Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tor der Daemmerung

Tor der Daemmerung

Titel: Tor der Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kagawa
Vom Netzwerk:
ganzes Leben lang, ich wurde dort geboren.«
    »Und wie war es da so?«
    »Was meinst du damit, wie es war?«
    »Na ja, ich war noch nie in einer«, präzisierte er, verlagerte Caleb auf die andere Seite und schüttelte seinen Arm aus. »Ich habe noch nie das Innere einer Vampirstadt gesehen, sondern immer nur Geschichten und Gerüchte darüber gehört. Und die sind alle völlig unterschiedlich, aber das weißt du ja bestimmt.«
    »Eigentlich nicht.« Fieberhaft überlegte ich, wie ich ihn von dem Thema abbringen könnte. »Was hast du denn so gehört?«
    Mit einem schiefen Grinsen meinte er: »Ich würde es dir ja erzählen, aber für gewisse Ohren wäre das viel zu gruselig.« Mit der freien Hand zeigte er auf Caleb, der uns Gott sei Dank nicht zuzuhören schien. »Sagen wir einfach, in ein paar Geschichten spielten riesige Gefriertruhen und Haken an der Decke eine Rolle.«
    Angewidert rümpfte ich die Nase. »So ist es nicht«, versicherte ich ihm und gab mich damit geschlagen. »Im Prinzip ist es einfach eine große Stadt mit vielen schäbigen Häusern, Vampiren und armen Menschen. Eine hohe Mauer hält die Verseuchten fern, und um die Innere Stadt zieht sich auch eine Mauer, denn dort leben die Vampire. Im Teil dazwischen hausen die Menschen. Oder zumindest diejenigen, die nicht in die Innere Stadt verschleppt wurden, um für die Vampire zu arbeiten.« Ich trat gegen eine kaputte Flasche, die daraufhin klimpernd über den Asphalt rutschte, bis das Gras sie verschluckte. »Also nichts Besonderes.«
    »Hast du jemals einen Vampir gesehen?«
    Ich zuckte innerlich zusammen. Wieder eine Frage, die ich nicht beantworten wollte. »Vampire verlassen die Innere Stadt eigentlich nie«, wich ich ihm aus. »Und du?«
    »Nein, noch nie«, gab Zeke zu. »Verseuchte, klar, und die sogar massenweise. Aber nie einen echten Vampir. Jeb allerdings schon. Er sagt, sie seien bösartige, seelenlose Dämonen, die einen ausgewachsenen Mann in Stücke reißen und Löcher in Stahlwände schlagen können. Wenn man einem echten Vampir begegnet, kann man nur noch beten und hoffen, dass er einen nicht bemerkt.«
    Mein Unbehagen wuchs. »Du redest ganz schön viel von diesem Jeb«, stellte ich fest, alles andere als erfreut über das, was er gerade gesagt hatte. »Ist er euer Anführer oder was?«
    »Mein Vater«, antwortete Zeke knapp.
    »Oh, tut mir leid.«
    »Nicht mein echter Vater.« Zeke grinste schon wieder und nahm der Situation so die Peinlichkeit. »Der ist gestorben, als ich drei war. Meine Mom auch, beide von Verseuchten getötet.« Er erzählte es mit einem Achselzucken, als wollte er damit sagen, das sei vor langer Zeit geschehen und wäre deshalb kein Grund für besonderes Mitgefühl. »Jeb hat mich adoptiert. Aber ja, ich denke, er ist auch unser Anführer. Zumindest war er der Pastor unserer Kirchengemeinde, bevor wir entschieden haben, uns auf die Suche nach Eden zu machen.«
    »Wie bitte?«
    Fast wäre ich über eine kaputte Sperrholzkiste gestolpert. Im ersten Moment dachte ich, ich hätte ihn falsch verstanden. Hatte er wirklich gerade gesagt, sie seien auf der Suche nach Eden? Obwohl ich mit Religion nichts am Hut hatte, wusste sogar ich, was Eden war. Oder was es angeblich war.
    Fassungslos starrte ich den Jungen an, der da so gelassen neben mir herlief. Konnte jemand, der so jung und gut aussehend war, schon an Wahnvorstellungen leiden? Zeke verdrehte demonstrativ die Augen.
    »Ja, ich weiß.« Mit hochgezogenen Brauen sah er zu mir herüber. »Es klingt verrückt. Irre Fanatiker, die nach dem Gelobten Land suchen – habe ich alles schon gehört. Du brauchst also nicht drauf rumzureiten.«
    »Das geht dich sowieso nichts an«, fügte Ruth in ätzendem Ton hinzu. »Wir können gut darauf verzichten, dass du uns erzählst, wie dumm das klingt.«
    »Das wollte ich gar nicht«, protestierte ich, obwohl mir genau das durch den Kopf gegangen war.
    »Aber wir suchen nicht nach dem Ort aus der Bibel«, fuhr Zeke fort, als hätte ich nichts gesagt. »Eden ist eine Stadt. Eine riesige Stadt. Dort gibt es noch die Technologie aus der Zeit vor der Epidemie. Und sie wird vollständig von Menschen geführt. In Eden gibt es keine Vampire.«
    Abrupt blieb ich stehen. »Das soll wohl ein Witz sein.«
    Er schüttelte vehement den Kopf. »Nein. Angeblich liegt Eden auf einer Insel in einem gigantischen See. Der See ist so groß, dass die Verseuchten sich nicht trauen, ihn zu überqueren, und die Vampire wissen gar nicht, dass die Stadt

Weitere Kostenlose Bücher