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Tor der Daemmerung

Tor der Daemmerung

Titel: Tor der Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kagawa
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knapp über dem Wasser befand.
    Die Rückwand des Gebäudes war hinter einem riesigen roten Vorhang verborgen, unter dem eine hölzerne Bühne hervorragte, die direkt auf dem Wasser schwamm. In der Mitte dieser Bühne stand ein fast sechs Meter hoher Käfig, durch dessen Maschendraht nichts und niemand entkommen konnte. Was mochte sich wohl auf dem hinteren Teil der Bühne verbergen, vor dem jetzt der Vorhang hing?
    Plötzlich berührte Zeke mich am Arm und zeigte auf den Käfig.
    In seinem Inneren befand sich eine Art stählerne Hundehütte, mit winzigen Schlitzen anstelle von Fenstern. Das seltsame Ding schaukelte hin und wieder, wenn sein Inhalt in Bewegung geriet, aber was sich darin befand, war nicht zu erkennen. An der hölzernen Tür der Konstruktion klebte getrocknetes Blut.
    »Tierkämpfe«, vermutete Zeke leise. »Das ist wohl Jackals Vorstellung von guter Unterhaltung. Sie schließen Wetten darauf ab, welches Tier lebendig da rauskommt.« Schaudernd musterte er die aufgeregte Menge. »Also, ich will mir nicht ansehen, wie sich zwei Hunde in Stücke reißen. Wir sollten uns auf die Suche nach den anderen machen.«
    Bevor ich antworten konnte, flammte ein greller Scheinwerfer auf und tauchte die Bühne in helles Licht. Ich blinzelte überrascht. Vor wenigen Sekunden war noch niemand auf der Bühne gewesen, da war ich mir absolut sicher. Jetzt stand ganz vorne am Rand ein Mann und lächelte ins Publikum. Er war groß und schlank, aber muskulös, unter seinem Hemd und dem abgewetzten Ledermantel zeichneten sich seine Brustmuskeln ab. Sein dichtes, schwarzes Haar trug er zusammengebunden, sodass das attraktive, jugendliche Gesicht mit der makellosen blassen Haut voll zu Geltung kam. Während er den Blick träge über die Menge wandern ließ, erkannte ich sogar die Farbe seiner Augen: Sie waren golden.
    Nun hob der Mann beide Arme, als wollte er uns alle umarmen, und die Menge drehte völlig durch. Wildes Gebrüll und Gestampfe wurde laut, und der eine oder andere feuerte sogar seine Waffe ab. Und da wusste ich es. Wir hatten ihn gefunden: Das war Jackal, der Vampirkönig der Banditen.
    »Guten Abend, meine lieben Untertanen!«, rief Jackal, was mit einem Chor aus grölendem Jubel und hysterischen Schreien beantwortet wurde. »Ich bin heute Nacht in grandioser Stimmung. Wie steht es mit euch?« Seine klare, selbstbewusste Stimme übertönte mühelos das Getöse. Sie wirkte dermaßen anziehend, dass selbst der härteste Kerl im Publikum an seinen Lippen hing. »Egal! Eigentlich ist mir völlig gleichgültig, wie ihr euch fühlt, doch ich danke euch, dass ihr so zahlreich zu diesem kleinen Spektakel erschienen seid. Wie ihr wohl schon gehört habt, gibt es aufregende Neuigkeiten! Seit dreieinhalb Jahren haben wir nun schon nach etwas ganz Bestimmtem gesucht. Nach etwas Wichtigem! Etwas, das nicht nur unser Leben, sondern die gesamte Welt verändern würde. Ihr wisst doch, wovon ich spreche, oder?«
    Ich wusste es nicht, aber je länger ich dem Banditenkönig zuhörte, desto vertrauter kam er mir vor. Als wäre ich ihm schon einmal begegnet … irgendwann. Ich konnte nicht sagen, woher dieses Gefühl kam, denn ich war mir absolut sicher, diesen Mann noch nie gesehen zu haben.
    Jackal fuhr inzwischen fort: »Jedenfalls wollte ich euch allen mitteilen, dass unsere Mühen vor einigen Nächten endlich belohnt worden sind. Wir haben gefunden, wonach wir so lange gesucht haben.«
    Zeke erstarrte. Zwei Banditen schoben hinter Jackal den schweren Vorhang zur Seite und zerrten jemanden auf die Bühne. Mit erschreckender Eleganz wirbelte Jackal herum, packte den Mann am Kragen und zog ihn ins Scheinwerferlicht.
    Jebbadiah. Seine Hände waren gefesselt, sein Gesicht mit dunklen Blutergüssen übersät, aber er stand stolz und aufrecht neben dem Banditenkönig und starrte mit eisiger Verachtung in die Menge. Warnend legte ich eine Hand auf Zekes Arm, für den Fall, dass er vergaß, wo wir uns befanden. Um uns herum saßen mehrere Hundert Banditen, während wir nur zu zweit waren – der absolut falsche Zeitpunkt für eine selbstmörderische Rettungsaktion.
    Das Publikum reagierte mit Buhrufen und Spott auf Jebs kalten Blick, doch Jackal schlang ihm lächelnd einen Arm um die Schultern und tätschelte seine Brust.
    »Aber, aber«, mahnte er. »Seid ein wenig netter, sonst denkt er noch, wir wollen ihn nicht bei uns haben.« Jackals Grinsen bekam plötzlich etwas Wölfisches. »Immerhin hält dieser Mann den Schlüssel zu eurer

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