Torchwood 1: Ein anderes Leben (German Edition)
erkunden, die andere innerhalb von S econd Reality geschaffen hatten. Irgendwann hatte er auf die Uhr gesehen und gemerkt, dass es fast ein Uhr am Sonntagmorgen war. Danach hatte er den Helm wieder aufgesetzt und sich noch einmal der überraschenden Qualität der Darstellungen auf den stereoskopischen Bildschirmen hingegeben.
Er wollte unbedingt neue Charaktere treffen, weil er hoffte, dass sie auch neue Leute in der echten Welt sein konnten. Man konnte es nie sagen, weil eine Person mehrere Avatare haben konnte. Penny Pasteur hatte sich bereits als Enttäuschung erwiesen. Er hatte sich Toshikos Worte zu Herzen genommen und war in den Wumpaam-Distrikt gegangen, wo ihm ein Magier namens Candlesmith eine Sonnenbrille verkauft hatte, die einem zeigte, wie eine Person im Fleshspace hieß. Es überraschte ihn nicht, dass sie bei Candlesmith nicht wirkte. Als Owen sie aber bei Penny Pasteur einsetzte, zeigte sie ihm, dass Penny eigentlich Donald McGurk jr. hieß und sich von Minneapolis aus einloggte. Donald war wohl tatsächlich der haarige Fünfzigjährige, den Toshiko hinter der sexy Braut vermutet hatte. Als Owen ihn mit seiner wahren Identität konfrontierte, gab er zu, dass er ein 32 Jahre alter Star Trek -Fan war, der insgeheim gerne Lieutenant Uhura sein wollte.
Owen ließ „Penny“ in der Verrückten Franse zurück. Er nutzte die Gunst der Stunde, als sie in einen riesigen Haufen verrottender Früchte fiel, der urplötzlich auf der Hauptstraße erschienen war, und machte sich davon.
Owen verschwand um eine Ecke und verlor sich zwischen den glitzernden Wolkenkratzer. Er kümmerte sich nicht mehr um Pennys Geheule und das Kreischen der Pteranodons, die aus dem Nichts herangesegelt waren, um an ihr zu picken wie an einem verlockenden Horsd’œuvre.
Egg Magnet war da schon vielversprechender. Owen hatte ihn am Surer Square aufgegabelt, in einer Tapas-Bar in der Nähe des Zentrums des Millennium Capitols. Er fand, dass Egg die stilsicherste Person vor Ort war, weil er auf dem Tisch tanzte und Feuer spuckte, statt Queso con Anchoas zu essen. Das machte ihn zwar Owen sympathisch, aber nicht den Kellnern. Also fing er Egg ab, als er rausgeworfen wurde.
Sie tanzten quer über das Kopfsteinpflaster der Essensmeile. Owen betrachtete den blütenweißen Hosenanzug und das hellsilberne Haar des Neuankömmlings.
„Was für ein Name ist denn ,Egg Magnet‘?“, fragte er.
„Der Name einer Band“, antwortete Egg. „Was ist mit dir? Haben deine Eltern zu viel Tolkien gelesen?“
Owen betrachtete sein Glendower-Outfit. „Ich wollte immer nach Neuseeland. Aber ich bin nie weiter gekommen, als mich so anzuziehen. Das ist eine Gewohnheit, mit der ich schwer brechen kann.“
Egg Magnet zog eine Grimasse. Buchstäblich. Er nahm beide Wangen in die Hand und zog sie wie Knetgummi in einen übertriebenen verschreckten Ausdruck.
„Tut mir leid“, grinste Owen. Er glättete Eggs verzerrte Züge mit seinen Händen. Sie übten sanften Druck auf seine Haut aus. Owen ließ die Hände an den Wangen des anderen Mannes und überlegte, welche Möglichkeiten er noch besaß. Er hatte bereits mit Sex in Second Reality experimentiert, doch das hatte immer nur darin bestanden, andere Charaktere auf dem Bildschirm zum Knutschen oder zum Vögeln zu motivieren. Er fragte sich, wie es jetzt wohl wäre, wenn er mit all seinen Sinnen vollkommen in das Spiel integriert war. Oder wie sich das spürbare Feedback der Datenhandschuhe auswirken würde. In einer der letzten Ausgaben des Lancet hatte eine Glosse über Cybersex gestanden. Dort waren Ausstattungen erwähnt, die der Autor als Technodildonik bezeichnete. Er bezweifelte, dass Toshiko es als nützlich für Torchwood betrachten würde, in dieser Richtung zu forschen. Obwohl er sich vorstellen konnte, wie viel Spaß es machen würde, ihr die Hardware zu beschreiben.
„Willst du irgendwo was trinken gehen?“, fragte er Egg. „Oder willst du dich irgendwo mit ’ner guten Tasse Tee zurückziehen?“
Egg zog sanft sein Gesicht aus Owens Händen und schmunzelte. Die Bewegung zerzauste das silberne Haar auf seinen Schultern. „Ich hatte mal ’nen Freund, der das immer gesagt hat. Ich habe dann immer gesagt: ,Nein, weißt du was, ich nehme eine durchschnittliche Tasse Tee, danke. Außer du besorgst mir ’ne schlechte Tasse Tee.‘ Ich hätte Lust auf ’ne schlechte Tasse Tee, du auch?“
Owen lachte ebenfalls. Das war etwas, das er früher auch mal gesagt hatte.
Egg tanzte über die
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