Tor der Daemmerung
Unsterblichkeit in der Hand. Dieser Mann wird uns zu unermesslichem Ruhm verhelfen. Dieser Mann wird für uns das Verseuchtenvirus besiegen!«
Nun brach endgültig ein Tumult los, trotzdem hörte ich, wie Zeke entsetzt Luft holte. Fassungslos drehte ich mich zu ihm um. Aus seinem Gesicht war jede Farbe gewichen, als hätte er die Wahrheit bereits geahnt. Und mit einem Mal ergab alles einen Sinn.
»Deswegen waren sie hinter euch her«, zischte ich ihm ins Ohr, damit er mich im Lärm der tobenden Menge überhaupt hören konnte. »Er denkt, dass Jeb das Virus heilen kann, deshalb hat er euch so lange verfolgt. Das würde absolut jeder wollen!« Zeke wich meinem Blick aus, aber ich packte seinen Arm und riss ihn zu mir herum. »Hat Jeb tatsächlich ein Heilmittel? Habt ihr euch deswegen die ganze Zeit versteckt?«
»Nein«, erwiderte Zeke mit rauer Stimme, und endlich sah er mich an. »Nein, er hat kein Heilmittel. Es gibt kein Heilmittel. Aber …«
Hastig hob ich die Hand, um ihn zum Schweigen zu bringen. Der Mob hatte sich endlich wieder beruhigt. Jackal wartete, bis auch die letzten Freudenschreie verstummt waren, dann klopfte er Jeb auf die Schulter. »Unglücklicherweise«, fuhr er in betrübtem Tonfall fort, »ist unser Freund hier nicht bereit, sein Wissen mit uns zu teilen! Ist das zu fassen? Ich richte ihm ein wundervolles Labor ein, mit allem, was er sich nur wünschen kann, und warte drei Jahre lang auf ihn, und er weiß es einfach nicht zu schätzen.«
Laute Buhrufe und Beschimpfungen ertönten. Wieder hob Jackal mahnend die Hand.
»Ich weiß, ich weiß. Aber wir können ihn schlecht zur Arbeit zwingen, oder? Ich meine, schließlich kann ich ihm nicht einfach die Finger brechen oder ihm den Schädel einschlagen, damit er tut, was ich will, stimmt’s?« Sein fröhliches Lachen jagte mir einen kalten Schauer über den Rücken. »Und genau deswegen sind wir heute hier«, erklärte er schließlich. »Ich habe für unseren Ehrengast eine kleine Showeinlage arrangiert, aber natürlich hoffe ich, dass der Rest von euch dabei ebenfalls auf seine Kosten kommt. Mit etwas Glück ist das Spektakel nicht allzu schnell vorbei, aber wenn uns langweilig wird, haben wir noch einige frische Kandidaten, die wir ins Rennen schicken können.« Bei diesen Worten drehte er sich um und blickte Jeb direkt an. Seine Lippen verzogen sich zu einem diabolischen Grinsen, dann wandte er sich wieder dem Publikum zu. »Nun bleibt mir wohl nicht mehr viel zu sagen, außer: Die Show beginnt!«
Unter lautem Jubel verließ er die Bühne und schleifte Jebbadiah mit sich fort. Zeke griff nach meiner Hand und drückte sie krampfhaft, als müsse er sich gegen das wappnen, was nun kam.
Der Vorhang teilte sich und zwei Banditen betraten die Bühne, zwischen sich eine Gestalt, der man einen dunklen Sack über den Kopf gestülpt hatte. Einer der beiden öffnete die Gittertür, der andere zog den Sack ab, stieß den Gefangenen in den Käfig und verschloss dann sorgfältig die Tür.
»Darren«, stöhnte Zeke und war kurz davor, loszustürmen. Ich umklammerte seine Hand und griff gleichzeitig nach seinem Arm, um ihn zurückzuhalten.
»Nein, Zeke, nicht.« Er sah mich völlig verzweifelt an, aber ich blieb hart. »Wenn du jetzt da rausgehst, wirst du entweder geschnappt oder getötet.« Ich hielt seinem gequälten Blick stand. »Wir können im Moment nichts für ihn tun.«
Ein schrilles Kreischen lenkte meine Aufmerksamkeit wieder auf die Bühne. Darren stand ängstlich in der Mitte des Käfigs und starrte auf den Metallverschlag. Bisher war mir das Seil entgangen, das an dessen Tür befestigt war. Es führte zwischen den Gitterstäben hindurch und endete in den Händen eines der Banditen, der nun mit voller Kraft daran zog. Und plötzlich wusste ich mit erschreckender Klarheit, was dort eingesperrt war.
Einen Moment lang herrschte absolute Stille, alle verstummten und das Publikum hielt den Atem an. Darren stand ganz allein in der Arena und sah sich verzweifelt nach einer Fluchtmöglichkeit um, aber da war nichts, kein Ausweg weit und breit. Zeke war äußerlich zur Salzsäule erstarrt, doch ich konnte spüren, wie seine Muskeln unter meinen Fingern zitterten. Es war ihm unmöglich, sich abzuwenden. Für den Bruchteil einer Sekunde hob Darren den Kopf und ihre Blicke begegneten sich …
Dann öffnete sich mit einem hohlen Scheppern die Tür des Verschlags und durchbrach die Stille. Darren blieb nicht einmal genug Zeit, um sich umzudrehen,
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