Top Secret - Die Mission
vermutete Kyle, der sich duckte, um den Deckenbalken auszuweichen, und ließ seinen Koffer auf den Teppich des winzigen Wohnzimmers fallen.
»Der Besitzer wollte nicht gerne an eine Familie mit Kindern vermieten«, erklärte Zara. »Also haben wir es schließlich gekauft, denn es liegt geradezu
perfekt. Man ist durch den hinteren Garten und die Felder in fünf Minuten vor dem Tor von Malarek, und ein paar der Protestler trinken gelegentlich ein Bier im Pub an der Straße. Der Nachteil ist, dass wir nur drei Schlafzimmer haben.«
»Ich teile nicht!«, riefen Kyle und Lauren gleichzeitig, als James mit nassen Händen von der Toilette wiederkam.
»Kein Handtuch«, erklärte er und wischte sich die Hände an seinen Trainingshosen ab.
»Zwei von uns müssen sich ein Zimmer teilen«, verkündete Kyle.
»Klasse«, meinte James, dem sofort klar war, dass er keine Chance hatte, ein Zimmer für sich zu bekommen. Er konnte sowohl mit seiner Schwester zusammenziehen als auch mit einem anderen Jungen, aber Kyle und Lauren würden garantiert nicht zusammen in einem Zimmer schlafen.
»Ich weiß nicht, worüber ihr euch beschwert«, meinte Zara. »Ich muss mir mit Ryan Quinn ein Bett teilen.«
»Und nach drei Jahren Gefängnis ist der bestimmt total spitz!« James prustete los.
»Das ist nicht witzig, James«, entgegnete Zara steif. »Ich habe ein breites Doppelbett aufstellen lassen und Ryan versprochen, dass er sich seine Eier in einem Einmachglas ansehen kann, wenn auch nur einer seiner Finger auf meine Betthälfte wandert!«
10
Sie warfen eine Münze, und zum dritten Mal in seinem Leben durfte sich James ein Zimmer mit Kyle teilen. Mit einem weiteren Wurf gewann Kyle auch noch den Platz oben im Etagenbett. Es war nicht das Ende der Welt, aber James war den Komfort seines Doppelbetts auf dem Campus gewohnt und hasste es, wenn Füße über den Bettrand hingen oder Sprungfedern knarrten, sobald Kyle sich umdrehte. Aber zumindest war es besser, als sich mit Lauren ein Zimmer zu teilen, denn die schnarchte wie ein Sägewerk.
Es war Samstagmorgen, zehn Uhr. James hatte sich unter der Bettdecke vergraben und wachte auf, als Kyle aus dem Etagenbett sprang und durch den Flur zur Dusche ging. James beschloss, ebenfalls aufzustehen, warf die Bettdecke von sich und kratzte sich ausgiebig, während er in Boxershorts durch das Zimmer zum Fenster schlurfte. Er zog die Vorhänge auf.
»Heiliger Strohsack«, entfuhr es ihm, als er ein halbes Dutzend Leute unten auf dem Rasen in dem winzigen Vorgarten stehen sah. Sie hielten Plastikbecher in den Händen und einige hatten auch Fotoapparate um den Hals hängen.
»Kyle, komm da raus!«, brüllte James.
»Was ist?«, rief Kyle zurück. »Ich will duschen!«
James steckte den Kopf zur Tür hinaus. »Lass es,
Kyle. Da stehen tausend Reporter vor der Tür. Was sollen wir jetzt machen?«
Mit einem Handtuch um die Hüften und klitschnass kam Kyle aus dem Bad ans Fenster gehüpft und spähte ungläubig durch die Falten der Gardine.
»Denen muss jemand erzählt haben, dass Ryan heute entlassen wird.«
»Hm«, meinte James, »und was machen wir jetzt?«
»Schieb mal keine Panik«, verlangte Kyle. »Ich war früher auch schon auf Einsätzen, bei denen es Presse gab.«
»Aber sollten wir nicht unsere Gesichter aus den Medien raushalten?«, fragte James. »Wie hieß noch gleich der Junge, dessen Gesicht auf den Titelseiten aller Zeitungen war? Seine CHERUB-Karriere war im Eimer, weil man ihn nie wieder auf Undercover-Einsätze schicken konnte.«
Kyle nickte. »Jacob Rich. Aber das war Jahre vor meiner Zeit. Sein Einsatz hatte irgendwas mit einer Drohung zu tun, einen Spross des Königshauses in die Luft zu sprengen. Tja, dann fiel die vierzehnjährige Prinzessin vor zweihundert Fotografen vom Pferd, und der Idiot rennt hin, um sie aufzuheben. Sie gab ihm zum Dank einen Kuss auf die Wange, und am nächsten Tag zierte sein Gesicht alle Titelseiten der Klatschpresse, die verkündete, er sei ihre erste große Liebe.«
»Und was, wenn uns das Gleiche passiert?«
»Setz’ne Baseballmütze auf und halte den Kopf
gesenkt. Wenn jemand Bilder macht, bleib im Hintergrund. Aber ich würde mir nicht allzu viele Sorgen machen. Quinn ist weit entfernt vom Hochadel. Wenn er Glück hat, kriegt er seine eigene Visage auf Seite sechzehn zu sehen.«
»Wahrscheinlich hast du recht«, meinte James. »Hast du Lauren schon gesehen?«
Kyle schüttelte den Kopf. »Sie muss mit Zara nach Bristol gefahren sein.
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