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Tor der Daemmerung

Tor der Daemmerung

Titel: Tor der Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kagawa
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verzog er die Lippen. »Mädchen haben doch sowieso keine Ahnung, wonach sie suchen müssen. Vielleicht hat sie nur ein paar leere Dosen gesehen und dann voreilige Schlüsse gezogen. Oder sie hat zu viel Schiss, um allein zu gehen, und braucht einen großen, starken Kerl als Beschützer.«
    »Red ruhig weiter, Schwachkopf. Ich finde es immer lustig, wenn du versuchst, lange Wörter zu benutzen.«
    »Könntet ihr mal die Klappe halten?«, giftete Lucas, was deutlich zeigte, wie angespannt er war. »Wir vergeuden wertvolle Zeit! Allie, du kennst den Weg, richtig?« Er deutete auf den Tunnel vor uns. »Dann geh voran.«
    Als wir auf der anderen Seite aus dem Rohr kletterten, war der Himmel schon merklich dunkler geworden. Wachsam blickten wir uns um. Über uns ballten sich graue Wolken zusammen und ein Blitz zuckte.
    »Da braut sich ein Sturm zusammen«, stellte Lucas unnötigerweise fest, was sofort von einem leisen Donner bestätigt wurde. Ich unterdrückte einen Fluch. In New Covington würde der Regen die Brunnen und Wassertanks auffüllen, aber er würde auch noch ganz anderes aus seinen Löchern treiben. »Und die Sonne geht bereits unter. Wir müssen sofort loslegen.«
    »Kommt mit.« Ich schob mich durch Gras und Gestrüpp, um aus dem Graben herauszukommen. Die Jungs folgten mir und kämpften sich über den Wall, bis die verwunschenen, leeren Ruinen vor uns auftauchten. Still und bedrohlich ragten sie im schwindenden Licht auf.
    Rat fluchte, während Stick so heftig keuchte, als würde er gleich hyperventilieren. »Ich schaff das nicht«, flüsterte er und stolperte Richtung Graben zurück. »Ich kann da nicht reingehen. Ich muss zurück, lasst mich zurückgehen.«
    »Das war doch klar«, höhnte Rat. »Feiger kleiner Pisser. Vollkommen nutzlos. Soll er doch nach Hause rennen, aber von meinem Anteil kriegt er sicher nichts.«
    Lucas packte Stick am Arm, bevor der fliehen konnte. »Rat hat recht. Wenn du jetzt abhaust, kriegst du nichts von dem, was wir mitbringen.«
    »Ist mir egal«, keuchte Stick mit weit aufgerissenen Augen. »Das ist Wahnsinn. Die Sonne geht gleich unter. Ihr werdet alle getötet werden.«
    »Stick.« Ich versuchte, vernünftig zu bleiben. »Du kennst den Rückweg nicht. Willst du wirklich im Dunkeln durch die Tunnel wandern? Ganz allein?«
    Das schien zu ihm durchzudringen. Er hörte auf, gegen Lucas’ Griff anzukämpfen, und warf einen ängstlichen Blick auf den Tunneleingang. Mit hängenden Schultern sah er mich flehend an. »Ich will nicht«, flüsterte er. »Bitte, lass uns zurückgehen, Allie. Ich habe kein gutes Gefühl bei der Sache.«
    Rat stieß ein angewidertes Geräusch aus und auch ich merkte, wie ich wütend wurde. »Nein«, lehnte ich kategorisch ab. »Wir gehen weiter. Es ist noch hell genug. Wir werden nicht ohne diese Lebensmittel zurückkehren.« Mit einem aufmunternden Lächeln ergänzte ich: »Warte nur, bis du siehst, was es da alles gibt – das ist es wert.«
    Obwohl er nach wie vor völlig verängstigt wirkte, folgte er uns lautlos, als wir durch die unebenen, überwucherten Straßen liefen, über Wurzeln sprangen und uns zwischen verlassenen Autos hindurchwanden, um dem drohenden Sturm zuvorzukommen. Wir scheuchten ein Rudel Rehe auf und einen Schwarm Krähen, die sich mit überraschtem Gekrächze in die Lüfte erhoben. Davon abgesehen war in den Ruinen nichts zu hören außer unseren Schritten auf dem Asphalt und unserem keuchenden Atem.
    Während ich die drei durch den verwilderten Garten zu dem Schuppen führte, fielen die ersten Tropfen. Bis wir uns alle im Inneren zusammendrängten, trommelte ein wahrer Sturzregen auf das Metalldach und strömte durch die Löcher herein. Ich knipste die Taschenlampe an und stieg über die Leiter in den Keller hinunter, voller Furcht, dass die Sachen inzwischen verschwunden sein könnten. Aber alles war noch genau so, wie ich es verlassen hatte: Ein Teil des Regals lag zerbrochen auf dem Boden und überall stapelten sich die Konservendosen, die im Strahl meiner Lampe funkelten.
    »Heilige Scheiße.« Rat schob sich an mir vorbei und stolperte durch den Raum. Mit offenem Mund begutachtete er die Wand voller Büchsen und sagte dann mit hungrig funkelnden Augen: »Das Miststück hatte tatsächlich recht. Seht euch das an.«
    »Ist das alles … Essen?«, fragte Stick überwältigt. Vorsichtig nahm er eine Dose in die Hand. Aber noch bevor ich antworten konnte, stieß Rat ein so irres, schrilles Lachen aus, dass ich

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