TOP SECRET - Die Sekte
behaupten, sie hätte gehört, wie irgendjemand erzählt hatte, er habe James in Elliots Büro gehen sehen.
Lauren lief in das Einkaufszentrum zurück und zu den Büros am hinteren Ende des Erdgeschosses. Auf den Gängen herrschte reger Betrieb, und sie hatte gelernt, dass man sich in der Kommune lieber zielstrebig
bewegte, wenn man nicht riskieren wollte, von übereifrigen Engeln gefragt zu werden, was man vorhatte.
Sie ging durch das Großraumbüro, in dem sie vor ein paar Wochen den Einstufungstest geschrieben hatte, und fand es leer. Das Problem war, dass sie nicht die leiseste Ahnung hatte, was sie hinter der Doppeltür erwartete, die zu den privaten Büros der leitenden Sektenmitglieder führte.
Nachdem sie vorsichtig einen Blick hinter die Tür riskiert hatte, betrat Lauren einen beruhigend einsamen Gang, in dem ein Wasserkühler stand und Papier zu Stapeln aufgeschichtet war. Zu beiden Seiten befand sich hinter einer Glaswand ein Büro, in das Rollos den Einblick verwehrten. Lauren kroch zwischen einen Kopierer und einen Stapel Papierkisten und sah durch die Rolloritzen in das Büro auf ihrer linken Seite. Ein Schreck durchzuckte sie, und sie duckte sich, als sie Ween an ihrem Schreibtisch ein äußerst lebhaftes Telefongespräch führen sah.
Lauren brauchte ein paar Sekunden, um sich wieder zu fangen. Sie blickte über das Kopierpapier hinweg und wagte einen längeren Blick. Keine Spur von James. Sie trat auf die andere Seite des Ganges und linste in das andere Büro.
James saß auf einem Sofa und hatte den Hinterkopf an die Glasscheibe gelehnt. Lauren hätte gerne an das Glas geklopft, um ihn zu erschrecken, aber dafür war jetzt kaum der richtige Zeitpunkt. Also schlich sie um die Ecke und ging in das Büro. James sah frisch gewaschen
aus. Seine Haare waren nass und er trug nur Turnschuhe und seine liebsten abgerissenen Jeansshorts.
»Was ist los?«, flüsterte Lauren, als sich ihr Bruder umdrehte und sie anlächelte.
James erklärte es ihr kurz, wobei er sich an die wesentlichen Fakten hielt. Er trug ihr auf, zu Abigail und Dana zu gehen und ihnen alles zu erzählen, doch plötzlich kam Ween ins Zimmer, bevor Lauren wieder verschwinden konnte.
» Was machst du denn hier?«, fragte Ween so zornig, dass ihr erstes Wort wie ein Peitschenschlag klang.
Lauren spielte die unschuldige kleine Schwester und versuchte, möglichst ängstlich und jämmerlich zu klingen. »Ich hatte Angst, dass die Teufel meinen Bruder erwischt haben. Ich wollte nur nachsehen, ob es ihm gut geht!«
Ween grollte, doch dann änderte sich ihre Laune schlagartig. »Oh, na gut, ich wollte sowieso eure Mutter herbitten.«
»Warum?«, fragte James.
»Erinnerst du dich an den Einstufungstest, den du am Tag nach eurer Ankunft hier abgelegt hast?«
»Jetzt, wo Sie es sagen, ja.«
»Nun, ich freue mich, mitteilen zu können, dass deine Testergebnisse außerordentlich sind. Deine Noten sind bei Weitem gut genug, dass du auf unsere Eliteschule in der Arche gehen könntest. Leider befindet sich die Arche zurzeit im Umbau und kann keine neuen Schüler aufnehmen. Dennoch verlangen es die augenblicklichen
Umstände, dass du vorsichtshalber die Kommune verlässt, bis sich der Wirbel um den Vorfall mit Elliot etwas gelegt hat. Ich habe Eleanor Regan die Situation erklärt, und sie hat zugestimmt, dich als Sonderfall in das Internat der Survivors aufzunehmen.«
James’ Gedanken überschlugen sich. Er war sehr froh, ins Internat zu kommen, aber die Einsatzpläne hatten vorgesehen, dass wenigstens zwei, wenn nicht alle drei Agenten aufgenommen wurden.
»Wow«, stieß James hervor. »Ich habe schon von der Schule gehört. Das ist eine große Ehre, wirklich, nur …«
Ween verzog das Gesicht. »Nur was?«
»Ich weiß nicht recht«, meinte James achselzuckend. »Mein Dad ist abgehauen, dann sind wir nach Bris - bane gezogen und dann sind wir in die Kommune gekommen. Und jetzt wollen Sie, dass ich ins Outback gehe.«
»James«, versuchte Ween ihn zu beruhigen. »Nicht Lauren, Dana und Abigail sind deine Familie. Du hast eine Familie von Engeln. Es sind Zehntausende.«
»Ich weiß.« James hob widerwillig die Schultern und blickte auf den Teppich. »Es ist ja nicht so, dass ich nicht gehen will, ich habe nur Angst davor, ganz allein zu gehen.«
Lauren erkannte, was James vorhatte, und kam ihm zu Hilfe. »Habe ich den Test auch bestanden?«, fragte sie begeistert. »Ich würde so gerne in die Arche gehen und ich könnte James Gesellschaft
Weitere Kostenlose Bücher