Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tor der Daemmerung

Tor der Daemmerung

Titel: Tor der Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kagawa
Vom Netzwerk:
wenn du die Bande nicht durchtrennst, die dich an dein altes Leben ketten. Für diesen Jungen bist du jetzt der Feind, das unsichtbare Monster aus seinen Albträumen. Du bist das Wesen, das er am meisten fürchtet. Und nichts, was in deinem früheren Leben eine Rolle gespielt hat, weder Freundschaft, noch Treue, noch Liebe werden daran jemals etwas ändern.«
    Das ist nicht wahr , wollte ich schreien. Fast mein halbes Leben lang hatte ich mich um Stick gekümmert. Nun, wo die anderen alle tot waren, kam er für mich einer Familie am nächsten. Aber ich wusste, dass es zwecklos war, mich mit Kanin zu streiten, also drehte ich ihm achselzuckend den Rücken zu.
    Dem Vampir gefiel das nicht. »Gehe nicht zu diesem Jungen, Allison«, warnte er mich. »Was auch immer du zurückgelassen zu haben glaubst. Vergiss ihn und dein altes Leben. Hast du verstanden?«
    »Ja«, knurrte ich. »Ich hab’s gehört.«
    Sein Blick durchbohrte mich förmlich. »Gehen wir«, sagte er schließlich und setzte sich in Bewegung. »Wir müssen einen anderen Ort finden, um uns zu nähren.«
    Nach einem letzten Blick auf das Lagerhaus wandte ich mich ab. Doch bevor ich Kanin folgte, wickelte ich die Schuhe aus und stellte sie gut sichtbar auf den Boden, natürlich in der Hoffnung, dass es Stick sein würde, der am nächsten Morgen darüber stolperte. Wir verließen Sektor 4, kehrten in das Revier der Gangs zurück und stießen schließlich auf zwei Red Skulls, die anscheinend noch nichts von den wildernden Vampiren gehört hatten. Sie hatten anschließend eine ziemlich miese Nacht vor sich, während wir mit gut gefüllten Bäuchen zum Krankenhaus zurückkehrten, ohne in dieser Nacht noch ein einziges Wort miteinander zu wechseln. Mister Vampirdiva verschwand in seinem Büro und ich entschied mich für die Empfangshalle, wo ich mit meinem Katana auf imaginäre Feinde eindrosch, die alle Kanins Gesicht trugen.
    Wenigstens fragte er nicht nach den Schuhen, und ich verlor kein Sterbenswörtchen darüber.
    Die folgenden Nächte vergingen wie üblich. Ich bekam die bekannten Lektionen und brachte mühsam Mathe, Englisch und Vampirgeschichte hinter mich, bevor wir zum Training übergingen. Nach den ersten Fortschritten mit dem Katana zeigte mir Kanin verschiedene Bewegungsabläufe, die ich mir einprägen sollte, und ließ mich dann allein üben. Er verriet mir nie, wohin er verschwand, aber ich ging davon aus, dass er dieses Stockwerk inzwischen komplett durchsucht hatte und nun in die unterste Etage vordrang, deren Zugang sich hinter einer roten Tür am Fuße einer langen Treppe verbarg. Genau die Tür, an der ein ausgebleichtes Schild mit der Aufschrift »Gefahr! Nur für Personal!« hing. Ich war eines Nachts zufällig darauf gestoßen, als ich in meiner knapp bemessenen Freizeit das Krankenhaus erkundete. Doch als Kanin mich zurückpfiff, hatte ich nicht weiter nachgeforscht.
    Natürlich war ich neugierig. Ich wollte wissen, was sich hinter dieser Tür befand und wonach Kanin eigentlich suchte. Einmal folgte ich ihm heimlich nach unten, aber die Metalltür war geschlossen, und hineinzugehen und womöglich von ihm erwischt zu werden, war mir zu riskant. Seit jener Nacht in Sektor 4 stand eine unsichtbare Wand zwischen uns. Kanin erwähnte den Vorfall nie wieder und machte auch keine Anstalten, mich über die Maßen zu kontrollieren, aber wir gingen kühler miteinander um und unterhielten uns außerhalb des Unterrichts kaum noch. Vermutlich wäre es ihm egal gewesen, wenn ich nach unten gegangen wäre, aber ich wollte mich einige Zeit lang ruhig verhalten und Gras über die Sache wachsen lassen.
    Auf keinen Fall wollte ich ihm Grund zu der Vermutung geben, ich könnte irgendwelche Dummheiten planen.

8
    Eines Nachts wachte ich auf, allein wie immer, und ging durch den Flur zu Kanins Büro, doch er war nicht da. Auf dem Schreibtisch lag eine Nachricht. In seiner ordentlichen, filigranen Schrift stand dort: Bin im untersten Stockwerk. Übe die Sequenzen 1-6 selbstständig. Du weißt jetzt alles, was ich dir über die Vampirgesellschaft beibringen kann. K.
    In meinem Bauch begann es zu kribbeln. Das war meine Chance. Kanin war nicht da und ich konnte tun und lassen, was ich wollte. Eine bessere Gelegenheit würde ich nicht bekommen.
    Wie es in der Nachricht verlangt wurde, verließ ich das Büro und ging mit meinem Katana in die Empfangshalle. Aber ich blieb nicht dort. Ohne zu zögern, lief ich zum Aufzugschacht, schnappte mir die Kabel und zog mich so

Weitere Kostenlose Bücher