Tor der Daemmerung
Lächeln, als er die Verzweiflung bemerkte, mit der ich ihn über die Schulter der Verrückten hinweg ansah. »Allison kennt uns noch nicht so gut. Deine Engel machen sie vielleicht etwas nervös. Nicht jeder kann sie so gut erkennen wie du.«
»Oh ja, richtig! Tut mir leid, Liebes.« Dorothy krallte sich in seine Schulter und strahlte irre zu ihm hoch, aber er erwiderte das Lächeln gelassen. »Das vergesse ich manchmal. Du bist selbst ein Engel, weißt du das? Ezekiel. Der Engel des Todes.«
Das schien Zeke nun doch etwas peinlich zu sein und er warf mir einen entschuldigenden Blick zu, während Dorothy seinen Arm tätschelte und sich dann wieder mir zuwandte. »Er glaubt, er könnte mich täuschen«, flüsterte sie so laut, dass alle sie verstehen konnten. »Aber ich weiß, dass er ein getarnter Engel ist. Das spürt man. Wer so viele Engel gesehen hat wie ich, spürt so etwas immer.«
Nun wollte sie auch meinen Arm tätscheln, verfehlte ihn aber, weil ich mich ihr geschickt entzog. Das störte sie allerdings nicht weiter, denn sie begann gedankenverloren vor sich hin zu summen und vom Straßenrand aus in die Ferne zu blicken. Wahrscheinlich suchte sie noch mehr scheue Engel. Seufzend schüttelte Zeke den Kopf.
»Tut mir leid«, sagte er mit einem reumütigen Lächeln. »Ich habe vergessen, dich vor Dorothy zu warnen – sie ist nicht ganz richtig im Kopf, falls du das noch nicht bemerkt haben solltest. Ständig sieht sie irgendwelche Engel.«
Mir fiel ein Stein vom Herzen. Einen Moment lang hatte ich befürchtet, in ernsten Schwierigkeiten zu stecken. »Hat irgendjemand hier überhaupt schon einmal einen echten Vampir gesehen?«, fragte ich, um herauszufinden, vor wem ich mich in Acht nehmen musste. »Vergessen wir mal die Fangzähne, Klauen und roten Augen – weiß irgendeiner von euch, wie sie wirklich aussehen?«
»Na ja, Dorothy schwört, sie hätte einmal einen gesehen, allerdings kann sie sich nicht mehr daran erinnern, wann oder wo das gewesen sein soll, also kann niemand wissen, ob es stimmt. Abgesehen von …« Er zuckte mit den Achseln. »… Jeb. Als er noch ein Kind war, wurde Jebbadiahs gesamte Familie von einem Vampir abgeschlachtet, und er hat nie vergessen, wie der aussah. Er sagt, er habe es sich eingeprägt, damit er den Vampir töten kann, falls er ihm jemals wieder begegnet.«
Jebbadiah lief mit entschlossenen Schritten vor der Gruppe her, ohne sich ein einziges Mal umzudrehen. Was konnte ein Leben voller Wut, Missgunst und Hass wohl aus einem solchen Menschen machen?
Einige Zeit später warnte mich meine innere Uhr davor, dass nur noch zwei Stunden Dunkelheit blieben, doch genau in diesem Moment hob Jeb den Arm und ließ die Gruppe anhalten. Zeke rannte zu ihm nach vorne und hörte sich Jebs leise Anweisungen an, dann drehte er sich zu uns um.
»Lager aufschlagen!«, rief er und wies mit dem Arm von der Straße herunter. Sofort schlurften alle auf die ausgetrocknete Wiese, die sich neben dem Asphalt ausbreitete. »Jake, Silas, ihr übernehmt die erste Wache. Teresa«, er nickte der alten Frau auffordernd zu, »Darren wird Ruth heute beim Abendessen helfen. Du solltest dein Bein schonen. Halte es zumindest für ein paar Stunden ruhig.« Darren murmelte empört vor sich hin, aber Zeke verdrehte nur die Augen. »Oh ja, der arme Darren wird gezwungen, zu kochen, zu putzen und andere unmännliche Dinge zu tun. Irgendwann wird er noch eine Schürze tragen und Kinder kriegen.« Er lachte auf, als Darren sich zu ihm umdrehte und eine vielsagende Geste machte. »Du bist zwar mein Freund, Dare, aber so nah stehen wir uns dann doch nicht.«
Ich hielt mich im Hintergrund und beobachtete, wie Zeke eine ebene Stelle vom Gras befreite, über einigen trockenen Halmen Holz aufschichtete und ein Feuer anzündete. Schnell und effizient, als hätte er das schon unzählige Male gemacht. Während ich mich wieder einmal fragte, wie lange diese Gruppe bereits unterwegs war, ließ Ruth von ihrem halb aufgebauten Zelt ab und blickte zu mir herüber.
»Was ist los, Städterin?«, fragte sie mit einem süßlichen Lächeln. »Weißt du etwa nicht, wie man ein Zelt aufstellt? Selbst ein Dreijähriger kann das. Soll Caleb es dir beibringen?«
Wieder einmal musste ich den Impuls unterdrücken, ihr an die Gurgel zu gehen, vor allem weil Zeke ganz in der Nähe war. »Nein danke, alles bestens.« Ich warf mir meine Tasche über die Schulter und stiefelte an ihr vorbei, weg von dem Zeltkreis rund um das Feuer, bis
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