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Tor der Daemmerung

Tor der Daemmerung

Titel: Tor der Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kagawa
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Gemurmel und ein paar Beschwerden, das meiste davon gegen den Jungen gerichtet, der reglos auf dem Boden lag, aber niemand kam auf den Gedanken, ihm zu helfen. Mir tat der Kleine zwar leid, aber ich konnte es den anderen nicht übel nehmen, dass sie wütend waren. In einer solchen Gruppe musste man zusehen, dass man sich selbst versorgte und einen Beitrag für die Gemeinschaft leistete, sonst galt man schnell als unnützer Ballast. Wer stahl, herumschnüffelte oder ungefragt die Sachen anderer benutzte, riskierte verprügelt oder – noch schlimmer – geächtet und aus der Gruppe ausgeschlossen zu werden. In meiner alten Gang war ich zwar eine Einzelgängerin gewesen, aber ich hatte immer selbstständig für meinen Unterhalt gesorgt. Und ich hatte die anderen niemals bestohlen.
    Schließlich stand der Junge auf und klopfte sich die Klamotten ab. Der Schock seines Anblicks warf mich beinahe um.
    »Stick«, flüsterte ich fassungslos. Ich traute meinen Augen kaum. Er sah sich benommen im Lager um und schnief te noch ein wenig, während ich immer wieder angestrengt blinzelte, um sicherzugehen, dass er es auch wirklich war. Tatsächlich: dünn, abgerissen und schmutzig, aber quicklebendig. »Du hast es geschafft. Du bist doch noch zurückgekommen.«
    Ohne lange nachzudenken stand ich auf, um zu ihm zu gehen, aber da krallte sich etwas erbarmungslos in meinen Arm und zerrte mich zurück in den Schatten.
    »Aua! Verdammt, Kanin«, fauchte ich leise. »Was soll das denn? Lass mich los!« Ich versuchte mich zu befreien, aber er war viel stärker als ich.
    »Wir gehen«, erklärte er mit eisiger Stimme und zog mich hinter sich her. »Sofort. Komm jetzt.«
    Die Füße in den Boden zu stemmen brachte nichts. Ihm meinen Arm entreißen zu wollen auch nicht, im Gegenteil, er bohrte die Finger noch fester in mein Fleisch. Zischend gab ich auf und ließ mich von ihm zum Fenster und nach draußen zerren. Erst als wir uns einige Meter von dem Lagerhaus entfernt hatten, blieb er stehen und ließ mich los.
    »Sag mal, spinnst du?«, fauchte ich zwischen meinen Fangzähnen hindurch, die wieder gewachsen waren. »Langsam bin ich es leid, durch die Gegend gezerrt, aufgeschlitzt, geschlagen, geschüttelt und herumkommandiert zu werden, wie es dir gerade passt. Ich bin doch nicht dein verdammter Schoßhund!«
    »Du kanntest diesen Jungen, nicht wahr?«
    Abfällig verzog ich den Mund. »Und wenn?«
    »Und du wolltest dich ihm zeigen, ist es nicht so?«
    Eigentlich hätte ich Angst vor ihm haben müssen, vor allem da seine Augen wieder so schwarz und glasig wurden, aber in diesem Moment überwog die Wut. »Er war mein Freund «, fauchte ich und starrte ihn hasserfüllt an. »Mir ist klar, dass du das unmöglich begreifen kannst, weil du so etwas ja nicht hast, aber ich kannte ihn schon viele Jahre, bevor du auf der Bildfläche erschienen bist.«
    »Und was wolltest du tun, wenn er dich gesehen hätte?«, fragte Kanin mit unendlich kalter Stimme. »Zu deiner alten Gang zurückkehren? Dich seiner neuen anschließen? Ein Vampir unter Schafen? Was denkst du, wie lange du durchhalten würdest, bis du sie alle umbringst?«
    »Verdammt, ich wollte doch nur mit ihm reden! Wissen, ob er ohne mich zurechtkommt!« Meine Wut verpuffte und ich lehnte mich erschöpft gegen eine Mauer. »Ich habe ihn im Stich gelassen«, murmelte ich, verschränkte abwehrend die Arme und wandte den Blick ab. »Ich habe ihn allein gelassen, dabei war er noch nie gut darin, auf eigenen Beinen zu stehen. Ich wollte doch nur wissen, ob er zurechtkommt.«
    »Allison.« Kanins Stimme war noch immer unnachgiebig, aber zumindest nicht mehr unterkühlt. »Genau deswegen habe ich dir gesagt, dass du dein menschliches Leben vergessen sollst. Die Menschen, die du vor deiner Verwandlung gekannt hast, werden ihr Leben fortsetzen und ohne dich weitermachen. Für sie bist du jetzt ein Monster und sie werden dich nicht wieder in ihren Reihen aufnehmen. Sie werden dich niemals akzeptieren, auch nicht um der alten Zeiten willen. Und irgendwann werden sie alle sterben, sei es nun an Altersschwäche, durch Hunger, Krankheiten oder die Hand eines anderen Menschen. Du hingegen wirst weiterleben, vorausgesetzt du verzichtest darauf, dich der Sonne auszusetzen oder dir von einem anderen Vampir den Kopf abschlagen zu lassen.« Während er mich musterte, wurde seine Miene eine Spur weicher, fast schon mitfühlend. »Die Unsterblichkeit ist ein einsamer Weg«, murmelte er, »und es wird nur schlimmer,

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