Top Secret - Der Ausbruch
mit der Flucht?«, wollte James wissen. »Wir sollten sie heute Nacht durchziehen. Ich halte es hier drinnen nicht mehr lange aus. Zuerst hatte ich Angst, was mir selbst zustoßen könnte, aber mittlerweile mache ich mir mehr Sorgen darum, was ich vielleicht jemand anderem antun muss. Die Jungs hier stehen momentan etwas arg unter Strom.«
»Von unserer Seite aus gibt es keinen Grund für eine Verzögerung«, stimmte Theo zu. »Heute Nacht haben drei Leute in eurem Zellenblock Dienst. Scott Warren wird natürlich einer davon sein, dann die Beamtin Amanda Voss und noch ein Mann namens Golding, der an der Konsole im Kontrollraum sitzt. Da müsst ihr besonders vorsichtig sein, denn Golding hat einen Alarmknopf in Reichweite, der augenblicklich
jede Tür im Gefängnis sperrt, auch für Leute mit Chipkarten.
Wenn ihr aus dem Zellenblock kommt und den Personalaufenthaltsraum erreicht, werdet ihr wahrscheinlich niemand anderen treffen. Ich glaube, die Atmosphäre dort ist ziemlich ungesund. Es ist nicht der Ort, an dem man sich nach Feierabend noch gerne aufhält.
Außer Warren ist nur noch eine Person im Gefängnis in die Flucht eingeweiht, und zwar ein Mann namens Shorter. Er arbeitet im zentralen Kontrollraum und ist für die Sicherung des Personalausgangs verantwortlich. Du weißt, dass Dave Warren ähnlich sieht, und eigentlich hätte er sein Gesicht in die Kamera halten sollen, wenn ihr durch das Haupttor geht. Dummerweise sind weder du noch Curtis groß genug, um für einen männlichen Erwachsenen gehalten zu werden, deshalb haben wir Shorter als eine Art Absicherung ins Spiel gebracht. Er arbeitet seit fast vierzig Jahren bei der Gefängnisverwaltung von Arizona und wahrscheinlich wird man ihn bei der Untersuchung eurer Flucht zum Sündenbock machen. Das ist Shorter auch klar, aber das FBI hat ihm angeboten, ihn für seine Frühpensionierung zu entschädigen, wenn er uns unterstützt.«
»So kommen wir also aus dem Haupttor hinaus«, überlegte James. »Und dann?«
»Ihr trefft euch wie geplant mit Lauren. Dabei ist
es wichtig, dass ihr schnell seid. Arizona ist nicht sehr dicht besiedelt, und es gibt nicht viele Straßen, die aus dem Staat führen. Ihr müsst damit rechnen, dass eine halbe Stunde, nachdem eure Flucht auffliegt, Straßensperren errichtet werden.«
»Ich hab im Autoradio schon einen lokalen Sender eingestellt«, warf Lauren ein. »Dann wissen wir sofort Bescheid, wenn Alarm gegeben wird.«
»Angenommen, euch gelingt die Flucht aus dem Gefängnis, dann müssen wir uns darauf verlassen, dass Curtis zu seiner Mutter zurückfindet«, erklärte Theo. »Wir haben die Gespräche aufgezeichnet, die Curtis am Besuchstag am Samstag geführt hat, aber er hat die Flucht nicht erwähnt. Hast du eine Ahnung, wo ihr hingehen werdet?«
»Ich habe ihm erklärt, dass wir in einem möglichst dicht besiedelten Gebiet untertauchen sollten, um die Gefahr, dass man uns wieder schnappt, so gering wie möglich zu halten«, meinte James. »Curtis sagt, er kennt Leute, die in Los Angeles für seine Mutter gearbeitet haben, also werden wir dorthin fahren. Und seinem Besuch hat er nichts von der Flucht gesagt, weil er weiß, dass der Raum hier verwanzt ist. Vergessen Sie nicht, Curtis hat sein ganzes Leben auf der Flucht verbracht. Er ist zwar erst vierzehn, aber er weiß wahrscheinlich mehr über geheime Polizei- und FBI-Arbeit als die meisten Schwerverbrecher.«
»Da hast du recht«, gab Theo zu. »Dann steht sein
Plan also? Hat Curtis erwähnt, wo diese Leute wohnen oder welcher Art die Geschäfte mit seiner Mutter waren?«
»Ich vermute, es sind Biker«, erwiderte James. »Oder zumindest Ex-Biker. Auf jeden Fall müssen wir so schnell wie möglich aus Arizona raus. Wenn wir in LA ankommen, rufen wir an.«
Noch ein paar Minuten sprachen sie über die Feinheiten des Fluchtplans, dann wünschte der FBI-Agent James viel Glück und ging zur Tür.
»Sei vorsichtig«, ermahnte Lauren ihren Bruder und umarmte ihn noch einmal. »Lass dich heute Nacht bitte nicht umbringen!«
22
Scott Warren übernahm das Abzählen um halb drei. Anders als beim Abzählen im Stehen, bei dem sich die Insassen am Fußende ihres Bettes aufstellten, musste Warren sich jetzt nur über das Geländer des Stegs lehnen und die Köpfe zählen. Er weckte die Insassen nur, wenn er jemanden nicht sehen konnte.
Als er durchgezählt hatte, ging er geräuschvoll über den Metallgang zum Kontrollraum. Wenn alles nach Plan lief, würde man die Flucht erst
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