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Top Secret - Der Verdacht

Top Secret - Der Verdacht

Titel: Top Secret - Der Verdacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
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durch ein paar Wohnungen streifen, bis er einige verbeulte Töpfe, einen als Trinkbecher geeigneten Emaillekrug, das Gitter eines Einweggrills und sogar einen Bürostuhl aus Plastik gefunden hatte.
    Er fachte das Feuer im Waschbecken neu an und legte das Gitter darüber, bevor er wieder auf den Balkon ging. Nachdem er sich davon überzeugt hatte, dass niemand unten auf der Straße war, schaufelte er den Topf fast bis zum Rand voll Schnee und stellte ihn im Bad aufs Feuer.
    Dann musste er die Vögel fangen. Er erinnerte sich an die Grundausbildung und wie Mr Large ihnen erzählt hatte, dass Tauben im Grunde genommen däm liche Viecher sind und sich viel leichter fangen lassen als Fische oder Säugetiere. Laut Large haben sie nur zwei Bewusstseinszustände: Oh mein Gott, da kommt etwas, ich muss wegfliegen ,und: Alles in Ordnung. Will man also eine Taube fangen, muss man sie nur dazu bringen, zu glauben, dass alles in Ordnung ist, dann wird sie einem praktisch von allein in die Pfanne hüpfen.
    Während der Schnee im Bad schmolz, rannte James mit seinem Taschenmesser und einem großen Topf in der Hand in den taubenverseuchten sechsten Stock. Der Balkon war mit einer dicken Schicht Vogelkot und Federn überzogen. Natürlich flogen die Vögel weg, als er kam, doch er kauerte sich mit dem Rücken an die Wand und blieb bewegungslos sitzen.
    Schon ein paar Sekunden später hatten die Tauben James’ Anwesenheit vergessen und begannen, um ihn herumzulaufen, als sei er gar nicht da. Sobald die erste seiner Hand bis auf wenige Zentimeter nahe kam, schnappte sich James das Tier, brach ihm das Genick und warf es in den Topf. Die plötzliche Bewegung ließ die anderen Vögel auffliegen, aber eine Minute später pickten sie bereits wieder zu James’ Füßen, und nach zehn Minuten hatte er fünf Tauben in seinem Topf.
    Als er zurück in die Wohnung kam, stellte er fest, dass es im Bad zwar verräuchert, aber warm und der Schnee über dem Feuer geschmolzen war. Dann begann er, die Tauben zuzubereiten.
    Das erste Tier, das James je geputzt und gebraten hatte, war ein frisch geschossenes Eichhörnchen gewesen. Damals war er in der Grundausbildung gewesen, und es hatte ihm fast den Magen umgedreht, mit den Händen in die warmen Eingeweide zu greifen und das klebrige Blut an den Fingern zu spüren, als er den Pelz abzog. Er hatte sich gefragt, ob eine solche Fertigkeit einem Undercovcer-Agenten im einundzwanzigsten Jahrhundert wohl je nützlich sein konnte, aber jetzt kam ihm dieses Wissen sehr zugute, als er geschickt die Vögel ausnahm und von ihren Federn befreite.
    Während er arbeitete, hielt James das Feuer am Leben, und als die Vögel fertig vorbereitet waren, kochte das Wasser im Topf. James legte die Tauben auf den Grill, ging auf den Balkon und wusch sich die blutigen Hände mit Schnee.
    Nachdem er das Fleisch mit einem Stock umgedreht hatte, setzte er sich auf den Plastikstuhl, goss heißes Wasser in den Krug und nahm drei Schlucke, bevor er sich den Becher unters Kinn hielt und es genoss, den aufsteigenden warmen Dampf im Gesicht zu spüren.
    Es war der erste einigermaßen gemütliche Augenblick, seit er vor acht Stunden so unsanft geweckt worden war. Doch er erinnerte James auch an seine heikle Lage: Er war weit weg von zu Hause und hatte sich noch nie im Leben einsamer gefühlt.

8
    Als sich Lauren und Kerry an einem der Tische im Speisesaal gegenübersaßen, fühlten sie sich sehr merkwürdig. Kerry hatte eigentlich Unterricht, brachte es aber nicht fertig, hinzugehen. Sie wollten beide nicht alleine bleiben, aber es war auch merkwürdig, zusammenzusitzen und nicht zu wissen, was man sagen sollte.
    Das Einzige, was sich auf dem Cherub -Campus noch schneller verbreitete als Keime, waren Gerüchte. Bis zum Mittag schienen alle zu wissen, dass James ver misst wurde. Die beiden Mädchen hatten das Gefühl, radioaktiv verseucht zu sein, da ihre Freunde sie in sanften Tönen ihres Mitgefühls versicherten und sich dann so weit wie möglich von ihnen wegsetzten.
    Lauren war zum Basketball verabredet, und Kerry hatte mit Freundinnen in die Stadt gehen wollen, aber sie hatten beide keine Lust dazu. Stattdessen gingen sie in Kerrys Zimmer und spielten den ganzen Samstagnachmittag mit Rat und Kerrys Freundin Gabrielle Scrabble, um die Zeit totzuschlagen.
    *
    Satt und einigermaßen aufgewärmt, machte sich James bei Einbruch der Dunkelheit auf den Weg. Es gab wieder Strom, und er wusste, dass er mit seiner orangefarbenen Jacke in

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