Topas
täglich
Zeuge deines Verfalls sein muß.«
Mein Zuhause, dachte
er, ist in letzter Zeit nicht gerade das, was ich mir unter einem
Himmelreich vorstelle, aber ich habe noch nie an ein Zuhause ohne
Nicole gedacht. Wenn ich nicht davon loskam und du mich liebst,
mein Gott, Weib, dann nimm die Dinge hin, wie sie sind, und
versuche unser Leben etwas zu erleichtern!
»Was das auch zu
bedeuten haben mag«, sagte Andre, »ich liebe dich immer
noch sehr und möchte nicht ohne dich leben.«
Nicole entzog ihm ihre
Hand, faltete ihre Serviette zusammen und stand auf. »Bestell
Juanita de Cordoba schöne Grüße von
mir!«
Andre sah ihr nach,
wie sie das Zimmer verließ. Ihr Schlurfen kränkte ihn.
Verflucht! Juanita de Cordoba hatte mit diesem Gespräch nichts
zu tun. Es waren die unberechenbaren Gedankengänge einer Frau,
die beabsichtigte Unlogik, das Gespräch mit einem Stich zu
beenden. Oder war es gar nicht so unlogisch? Andre klopfte die
Asche von seiner Zigarre ab und ließ den Kognak langsam im
Glas kreisen. War das nicht vielleicht der wahre Grund, und war
Nicoles Gefühl nicht doch richtig?
Weiß Gott, er
hatte sich alle Mühe gegeben, die Affäre mit Juanita vor
seiner Frau verborgen zu halten, aber er hatte sich getäuscht,
wenn er glaubte, daß ihm das gelungen sei. Er hatte für
immer mit Nicole leben und alles so lassen wollen, wie es war. Ja,
er wollte Nicole so lieben, wie das nach zwanzigjähriger Ehe
noch möglich war. Aber seine echte Liebe, obwohl verleugnet
und begraben, gehörte Juanita de Cordoba. Wie viele Tage und
Wochen und Monate hatte er gelebt, ohne an sie zu denken, hatte
versuchte, die Sehnsucht nach ihr aus seinem Leben zu
verdrängen. Aber die Erregung und das Verlangen nach Juanita
hatten sich immer wieder eingestellt. In diesem Augenblick
ehrlicher Bestandsaufnahme verstand Nicole die Situation
genau.
Andre hatte lange hin
und her überlegt, ob er für die Amerikaner nach Kuba
fahren sollte. Am Ende stand der Entschluß zur Reise fest,
weil er wußte, daß er Juanita wiedersehen würde.
Und obgleich er es vor sich selbst abstritt und seine Entscheidung
anders rechtfertigte, war das die einfache Wahrheit.
Seine Lippen
berührten das Kognakglas … »Juanita - ja - ich
liebe dich unbändig. Es tut mir leid - für uns beide
…« Er zog sich vom Tisch hoch und ging langsam die
Treppe hinauf. Ein Lichtstrahl aus Nicoles Zimmer fiel in den Flur
und ins Treppenhaus. Er stand bewegungslos und wartete, bis sich
ihre Tür schloß.
»Nicole«,
flüsterte er, »bitte, bitte versteh mich! Juanita ist
ein unerreichbarer Traum - eine Illusion. Aber es muß mir
erlaubt sein zu träumen. Es bedeutet nichts zwischen dir und
mir. Du bist meine Frau, und ich liebe dich - auf eine andere
Art…«
Andre stand
plötzlich vor Nicoles Tür. Er wußte, daß sie
nicht abgeschlossen war, aber er konnte sich nicht dazu bringen,
sie zu öffnen und zu ihr zu gehen, während seine Gedanken
bei Juanita waren und den kommenden Nächten mit
ihr.
Nicole lag angespannt
in ihrem Bett. Sie horchte auf jede seiner Bewegungen und betete,
die Tür möge sich öffnen. Wenn doch sein Schatten
auf sie zukäme, wenn Andre doch bei ihr stehenbliebe und sich
zu ihr auf die Bettkante setzte. Sie wünschte sich, daß
er ihren Kopf streichelte, daß er die Decke
zurückschlüge und zu ihr käme. Vieles davon
würde heute abend eine Lüge sein, dachte sie, aber, o
Gott, ich habe Verlangen nach ihm. Verzweiflung packte sie, als sie
seine Tür zuklappen hörte, und Tränen sickerten auf
das Kopfkissen.
Mitternacht ging
vorüber. Noch immer warf sich Andre im Dunkeln hin und her und
konnte nicht einschlafen. Das Telefon läutete. Er schaltete
die Lampe an und nahm den Hörer ab.
»Devereaux.«
»Hallo,
Papa.«
»Michele. Wie
geht es dir, mein Liebling?«
»Mir geht es
gut. Ich habe gehört, daß du verreisen willst. Ich
wollte dir nur auf Wiedersehen sagen.« Ihre Stimme klang
fremd und zittrig. »Ich meine«, fuhr sie fort,
»wir haben einander vermißt und haben tatsächlich
seit Monaten keine Gelegenheit gehabt, beieinander zu sitzen und zu
reden.«
»Ja, wenn ich
darüber nachdenke, es war wirklich eine lange Zeit. Aber du
weißt ja, wie es mit meiner Arbeit geht.«
»Natürlich,
das ist mir klar. Ich beklage mich nicht.«
»Komm, komm! Was
hast du denn? Der Streit mit Tucker?«
»Wir sind fertig
miteinander, und ich bedaure es kein bißchen. Ich hatte heute
abend bloß Sehnsucht nach dir und
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