Tor der Daemmerung
lag.
»Tut weh, wie?«, flüsterte er und beugte sich tief zu mir herunter. Seine goldenen Augen funkelten. »Schon erstaunlich, dass ein einfaches Holzstück im Bauch solche Schmerzen verursachen kann. Mir wäre es ja lieber, einen glühenden Schürhaken ins Auge gerammt zu bekommen, der sich dann ins Gehirn bohrt.« Ich verfiel in Krämpfe und musste die Zähne zusammenbeißen, um nicht wieder zu schreien. Noch immer drückte Jackal mich lächelnd auf den Tisch. »Ach, und falls du dich wunderst, warum es dir immer schwerer fällt, dich zu bewegen, da kann ich dich aufklären: Dein Körper steht unter Schock, er fährt das System runter, um sich zu reparieren. Nur noch ein paar Minuten, dann wirst du mich anflehen, dir den Kopf abzuschlagen, um dem ein Ende zu machen.«
Ich kämpfte gegen seinen Griff an, aber meine Glieder waren schwer und träge. Jackal hatte nur einen meiner Arme fixiert, doch der unerträgliche Schmerz in meinem Bauch verhinderte, dass ich ihn mit dem anderen zurückstieß. Er hatte mich wortwörtlich auf dem Tisch gepfählt, aufgespießt wie ein Tier. Breit grinsend packte Jackal den Stab und trieb ihn mit einer Drehung noch tiefer in mein Fleisch. Diesmal konnte ich den Schrei nicht zurückhalten.
»Jetzt wünschst du dir vermutlich, du hättest mein Angebot angenommen, was, Schwesterchen?« Ich konnte seinen Worten kaum noch folgen. »Was für eine Schande! Dabei hatte ich mir so schön ausgemalt, was wir zusammen alles hätten tun können. Aber du musstest dich ja auf die Seite der Blutbeutel schlagen. Genau wie Kanin. Und was hat es ihm eingebracht? Gefangen und gefoltert von diesem psychotischen Freak Sarren. Du musst ja verdammt stolz darauf sein, denselben Weg eingeschlagen zu haben wie unser Schöpfer.«
Verzweifelt tastete ich mit der freien Hand über den Tisch – irgendetwas, ich brauchte irgendetwas, um mich zu befreien. Gleichzeitig zwang ich mich, mit ihm zu reden, um ihn abzulenken. »W-woher … woher weißt du …«
»Das mit Kanin?« Wieder drehte Jackal den Stab und ich wand mich gequält. »Du hattest wohl auch diese Träume, wie? Zwischen jenen, die dasselbe Blut teilen, können intensive Emotionen manchmal übertragen werden. Möglicherweise fühlt Kanin also gerade auch deine Schmerzen. Ist das nicht eine interessante Vorstellung?« Lächelnd beugte er sich über mich. »Hey, Kanin, kannst du mich hören? Merkst du, was ich mit deinem jüngsten Abkömmling anstelle? Wie war das?« Er neigte den Kopf. »Ich soll ihr noch eine Chance geben, sagst du? Ich soll sie nicht töten, nicht so, wie du deine Brüder umgebracht hast? Kein schlechter Gedanke. Meinst du denn, wenn ich ihr das Angebot noch einmal mache, wird sie zustimmen?«
Meine trägen Finger ertasteten einen unversehrten Glasbecher und schlossen sich um dessen Rand. Da Jackal noch immer über mir hing, riss ich ihn mit aller Kraft hoch und zielte auf seine Wange. Das Glas zerplatzte mit solcher Wucht, dass Jackals Kopf zur Seite gerissen wurde und er laut brüllte.
Mit einer ruckartigen Bewegung richtete er sich auf, riss mich vom Tisch und hob mich über seinen Kopf. Im nächsten Moment flog ich durch die Luft, das Fenster raste auf mich zu und mit einem explosionsartigen Knall krachte ich durch die Scheibe. Der kalte Wind von Old Chicago schlug mir ins Gesicht, und für eine Sekunde schwebte ich reglos im leeren Raum, bevor ich hinunter in die Tiefe stürzte.
Verzweifelt drehte ich mich, ruderte mit den Armen durch die Luft und suchte nach irgendetwas, woran ich mich festhalten konnte. Meine Finger schrammten über die Mauer, dann knallte ich gegen das Gebäude und klammerte mich mit einer Hand an einen schmalen Sims, der unterhalb der Fensterfront verlief.
Ich sah nach oben. Über mir schwebte Jackals Gesicht, eine Wange übel zugerichtet. Mit brennendem Blick starrte er zu mir hinunter. Er grinste, obwohl ihm das Blut in den Mund lief und seine Reißzähne rot färbte.
»Das war nicht besonders schlau«, sagte er in fröhlichem Plauderton, der so gar nicht zu seiner Miene passte. »Mutig, ja, aber nicht schlau. Und das auch noch, nachdem ich dir gerade einen Ausweg angeboten hatte. Jeder richtige Vampir hätte sich auf diese Gelegenheit gestürzt. Aber du nicht. Du spinnst immer noch rum wegen der Menschen.«
Es war nicht gerade einfach, ihm zuzuhören. In meinem Bauch steckte noch immer der Holzpfahl, und der ständige, pulsierende Schmerz machte mich träge und schwach. Meine Finger gerieten ins
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