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Tor der Daemmerung

Tor der Daemmerung

Titel: Tor der Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kagawa
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wir uns umeinander. Und ja, Lucas erzählt immer etwas von Familie, alle für einen und so weiter, aber letztlich ist das Blödsinn. Glaubst du denn wirklich, einer von denen würde sich vor dich werfen, wenn ein Vampir angreift?« Der Gedanke entlockte mir ein höhnisches Grinsen. »Lucas wäre der Erste, der die Beine in die Hand nimmt, und Rat direkt hinterher. Genau wie ich.«
    Stick ließ die Schultern hängen und wandte sich ab. Das war eine beliebte Taktik von ihm, ein Problem zu ignorieren und zu hoffen, es würde von allein verschwinden, aber das machte mich nur noch wütender. »Mir ist klar, dass du das nicht gerne hörst«, fuhr ich gnadenlos fort. »Aber Herrgott noch mal, Stick, wach auf! So liegen die Dinge nun einmal. Früher oder später wirst auch du lernen, dass da draußen jeder auf sich allein gestellt ist und dass du dich nur auf einen einzigen Menschen wirklich verlassen kannst: auf dich selbst.«
    Wortlos starrte er zu Boden. Also wandte ich mich ebenfalls ab und lehnte mich gegen die Mauer. In ein paar Minuten würde er wieder ganz normal werden, deshalb brauchte ich mir keine Gedanken zu machen. Er würde mit mir reden und so tun, als wäre nichts passiert. Wenn er weiterhin den Kopf in den Sand stecken wollte, würde ich ihn nicht daran hindern. Aber ich würde ihm dabei auch nicht mehr das Händchen halten.
    Eine endlose Minute nach der anderen verstrich, aber Rat und Lucas waren noch immer nicht aufgetaucht. Rastlos blickte ich durch das Loch zum Himmel hinauf. Beeilt euch, ihr zwei. Jetzt würde es knapp werden vor Sonnenuntergang, und das machte mich nervös. Aber ich wollte diese Lebensmittel. Inzwischen war ich wieder hungrig, und zu wissen, dass direkt dort hinter der Mauer ein solcher Vorrat wartete, machte mich wahnsinnig. Ich hatte schon fast vergessen gehabt, was für ein Gefühl es war, nicht die ganze Zeit halb verhungert durch die Gegend zu laufen. Ohne Bauchkrämpfe, die einem fast den Magen umdrehten, obwohl es gar nichts gab, was man hätte auskotzen können. Keine Kakerlaken und Spinnen essen zu müssen, nur um zu überleben. Oder ein Stück geklautes Brot mit Stick teilen zu müssen, weil er sich einfach irgendwo zusammenrollen und sterben würde, wenn ich mich nicht um ihn kümmerte. Wenn wir an diese Lebensmittel herankamen, würde ich mir über all das sehr lange nicht mehr den Kopf zerbrechen müssen. Falls Rat und Lucas endlich ihre Ärsche hierherbewegten.
    Dann kam mir ein weiterer Gedanke, der für das zynische Straßenkind in mir ganz neu war: Falls wir die Sachen holten, würde ich mir nicht mehr so viele Sorgen um Stick machen müssen. Lucas wäre wahrscheinlich auch glücklicher und weniger gestresst, sodass er sich vielleicht überreden ließe, lesen zu lernen. Selbst Rat könnte mitmachen – zumindest wenn ich es über mich bringen würde, ihn zu unterrichten. Ich hatte wie immer keine Ahnung, wo das hinführen sollte, aber jede Revolution nimmt irgendwo ihren Anfang.
    Die Vampire haben uns alles genommen , dachte ich und kickte wütend einen Kieselstein gegen die Mauer. Ich werde dafür sorgen, dass wir uns etwas davon zurückholen.
    Aber immer eines nach dem anderen, und an erster Stelle stand das Überleben.
    Es vergingen wieder einige Minuten, dann tauchten Rat und Lucas endlich auf. Keuchend kletterten sie zu uns herunter und Rat warf mir einen mörderischen Blick zu, als er sich von der Leiter fallen ließ. In seinen Knopfaugen standen Angst und Hass.
    »Was ist passiert?«, wollte ich wissen, als Lucas sich in den Tunnel hinabließ.
    »Wir sind bei der kaputten Statue ein paar Lakaien in die Arme gelaufen«, murmelte er, als er neben mir landete und sich den Schweiß von der Stirn wischte. »Sie haben uns mehrere Blocks weit verfolgt, bevor wir sie im Park endlich abschütteln konnten. Die sind alle verdammt nervös. Ich wünschte nur, ich wüsste, was da vorgeht.«
    »Das ist doch bescheuert«, unterbrach ihn Rat und ließ immer wieder den Blick durch den Tunnel wandern, als würden die Wände ihn erdrücken. »Wir sollten gar nicht … da rausgehen.«
    »Gehen wir wieder zurück?«, flüsterte Stick.
    »Nein«, fauchte ich. »Wenn wir das jetzt nicht machen, kann es ewig dauern, bis wir wieder die Chance dazu haben.«
    »Woher sollen wir überhaupt wissen, ob sie die Wahrheit sagt?« Nachdem es ihm nicht gelungen war, mich einzuschüchtern, änderte Rat nun seine Taktik. »Ein ganzer Kellerraum voller Lebensmittel? Ich bitte euch!« Abfällig

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