Ganz sicher heute Nacht?«
James nickte. »Vorausgesetzt ich bekomme die Gelegenheit, mit meiner Schwester zu sprechen. Komm, lass uns rausgehen.«
Am Morgen zuvor hatte es eine Messerstecherei zwischen zwei rivalisierenden Banden gegeben. Alle Gefangenen waren daraufhin in ihre Zellen zurückgeschickt
und den Rest des Tages eingesperrt worden. Die anderen Insassen schienen ziemlich angespannt, als James und Curtis durch den Metalldetektor gingen. Es war, als könne es jeden Moment wieder Stunk geben.
Als sie zu ihrem Stammplatz am Klettergerüst kamen, sah James einen Jungen schluchzend und zusammengekrümmt am Boden liegen. Elwood hatte ihn gerade vor einem Dutzend lachender Skinheads verprügelt.
»James«, begrüßte er ihn und wies auf den Körper. »Hast du Lust, ihn fertigzumachen?«
James winkte ab.
Das Opfer war Mark, der nette Junge mit dem blauen Auge, der in der ersten Nacht neben James geschlafen hatte. Mark hatte keine Verwandten draußen, die Geld für ihn auf das Ladenkonto einzahlen konnten, daher war er immun gegen Erpressung. Aber das hinderte Elwood nicht daran, ihn nur so zum Spaß zu schlagen.
»Tritt ihn«, verlangte Elwood, »Mann, James, du bist so ein Weichei!«
Schnell drehte sich James um und trat Mark in den Hintern. Das amüsierte sein Publikum, ohne sein Opfer allzu schwer zu verletzen. Die Skinheads bogen sich vor Lachen, als Mark sich krümmte. James öffnete seine Shorts.
»Jetzt verschwinde hier, bevor ich dich anpinkle!«, grunzte er.
Mark sah James finster an, als er aufstand und davonhumpelte.
»Warum hast du ihn gehen lassen?«, fragte Elwood wütend.
James zuckte mit den Achseln. Er versuchte immer, die tägliche Gewalt auf ein Minimum zu beschränken, ohne dabei weich zu erscheinen. Aber ihm war klar, wenn er noch lange mit Psychos wie Elwood herumhing, würde er irgendwann in etwas verwickelt werden, bei dem jemand ernsthafte Verletzungen davontrug.
»Na?«, fragte James, denn er hatte den dringenden Wunsch, das Thema zu wechseln, »gibt es jetzt heute den großen Aufstand oder nicht?«
In der Zelle war die Möglichkeit in der letzten Nacht ernsthaft diskutiert worden. Wenn es zu schweren Gewalttätigkeiten kam, holten die Schließer alle Insassen vom Hof und schlossen sie in den Zellen ein. Das jedoch führte nur dazu, dass sich die Stimmung in den Schlafsälen noch weiter aufheizte.
»Ich liebe Aufstände«, schwärmte Kirch in einem seltenen Anfall von Gesprächigkeit.
»Ja«, stimmte Elwood zu. »Du hättest den letzten sehen sollen. Aus allen Richtungen flogen die Gummikugeln über den Hof. Bam, bam, bam! Ich war einer der Letzten, die in die Zelle zurückkamen, und überall lagen angestochene oder angeschossene Figuren rum.«
Kirch lehnte sich lächelnd zurück und betrachtete den Himmel. »Glückliche Zeiten. War auf jeden Fall einen Monat im Loch wert.«
James setzte sich auf den Boden. Nachdem er eine Woche lang Kirchs und Elwoods Gewalttätigkeit und Angeberei ertragen hatte, hätte er sie liebend gerne selbst k.o. geschlagen, nur um fünf Minuten Ruhe zu haben.
»Dieser Aufstand war das Schrecklichste, was ich je erlebt habe«, flüsterte Curtis James ins Ohr. »Ich habe gedacht, ich sterbe. Elwood hat sich unter einem Sonnenschutz versteckt und hatte genauso viel Angst wie ich.«
James lächelte. »Und Kirch?«
»Der ist echt ein Psycho. Ich glaube, er hat jede Minute genossen.«
»Wir müssen hier verschwinden«, flüsterte James. »Hier schrumpft einem noch das Hirn weg.«
Falls die Insassen wieder in die Zellen geschickt wurden, würde der Besuchstag entfallen. Dann könnte James Lauren nicht sehen und die Flucht wäre abgesagt. Im Laufe des Morgens wurde James immer nervöser. Als der erste Schwung Mittagessen ausgegeben wurde, kam es in der Kantine zu einer
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