Top Secret - Der Verdacht
verfolgen, von dem aus du angerufen wurdest. Das russische Signal hat sich in den letzten beiden Minuten zwei Kilometer weit bewegt, daher vermute ich, dass sie auf der Schnellstraße nach Brighton sind.«
»Wieso sind sie schon so nahe?«
»Sie wussten, dass Anna an der Küste wenige Kilometer von hier aufgegriffen wurde. Sie musste also irgendwo in der Nähe von Brighton sein.«
»Wie lange brauchen sie bis zu uns?«
»Fünfzehn oder zwanzig Minuten«, erklärte John. »Hängt vom Verkehr ab, und davon, wie lange sie brauchen, um das Kinderheim zu finden.«
»Glaubst du, dass sie versuchen werden, Anna sofort zu entführen?«
»Sie aus dem Heim heraus zu kidnappen, ist zu riskant. Sie werden sie sich entweder gleich auf dem Heimweg greifen oder morgen früh auf dem Weg zur Schule … Das Auto ist jetzt einen Kilometer weiter westlich. Sie sind anscheinend auf die A 27 eingebogen, und sie haben es ziemlich eilig.«
»Was machen wir jetzt?«, fragte Lauren. »Können wir die Polizei zu Annas Schutz herbestellen?«
»Wir können die hiesigen Behörden nicht einschalten, ohne unsere Tarnung in den Wind zu schießen. Auf längere Sicht können wir Anna entweder in ein anderes Heim verlegen, oder ich kann bis morgen früh ein MI5 -Überwachungsteam herholen. Aber wenn sie vorhaben, Anna jetzt gleich zu schnappen, sind wir auf uns allein gestellt.«
Lauren wurde klar, dass sie sich bereit machen musste. »Carl, ich gehe rein!«, rief sie und lief zum Haus.
Carl schrie etwas und rannte ihr nach, aber sie hatte keine Zeit, ihm zuzuhören.
»Wo sind Sie, John?«, fragte sie, als sie die Treppe hinaufrannte.
»Auf dem Weg aus meiner Pension«, erklärte er. »Ich nehme das Auto und bin in zehn Minuten vor dem Haupttor des ACC .«
Erleichtert hörte Lauren, dass John noch vor den bösen Jungs hier sein würde. Sie rannte in ihr Zimmer, schloss die Tür und riss den Koffer unter dem Bett hervor. Unter einem Stapel Kleider fand sie die verborgene Klappe, hinter der sich ein paar Ausrüstungsgegenstände für den Notfall befanden.
Lauren steckte eine kleine Dose Pfefferspray ein und zog sich die Leggings herunter, um ein Messer an ihren Oberschenkel zu gurten.
»Junge Dame«, erklang eine Männerstimme hinter ihr.
Erschrocken sprang Lauren auf und strich sich die Sachen glatt. »Haben Sie noch nie was von Anklopfen gehört?«, brauste sie auf. »Ich ziehe mich gerade um!«
Es war Ronald, einer der Hauseltern. »Was ist mit Carl?«, fragte er.
»Keine Ahnung«, erklärte Lauren ahnungslos.
»Du hast draußen mit ihm gespielt, oder? Und dann bist du weggerannt und hast ihn ausgesperrt.«
»Oh«, stieß Lauren hervor. Sie hatte vergessen, dass die Haustür ins Schloss fiel, wenn man sie heftig zuschlug. »Tut mir leid.«
»Das ist keine nette Art, mit einem jungen Gast umzugehen, Lauren. Er ist ein verletzlicher Mensch, kein Spielzeug, dass du auf einem dunklen Spielplatz liegen lassen kannst, wenn du keine Lust mehr darauf hast.«
»Es tut mir leid«, entschuldigte sich Lauren und deutete auf das Telefon. »Ich war nur so aufgeregt, weil meine beste Freundin angerufen hat.«
»Nun, tu so etwas nicht wieder!«
Lauren verdrehte die Augen, als Ronald die Tür hinter sich schloss, und schnappte sich das Telefon vom Tisch. John war noch dran.
»Ich weiß, wo Anna aus dem Schulbus steigt«, erklärte sie. »Ich warte am Ende der Straße auf sie. Dann kriege ich sie, bevor sie in Sichtweite des ACC ist. Ich sage ihr, dass ich sie auf einen Burger einlade oder so.«
*
Zwanzig Minuten später stand Lauren nervös an einer dunklen Straßenecke, während Kinder in Schuluniformen die Hauptstraße herabkamen. John hatte vor dem Haupttor des ACC geparkt und hielt misstrauisch nach allen Autos Ausschau, in denen zwei Männer saßen.
Es blies ein schneidend kalter Wind. Um zwei Minuten nach vier wurde Lauren langsam panisch. Endlich sah sie Anna an der Hauptstraße aus einem Doppeldeckerbus steigen.
»Hi!«, rief sie und lächelte erleichtert. »Du bist heute spät dran.«
»Ich hatte noch Englischunterricht bei der Lernhilfe in der Stadt. Was machst du hier draußen? Es ist eisig kalt!«
»Ich habe wieder einen Anruf von deinen russischen Freunden bekommen«, erklärte Lauren. »Sie haben gesagt, dass sie wissen, wo du bist, und dich holen kommen.«
»Du machst Witze«, erwiderte Anna und sah sich vorsichtig um. »Wie können sie wissen, wo ich bin?«
»Keine Ahnung«, log Lauren, »aber sie wissen es.«
»Du
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