Torchwood 1: Ein anderes Leben (German Edition)
finden. Er stützte sich auf die Ellbogen. „Was ist denn los, Schatz?“
Gwen erkannte, dass ihre Arme nicht mehr gelähmt waren, also warf sie sie ihrem Freund um den Hals und begann zu schluchzen.
Er ließ sich fest in die Arme nehmen, bis sie sich langsam beruhigt hatte. Rhys war gut darin. Er wusste, wann er reden und wann er den Mund halten und gar nichts sagen musste.
Sie wusste, dass sie das nicht erklären konnte. Also log sie ihn an und behauptete, gar nicht mehr zu wissen, was für ein Albtraum es gewesen war.
Rhys drückte sie noch einmal. „Das muss der Regen sein, der am Fenster rüttelt. Ich weiß, ich hätte es längst reparieren sollen, gerade jetzt, wegen des Sturms und so ...“
„Nein, nein“, murmelte sie. „Ist schon in Ordnung.“
Rhys hielt sie auf Armeslänge und sah sie an. Dann deutete er mit dem Kopf in Richtung Fenster. „Und es ist brütend heiß hier drin, oder? Vielleicht ist der Regen gar nicht so stark, und ich kann es ein wenig öffnen und Luft hereinlassen?“ Er stieg aus dem Bett und zottelte zum Fenster. Als er das obere Fenster öffnete, konnte Gwen das stetige Säuseln des Regens auf dem Pflaster hören.
Rhys tapste ins Badezimmer. Er ließ die Tür angelehnt und erhob seine Stimme, damit sie ihn über das Geräusch des laufenden Wasserhahns hören konnte. Er sprach in kurzen Stößen, während er sich die Zähne putzte. „Meine Oma wusste immer, wenn ein Sturm kam. Sie hat dann alle Spiegel im Haus mit Bettlaken verhängt. Weiße Bettlaken. Es war, als würde sie ihr Haus komplett einlagern. Sie wollte sie nicht wieder abnehmen, bis es nicht mehr blitzte.“
Gwen lächelte in sich hinein und war sich nicht ganz sicher, ob sie diese Geschichte lustig oder doch eher traurig fand. Sie wusste, dass Rhys fröhlichen Unsinn plapperte, um sie aus ihrer ängstlichen Stimmung herauszureißen. Damit sie das, was immer sie beunruhigte, vollkommen vergaß. Aber diese Anekdote erinnerte sie an einen außerirdischen Leuchtkobold, den Torchwood vor einigen Wochen in einer Spiegelbox gefangen hatte. Toshiko hatte die reflektierenden Flächen gefaltet und ein dunkles Tuch darübergeworfen. Würde nichts je wieder einfach sein, fragte sich Gwen. Vielleicht würde sie niemals wieder normale Bezugspunkte zu Rhys’ Familiengeschichten haben. Oder für das, was ihm im Büro passiert war, oder etwas, über das er und Banana Boat im Pub gelacht hatten. Sie konnte nie etwas über ihre Arbeit erzählen, und der gute Rhys akzeptierte es, weil ,Sonderkommando‘ nun einmal etwas war, über das sie nicht reden durfte. Er konnte ihr etwas über Barrys neuesten Computerstreich erzählen, oder wie naiv die junge Sekretärin war, die er gerade eingestellt hatte, oder die neueste verrückte Diättheorie seiner Kollegin Lucy. Aber Gwen erzählte niemals Geschichten über ihre Kollegen aus dem Team. Sie wusste aus ihrer Zeit bei der Polizei nur zu gut, dass es allzu leicht war, sich in derartigen Lügen zu verstricken.
„Schau dich an!“ Rhys stand in der Tür. „Du liegst auf der falschen Seite des Betts. Ich bin eben schon mal aufgestanden, weil ich ein Glas Wasser trinken und wieder wegbringen wollte – die ganze Tigersauce, die wir zum Abendessen zu uns genommen haben, treibt ganz schön. Und als ich wiederkam, warst du auf meine Seite gerollt. Darum hatte ich ein paar Schwierigkeiten mit deiner Lampe hier. Tut mir leid, ich war einfach ein wenig orientierungslos.“ Er bückte sich an ihrer Seite des Bettes und begann, Bücher, Stifte und Papiere aufzuheben, die er versehentlich auf den Boden geworfen hatte. „Du hattest in letzter Zeit einige unruhige Nächte, nicht wahr? Seit du den neuen Job hast. Was ist denn da los?“ Er lachte. „Schlechtes Gewissen?“
„Ach hör auf!“, gab Gwen zurück. „Ein schlechtes Gewissen wegen meines neuen Jobs? So was sagt doch nur dein Kumpel Gaz, oder? Als ob du nie Albträume hättest.“
„Ich schlafe immer gut. Das ist der Schlaf der Gerechten.“
„Der Schlaf der Gevögelten kommt eher hin“, sagte sie. „Was du meinst, ist dein postkoitales Koma, Rhys.“
Er ließ einige Papiere auf den Nachttisch fallen, beugte sich über sie und versuchte, ihr einen Kuss aufzudrücken.
„Das ist nicht fair!“, protestierte sie lachend, als sie seine Zahnpasta roch. „Du hast dir die Zähne geputzt, und ich stinke aus dem Mund wie eine Kuh aus dem Hintern.“
„Mir egal.“
„Nun, mir aber nicht“, sagte sie. „Und außerdem muss ich
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