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Topas

Topas

Titel: Topas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leon Uris
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Fallschirm über Polen
abgesetzt, im Distrikt Lublin.«
    »Auftrag?«
    »Ein kleines
Spionagenetz aufzubauen, eine Funkverbindung einzurichten, tote
Briefkästen, Kontakte. Wir hatten zwei Leute, die im deutschen
Hauptquartier arbeiteten.«
    »Wie groß
war die Gruppe?«
    »Je nachdem. Nie
mehr als acht Mann. Unsere besondere Aufgabe war, die Zeiten
für deutsche Truppen- und Materialtransporte in Richtung
Ostfront auf der Eisenbahnstrecke Brest-Gomel und auf ihren
Abzweigungen ausfindig zu machen.«
    »Sie blieben in
Lublin?«
    »Bis Juli. Dann
kehrte ich zu Fuß nach Rußland zurück, mit
Aufenthalten in den Städten entlang der Eisenbahnstrecke -
Brest, Pinsk und so weiter -, um noch kleinere Funktrupps
aufzustellen. Die Nachrichten über den Verkehr auf der
Eisenbahnstrecke gelangten schließlich in die Hände von
Partisaneneinheiten, die in den Pripjetsümpfen operierten. Die
Arbeit war erfolgreich. Wir zerstörten mehr als zehn
Zugladungen.«
    »Und Sie
gelangten zurück nach Moskau?«
    »Nicht vor Mitte
des Winters. Ich lebte in den Pripjetsümpfen.« Boris
Kuznetow schilderte den schaurigen russischen Winter, den er bei
einer Partisaneneinheit verlebt hatte. Sie waren in der bitteren
Kälte umhergezogen wie gejagte Tiere, die keine Gnade zu
erwarten hatten.
    »Wie Sie wissen,
fehlen mir an meinem linken Fuß drei Zehen; sie sind mir
damals abgefroren. Meine Augen sind auch äußerst
lichtempfindlich, als Folge einer teilweisen Schneeblindheit. Als
ich in Moskau ankam, war ich abgemagert; zwanzig Kilo, das sind
über vierzig amerikanische Pfund, hatte ich abgenommen. Aber
ich hatte noch Glück. Die meisten von jener Einheit starben an
Hunger und Kälte. Den Rest des Winters verbrachte ich im
Lazarett.«
    »Kein
Dienst?«
    »Nein.
Außer Sie bezeichnen meine Hochzeit mit Olga als
Dienst.«
    »Und Sie blieben
in Moskau?«
    »Nur bis zum
Frühjahr. Im April 1943 wurde ich wieder über Polen
abgesetzt, um ein neues Netz einzurichten, östlich der Memel,
im Gebiet Wilna-Grodno-Kowno. Diesmal war ich erfolgreicher, und es
gelang mir, noch im Dezember durch die deutschen Linien nach Moskau
zurückzukommen. Ich war tatsächlich so erfolgreich,
daß ich schon nach zwei Wochen wieder losgeschickt wurde, um
die Sabotagetätigkeit der Partisaneneinheiten hinter der
zweiten baltischen Front von Marschall Jeremenko zu koordinieren.
Im Februar 1944 geriet ich mit einer Einheit von vierzig Mann in
eine Falle, wurde gefangengenommen und in ein Stalag in Memel
gesteckt. Im Mai lebten nur noch vier von uns, die anderen waren
der deutschen Brutalität zum Opfer
gefallen.«             
    »Demnach gelang
es Ihnen, unerkannt zu bleiben.«
    »Die Männer
in dieser Einheit waren von außerordentlicher Tapferkeit.
Keiner sagte aus, wer ich war, und so war es mir möglich,
meine wahre Identität zu verbergen.«
    »Wie lange
blieben Sie in Gefangenschaft?«
    »Ich floh im
Sommer 1944 und reorganisierte einen Sabotagetrupp zur
Unterstützung unserer Sommeroffensive. Als unsere Truppen mein
Operationsgebiet einnahmen und nach Polen und ins Baltikum
vorstießen, kehrte ich wieder nach Moskau zurück.
Diesmal mit der Eisenbahn. Bis zum Ende des Krieges war ich in der
Geheimdienstzentrale in Moskau beschäftigt, hauptsächlich
mit der Auswertung von Informationen, die von deutschen Gefangenen
und von unseren Sabotageeinheiten in Polen
stammten.«
    »Sie blieben
dort, bis der Krieg zu Ende war?«
    »Ja.«
    »Auszeichnungen?«
    »Einige.«
    »Leninorden?«
    »Ja, ich glaube
ja.«
    »Und
dann?«
    »Ich wurde als
Oberst der Reserve entlassen und zur weiteren Ausbildung auf die
Geheimdienstakademie in Moskau geschickt. Ich blieb die
nächsten fünf Jahre dort.«
    »Dauerten die
Lehrgänge nicht drei Jahre?«
    »Ich war zwei
Jahre als Lehrer tätig?«
    »Wie viele
wurden aufgenommen?«
    »Ungefähr
dreihundert.«
    »Frauen?«
    »Einige. Es war
eine äußerst schwere Schule.«
    »Wieviel Prozent
fielen durch?«
    »Nicht viele.
Sie waren sehr sorgfältig bei der Auswahl.«
    Boris Kuznetow
schilderte den mörderischen Unterrichtsablauf, bei dem in
einem normalen Arbeitstag zwölf bis vierzehn Stunden Studium
untergebracht wurden. Auf der Akademie lernte er Englisch,
Französisch und Deutsch. Es gab Lehrgänge in Auswertung
und Analyse von Nachrichtenmaterial, im Verschlüsseln und
Entschlüsseln. Es gab Kurse in Politik, Psychologie,
höherer Mathematik, Kunstgeschichte und Musik. Es gab
Unterricht in militärischer Generalstabsarbeit.

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