Topkapi
Villa abspielen würde und was man dort von mir erwartete. Vielleicht war es ganz leicht, ein sicheres Telefon ausfindig zu machen, vielleicht war es auch schwierig.
Wenn man mich am Telefon überraschte, würde Harper sofort mißtrauisch werden. Wen kannte ich in Istanbul? Welche Nummer? Aber ich wußte nicht, wie ich es hätte ablehnen sollen, draußen zu wohnen. Wenn ich weiter darauf bestanden hätte, hätte Harper sich vielleicht anders besonnen und mich nicht weiter beschäftigt. In beiden Punkten konnte ich es Tufan nicht recht machen; und ich überlegte mir, daß ich ihm das sagen würde, wenn er anfing zu brummen.
Ich aß etwas und ging dann zu dem Café beim Hotel. Diesmal folgte mir ein Gepäckträger.
Als ich mit meinem Bericht fertig war, schwieg Tufan so lange, daß ich dachte, er hätte aufgelegt. Ich sagte: »Hallo.«
»Wir müssen uns heute nacht treffen«, sagte er. »Sind Sie in dem Café an der Straße beim Hotel?«
»Ja.«
»Warten Sie fünf Minuten, dann gehen Sie zum Hotel zurück und von dort noch etwa hundert Meter weiter die Straße entlang. Ein kleiner brauner Wagen wird dort auf Sie warten.«
»Der Peugeot, der mir gefolgt ist?«
»Ja. Steigen Sie ein und setzen Sie sich neben den Fahrer. Er wird Sie zu mir bringen. Ist das klar?«
»Ja.«
Ich bestellte mir einen Schnaps. Nach fünf Minuten ging ich. Als ich auf den Peugeot zuging, lehnte sich der Fahrer über den Sitz herüber und stieß die Tür auf, daß ich einsteigen konnte. Er fuhr am Hotel vorbei und den Berg hinunter in Richtung der Necati-Bey-Straße.
Er war ein junger, dicker, dunkelhaariger Mann. Der Wagen roch nach Zigaretten, Haaröl und abgestandenem Essen. Bei seiner Arbeit, nehme ich an, mußte er sein Essen meistens im Wagen einnehmen. Unter dem Armaturenbrett war eines der in Taxis üblichen Sprechfunkgeräte angebracht, und hin und wieder hörte man türkische Stimmen im Lautsprecher. Er schien nicht darauf zu hören. Nach einer Minute sprach er mich auf französisch an.
»Haben Sie den Lincoln gern gefahren?« fragte er.
»Ja, es ist ein guter Wagen.«
»Aber zu groß und zu lang. Ich sah, was Sie heute nachmittag in den engen Straßen für Schwierigkeiten hatten.«
»Aber er ist schnell. Konnten Sie Schritt halten, als er zur Villa zurückfuhr?«
»Er stoppte nach etwa einem Kilometer und begann die Türen zu untersuchen. Haben. sie geklappert?«
»Mir fiel nichts auf. Hielt er lange?«
»Ein, zwei Minuten. Danach fuhr er nicht mehr so schnell. Aber dieser kleine …«
Er unterbrach sich und ergriff ein Mikrophon, als der Lautsprecher aufs neue zu krächzen anfing.
»Evet, efendi, evet« , antwortete er und steckte das Mikrophon wieder zurück. »Aber dieser kleine Wagen hat den dicken Protzen manches voraus. Auf einer engen Bergstraße mit Kurven läßt er sie zurück wie nichts.«
Wir fuhren jetzt an der Küste entlang.
»Wohin fahren wir?« fragte ich.
»Ich darf keine Fragen beantworten.«
Wir passierten eben den Haupteingang des Dolmabahce-Palastes. Er war im letzten Jahrhundert erbaut worden, als die Sultane ihre Gewänder und Turbane ablegten und zum schwarzen Frack und Fez griffen. Von der See aus wirkt er wie ein aus der Schweiz importiertes Grand Hotel; aber von der Straße sieht er mit der hohen Steinmauer, die das Grundstück umgibt, wie ein Gefängnis aus. Die Mauer zieht sich beinahe einen Kilometer lang rechts der Straße hin, und allein ihr Anblick jagte mir eine kleine Gänsehaut über den Rücken. Sie erinnerte mich an die Mauer in Maidstone.
Dann sah ich vor uns auf der Mauer ein Licht, und der Fahrer nahm das Gas weg.
»Weshalb halten wir hier?« fragte ich.
Er gab keine Antwort.
Der Scheinwerfer war senkrecht nach unten gerichtet. Ich sah einen bewaffneten Wachtposten und hinter ihm ein paar riesige Torflügel.
Der Wagen hielt knapp vor dem Tor, und der Fahrer öffnete den Wagenschlag.
»Wir steigen aus«, sagte er.
Ich ging mit ihm über die Straße auf das Tor zu. Er sagte etwas zu dem Wachtposten, der uns weiter winkte durch den Spalt zwischen den Torflügeln. In einem Raum, den ich für die Wachstube hielt, brannte ein Licht. Er führte mich über eine niedrige Treppe zur Tür. Wir kamen in einen kahlen Raum mit einem Tisch und einem Stuhl. Ein junger Leutnant – ich nehme an, es war der Wachoffizier – saß am Tisch und sprach mit dem Wachsergeanten, der vor ihm stand. Als wir eintraten, erhob sich auch der Offizier und sagte etwas zum Fahrer.
Dieser wandte
Weitere Kostenlose Bücher