Torchwood 3: Langsamer Verfall (German Edition)
Owen. Schau es dir ganz genau an. Was siehst du?“
„Ein völliges Durcheinander.“ Er trat näher heran, kniff die Augen zusammen, während er sich konzentrierte. „Nein, warte. Okay, es ist immer noch ein Durcheinander.“
„Entspann dich. Versuche nicht auf den Bildschirm zu schauen, sondern darüber hinaus zu blicken.“
„Was, wie bei einem von diesen Bildern?“
„Versuch es.“
„Okay.“ Einen Moment lang herrschte Stille. Toshiko konnte sich vorstellen, dass Owen das Gesicht verzog wie ein kleines Kind. Vielleicht schaute sogar die Zunge zwischen seinen Lippen hervor. „Oh. Oh Scheiße. Ist es, was ich denke, dass es ist?“
„Was siehst du, Owen?“
Er seufzte tief. „Das kann nicht stimmen, aber ich glaube, dass ich ein
Gesicht
sehen kann. In diesem Stück Technologie. Ein verdammtes
Gesicht
!“
Als Gwen das Indian Summer betrat, wusste sie sofort, dass sich etwas verändert hatte.
Es war nicht die Tatsache, dass das Restaurant halb leer war und die Keller mit Geschirrhandtüchern in der Hand herumstanden und darauf warteten, dass die letzten Gäste gingen. Es war vielmehr die Tatsache, dass Rhys und Lucy anscheinend Händchen hielten und sich tief in die Augen blickten. Ein völliges Durcheinander von Gefühlen stieg in ihr hoch und sie blieb wie angewurzelt in der Tür stehen. Gleichzeitig wäre sie am liebsten zum Tisch hinüber gerannt, hätte beiden rechts und links eine geknallt, wäre mit einem gigantischen Wutanfall wieder aus dem Restaurant gestürmt und dann zusammengebrochen. Ein Teil von ihr fühlte sich, als wolle sie sich übergeben. Ein weiterer sagte ihr, dass das ein großes Missverständnis war. Ein Streich, den ihr die Perspektive gespielt hatte und es so aussehen ließ, als würden sich ihre Hände berühren, obwohl sie meilenweit voneinander entfernt waren.
Als Rhys sich umdrehte und sie in der Tür stehen sah, bereitete er dieser Theorie ein abruptes Ende. Seine Augen weiteten sich und sie sah – sie konnte regelrecht dabei zusehen – wie ihm die Farbe aus dem Gesicht wich. Er zog seine Hand unter Lucys hervor und das Mädchen wirkte einen Moment lang überrascht. Dann sah sie Gwen an der Tür stehen.
Und sie lächelte.
Gwen war selbst überrascht, als ein plötzlicher Anfall blinder Wut ihren Beinen den Impuls gab, quer durch das Restaurant auf den Tisch zuzugehen. Als sie ankam, wusste sie einen Moment lang nicht, was sie sagen sollte. Doch dann wusste sie, welchen Kurs sie einschlagen würde.
„Es macht mir nichts aus, wenn du dich bei meinem Essen bedienst“, sagte sie zu Lucy, „aber glaub ja nicht, dass du das Gleiche bei meinem Freund machen kannst.“
Rhys, das musste man ihm zugutehalten, lächelte, auch wenn es ein unsicheres, aufgesetztes Lächeln war. Lucy verzog das Gesicht zu einem übertriebenen Ausdruck von besorgtem Erschrecken. „Oh!“, sagte sie. „Ich kann verstehen, wie das aussieht, aber nein! Ich habe Rhys gerade von den Problemen erzählt, die ich mit meinem Freund habe.“ Sie ließ ihren Blick theatralisch auf den Tisch sinken. „Es ist furchtbar. Rhys hat mich getröstet. Du kannst froh sein, dass du ihn hast. Er ist sehr sensibel.“
Gwen war hin- und hergerissen. Einerseits glaubte sie ihr kein Wort. Andererseits wollte sie ihr gerne glauben. Wegen der Ereignisse in dem Nachtclub hatte sie einfach nicht die Energie für einen ausgewachsenen Streit. Außerdem, falls sie und Rhys irgendwann ehrlich über den Zustand ihrer Beziehung reden könnten, dann kämen eine Menge Themen auf den Tisch. Sie war nun moralisch gesehen im Vorteil und wollte Rhys nicht das Gefühl geben, dass er einen Grund zum Klagen hatte.
Sie entschied sich dafür, etwas zutiefst Menschliches zu tun, was ihr erst während ihrer Zeit bei Torchwood bewusst geworden war: Sie tat so, als ob sie nichts gesehen hätte.
„Entschuldigt“, sagte sie. „Es ist schon spät. Ich muss ins Bett. Lucy, können wir dich in ein Taxi setzen?“
„Ist schon okay“, sagte sie und verhinderte damit, dass Rhys, der bereits den Mund geöffnet hatte, ihr galant anbot, sie nach Hause zu bringen oder ihr eine Übernachtung im Gästezimmer anzubieten. „Ich habe um die Ecke geparkt. Ich komme schon nach Hause.“
Sie stand auf und schlüpfte in ihren Mantel. Dann blickte sie Rhys an und sagte: „Danke, dass du mir zugehört hast. Das habe ich gebraucht. Sehen wir uns morgen im Büro?“
„Äh … ja. Gute Nacht.“
Und damit ging sie zur Tür. Rhys, auch das musste
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