Top Secret - Der Verdacht
wartet an der Rezeption. Ich sollte lossausen.«
»Nur noch eines. Du hast nicht zufällig mit Kerry gesprochen, oder?«, fragte James. »Wir hatten gestern Abend einen kleinen Streit.«
Lauren betrachtete angelegentlich das Kondom auf dem Nachttisch. »Ich frage mich, worum es dabei wohl ging.«
»Ich fühle mich wirklich mies«, murmelte James. »Ich meine, du und Kerry, ihr habt das hier alles arrangiert, und am Ende streite ich mich mit ihr. Außerdem hat sie ein paar Gläser getrunken, und du weißt, wie sie dann ist.«
»Ich habe sie nicht gesprochen«, meinte Lauren. »Aber ich empfehle dir, zu kriechen, und zwar ziemlich viel.«
*
James konnte nicht wieder einschlafen. Schließlich ließ er sich vom Zimmerservice Tee und Toast bringen und setzte sich mit der Sonntagszeitung, die er vor seiner Tür gefunden hatte, aufs Bett.
Kurz nach neun rief Kyle an. »Die anderen sind alle wach. Wir gehen frühstücken, und für zehn Uhr haben wir im Spa gebucht.«
»Okay«, meinte James. »Aber das mit dem Spa, ich weiß nicht. Hast du so was schon mal gemacht? Hört sich so nach Mädchending an.«
»Nein, hab ich nicht«, erwiderte Kyle. »Aber du hättest mal die Mädchen von der Broschüre schwärmen hören sollen, als wir hier gebucht haben.«
»Du gehst also hin?«, fragte James.
»Ich weiß, es ist nicht dein Ding, James, aber die Mädchen sind dir zuliebe auch zu dieses Buggyrennen mitgefahren.«
»Schon klar«, seufzte James wenig überzeugt.
»Außerdem sind wir Jungs ja zu fünft, wahrscheinlich werden wir sowieso nur rumstehen und uns schieflachen.«
»Na ja, wer weiß, vielleicht gefällt es mir ja sogar.«
»Genau«, bestätigte Kyle. »Wir sehen uns beim Frühstück.«
James wartete, bis Kerry und die anderen im Frühstücksraum waren, schlich sich dann die Hintertreppe in die Lobby hinunter und stahl eine Rose aus der Blumendekoration. Als er in den Speisesaal trat, nahm er die Blume zwischen die Zähne und kniete sich vor Kerry hin.
»Guten Morgen, meine Liebste«, flötete er in einem kläglichen Versuch, gebildet zu klingen, als er ihr die Rose reichte, »bitte nehmt meine Entschuldigung für mein schwachsinniges Verhalten gestern Abend an.«
Kerry grinste. Sie zwirbelte die Rose zwischen Daumen und Zeigefinger und wandte sich an den ganzen Tisch.
»Wer ist dafür, dass wir uns küssen und wieder versöhnen?«
Alle begannen zu lachen, und die Kommentare rund um den Tisch reichten von »Tritt ihm in den Hintern« bis zu »Heirate ihn und bring es hinter dich!«. James hatte ein wenig Befürchtungen, weil er sich Kerry ausgeliefert hatte und sie ihn demütigen konnte, wenn sie wollte.
»Ich sag dir was«, meinte Kerry, beugte sich vor und küsste James auf die Wange. »Ich nehme deine Entschuldigung an, wenn du losgehst und mir noch ein Stück Toast vom Tresen holst.«
*
Lauren kam am frühen Sonntagmorgen im ACC , dem Aldrington Care Centre, an. Während der Fahrt hatte sie sich mit den detaillierten Unterlagen auseinandergesetzt, die auf dem Rücksitz des Range Rover Sport ausgebreitet lagen. Sie musste sich durch mehrere Berichte über Menschenhandel lesen und sich alle Details einer Hintergrundstory merken, die John sorgfältig für sie ausgearbeitet hatte.
Ihr Name war Lauren Yuran, sie war die Tochter einer Engländerin, die bei ihrer Geburt gestorben war. Bis zum Alter von acht Jahren hatte sie bei ihrem Vater in Russland gelebt, war dann aber zu ihrer Großmutter nach Großbritannien geschickt worden, als der Vater wegen Beteiligung an einem bewaffneten Raubüberfall verhaftet worden war. Unglücklicherweise war die Großmutter ein Jahr später an einem Herzinfarkt gestorben, und Lauren hatte die letzten drei Jahre in Kinderheimen verbracht, unterbrochen von kürzeren Aufenthalten bei einer Reihe von Pflegeeltern.
Nach einer erfolglosen Unterbringung bei Pflegeeltern in Croydon kam sie jetzt ins Aldrington-Kinderheim, und da sie Russisch sprach, hatte der Heimleiter – der nichts von der Cherub -Mission wusste – eingewilligt, sie mit der mysteriösen Anna in ein Zimmer zu legen.
Lauren Adams frühere Erfahrungen mit Kinderheimen beschränkten sich auf London, auf die Zeit zwischen dem Tod ihrer Mutter und ihrer Aufnahme bei Cherub . Sie hatte erwartet, in Brighton ein ähnliches Gebäude mit schäbigen Korridoren und Schimmel in den Badezimmern vorzufinden. Aber das ACC war kaum zwei Jahre alt, und moderne Pflegeheime werden anders gebaut.
Es gab ein kleines Büro
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