Tor der Daemmerung
Mittelfinger.
»Für Ezekiel«, hauchte Jeb und ließ den Arm sinken. »Sag ihm … er soll sich um unsere Leute kümmern.«
»Jeb …«
»Das war ja recht spaßig«, unterbrach mich Jackal und rieb sich die Hände. »Aber ich denke, für heute Nacht ist meine Geduld erschöpft. Also, liebes Schwesterlein, ich warte auf deine Antwort. Wirst du dich mir anschließen? Mir dabei helfen, das Heilmittel zu finden und unsere Welt neu zu bevölkern? Überleg doch nur, was die Meistervampire uns für diese Informationen alles geben würden! Wenn wir wollen, könnten wir über sie herrschen. Was sagst du?«
Prüfend sah ich zu Jeb, der zusammengesunken vor dem Tisch saß. Ich konnte sein Blut riechen, hörte seinen Herzschlag, spürte seinen kalten Blick auf mir. Verdammend, hasserfüllt. Selbst jetzt war ich für ihn noch ein Dämon. Er würde nie etwas anderes in mir sehen.
Dann drehte ich mich zu Jackal um. »Nein.« Überrascht zog er die Augenbrauen hoch. Ich ging um den Tisch herum, stellte mich zwischen ihn und den Menschen und hob mein Schwert. »Ich werde Jeb mitnehmen, ob es dir nun passt oder nicht. Also geh mir aus dem Weg.«
Bedauernd schüttelte Jackal den Kopf. »Schade«, murmelte er. »Wir hätten etwas Außergewöhnliches erschaffen können. Zwei Geschwister, vom Schicksal zusammengeführt, verbünden sich, um die Welt zu verändern. Was soll ich sagen? Tief in meinem Inneren bin ich ein Romantiker, auch wenn diese Geschichte nicht wahr werden soll.« Er holte tief Luft, seufzte melodramatisch und lächelte. »Nun, dann werde ich dich töten müssen.«
»Dann hör auf zu quatschen und fang endlich an,« gab ich zurück und machte mich bereit. »Bald geht die Sonne auf.«
Jackal fletschte die Zähne und seine goldenen Augen funkelten gefährlich. »Vertrau mir, Schwesterchen, es wird nicht lange dauern.«
Aus seinem Mantel zog er einen kurzen Holzstab hervor, der an einem Ende spitz zulief. Von instinktiver Urangst ergriffen wich ich einen Schritt zurück.
»Dachte ich mir doch, dass dir das gefallen würde«, sagte er mit einem diabolischen Grinsen und machte einen Schritt in meine Richtung. »Kanin war ein guter Lehrmeister. Er hat mir beigebracht, meine Angst zu besiegen und sie zu meinem Vorteil einzusetzen.« Grinsend ließ er den Pflock zwischen den Fingern kreisen. »Was ist denn, Schwesterchen? Hat er dich nicht dasselbe gelehrt? Oder hat die liebe Verwandtschaft, die sich seinen Kopf auf dem Silbertablett wünscht, deine Lektionen etwas abgekürzt? Wie viel Unterricht war dir denn bei dem guten alten Kanin vergönnt? Wahrscheinlich weniger als mir. Ich kenne unseren Schöpfer schon sehr, sehr lange.«
»Hat er dir auch beigebracht, wie man seinen Gegner zu Tode langweilt? Denn diesen Teil habe ich wohl verpasst.«
Jackal lachte dröhnend. »Oh, das gefällt mir«, stellte er kopfschüttelnd fest. »Welch eine Schande, dich zu töten. Willst du es dir nicht vielleicht noch einmal überlegen? Diese Menschen werden so schnell langweilig.«
»Nein.« Wütend starrte ich ihn an. »Ich werde nicht zulassen, dass du noch irgendjemandem wehtust.«
»Also gut.« Der Vampirkönig zuckte mit den Schultern und packte seinen Stab. »Du hattest deine Chance. Bist du bereit, Schwesterchen? Los geht’s!«
Innerhalb eines Wimpernschlags war er bei mir, so schnell, dass ich ihn nicht einmal kommen sah. Ich schlug mit aller Kraft zu, aber Jackal duckte sich weg und umging meine Deckung. Mit einer Hand packte er mich an der Kehle und hob mich in die Luft. Noch bevor ich reagieren konnte, schleuderte er mich mit voller Wucht auf den Arbeitstisch. Wieder regnete es Scherben wie bei einem gläsernen Wirbelsturm und mein Schädel schlug gegen die Marmorkante des Tisches. Völlig benommen blieb ich liegen, und dieser kurze Moment reichte Jackal, um auszuholen und seinen hölzernen Stab in meinen Bauch zu rammen.
Schreiend bäumte ich mich auf. Mein Schwert fiel scheppernd zu Boden. Nie zuvor hatte ich solche Schmerzen empfunden: Ausgehend von der Stelle, wo der Pflock in meinen Körper eingedrungen war, breitete sich flüssiges Feuer in mir aus, das in Wellen über mich hinwegschwappte. Ich spürte den Stab in meinem Inneren, wie eine Faust bearbeitete er meine Eingeweide, immer wieder schien er an ihnen zu zerren, sie regelrecht zu zerquetschen. Ich musste ihn so schnell wie möglich aus mir herausreißen, aber Jackal packte mein Handgelenk und drückte es auf die Tischplatte, sodass ich hilflos vor ihm
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